Alternativlos oder überflüssig – Wie entwickelt sich der Pestizideinsatz in nordrhein-westfälischen Wäldern?

Kleine Anfrage von Norwich Rüße

Portrait Norwich Rüße

Ökosysteme sind fragil. Natürliche Veränderungen, aber besonders auch Eingriffe durch den Menschen gefährden das natürliche Gleichgewicht. Bereits heute sind die Folgen des Klimawandels im Ökosystem Wald deutlich sichtbar. Begünstigt durch lange Trockenheitsphasen, Hitze und wenig resiliente Monokulturen hatte der Fichtenborkenkäfer leichtes Spiel und konnte sich innerhalb kürzester Zeit explosiv so vermehren, dass heute vielerorts das Landschaftsbild von abgestorbenen Bäumen oder bereits kahlgeschlagenen Flächen geprägt ist.

Weiterer Schaden droht, wenn der Borkenkäfer sich auf im Wald gelagerten Baumstämmen weiter vermehren kann. Um dem entgegenzuwirken, wird offenbar zunehmend auf den Einsatz von Pestiziden zurückgegriffen. Recherchen des ARD-Magazins „Panorama“ zeigen, dass der Einsatz von Pestiziden in den staatlichen Wäldern der Bundesländer massiv gestiegen ist (https://www.tagesschau.de/investigativ/panorama/pestizide-113.html). Kurzfristig und allein unter dem ökonomischen Gesichtspunkt der Werterhaltung des Holzes/des stehenden, noch nicht geschädigten Forstes mag dieses Vorgehen sinnvoll erscheinen, doch langfristig wird die Rechnung mit Blick auf das Leben im Wald nicht aufgehen. Nordrhein-Westfalen (NRW) hat bereits einen dramatisch fortschreitenden Verlust an Artenvielfalt zu beklagen, von dem in besonderem Maße Insekten betroffen sind. Pestizide töten nicht nur selektiv Borkenkäfer. Als Kontaktgifte sind auch andere Hautflügler wie Schmetterlinge, Libellen und andere Arten nach Kontakt mit den Giftstoffen oft todgeweiht (https://www.tagesschau.de/investigativ/panorama/pestizide-113.html). Ein Bestandsrückgang bei Insekten wirkt sich in der Folge auch auf die weiteren Glieder der Nahrungskette aus, etwa Vögel und Fledermäuse, und bedroht so viele weitere Arten. Der Einsatz giftiger Pestizide in Wäldern stellt somit eine massive Bedrohung des empfindlichen Ökosystems Wald dar.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. In welchen Umfang wurden Pestizide zur Bekämpfung des Borkenkäfers im nordrhein-westfälischen Staatswald in den letzten drei Jahren eingesetzt? (Bitte die absolute mit Pestiziden behandelte Menge an liegendem Holz, den relativen Anteil des mit Pestiziden behandelten liegenden Holzes an der Gesamtmenge des im Staatswald gelagerten Holzes in Prozent sowie die eingesetzte Menge der Pestizide in Liter benennen und dabei nach Präparat unter Angabe des Wirkstoffs, nach Landkreis, in dem ein Pestizid eingesetzt wurde, und nach Jahr aufschlüsseln)
  2. Wie hat sich der Borkenkäferbefall auf liegendem Holz im Staatswald, auf das Pestizide aufgebracht wurden, im Vergleich zum Borkenkäferbefall auf liegendem Holz im Staatswald, auf das keine Pestizide aufgebracht wurden, in den letzten drei Jahren entwickelt? (Bitte bei der Beantwortung der Frage nach gepoltertem und liegendem Holz im Bestand differenzieren, die quantitative Datengrundlage für die Beantwortung der Frage benennen und die Antwort nach Jahr aufschlüsseln)
  3. Plant die Landesregierung vor dem Hintergrund des insbesondere bei Insekten fortschreitenden Artensterbens, den Einsatz von Pestiziden im Staatswald weiter zuzulassen? (Antwort bitte begründen)