Änderungsantrag zum Infektions- und Befugnisgesetz

Änderungsantrag der Fraktionen von SPD und GRÜNEN zum Infektions- und Befugnisgesetz der Fraktionen von CDU und FDP

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022
Portrait Josefine Paul
Mehrdad Mostofizadeh

Der Entwurf wird wie folgt geändert:

  1. Der Abschnitt „A) Präambel“ wird wie folgt geändert:
  2. der vierte Absatz wird wie folgt gefasst:

„Der Prozess des Abwägens zwischen Infektionsschutz auf der einen Seite und Schutz der hierdurch eingeschränkten Grundrechte auf der anderen Seite ist die ver­fassungsrechtliche Vorgabe für das Vorgehen in der Pandemie. Dabei ist insbeson­dere die Verhältnismäßigkeit der ergriffenen Maßnahmen zu wahren. Die Regelungen müssen stets geeignet, erforderlich (d.h. geringst belastend) sowie verhältnismäßig im engeren Sinne sein. Insbesondere auf den Bildungsweg für Kinder und Jugendli­che wirkt sich die Pandemie belastend und benachteiligend aus. Daneben müssen auch die volkswirtschaftlichen Kosten berücksichtigt werden. Jeder Tag, an dem ein Unternehmen schließen muss, ist mit einem Verlust an Arbeitsplätzen und Wert­schöpfung verbunden. Es ist selbstverständlich, den Familien und Unternehmen dafür wirkungsvolle Unterstützung zukommen zu lassen. Die daraus resultierenden Ausga­ben, stellen unsere öffentlichen Haushalte zweifelsohne vor große Herausforderun­gen, die im Blick gehalten werden müssen.“

  1. der fünfte Absatz wird wie folgt gefasst:

„Die Pandemischen Leitlinien des Landtags Nordrhein-Westfalen tragen diesem Ge­danken Rechnung und formen verbindlich das exekutive Handeln der Landesregie­rung mit. Sie gelten analog zur sogenannten Notbremse des vierten Bevölkerungs-schutzgesetzes bis maximal 30. Juni 2021, bis dahin erarbeitet das Parlamentarische Begleitgremium des Landtags NRW an das Infektionsgeschehen angepasste Leitli­nien.“

  1. Der Abschnitt „B) Ausgangslage“ wird wie folgt geändert:
  2. Nach dem zweiten Absatz wird ein neuer Absatz eingefügt:

„Für die Erarbeitung der pandemischen Leitlinien wurde am 20. April 2021 das „Be­gleitgremium Covid-19-Pandemie“ des Landtags konstituiert. Zur weiteren Beratung zieht das Gremium externen Sachverstand im Rahmen von Expertengesprächen zu Rate. Die Ergebnisse sollen bei der Erarbeitung der zukünftigen pandemischen Leit­linien Berücksichtigung finden.“

  1. Der bisherige dritte Absatz wird zum vierten Absatz.
  2. Der Abschnitt „C) Pandemische Leitlinien“ wird wie folgt in Inhalt und Reihenfolge geändert:
  1. Es wird ein neuer Unterpunkt „Perspektiven schaffen und Ziele vorgeben“ eingefügt: „Perspektiven aufzeigen und Ziele vorgeben

Um die Intensivstationen möglichst schnell zu entlasten, muss das Infektions-gesche-hen gebremst werden. Dazu braucht es eine wirksame Strategie mit klaren Zielvor­gaben. Das Ziel muss sein, die Zeit bis zum Erreichen der sog. Herdenimmunität nicht auf diesem hohen Niveau an Neuinfektionen zu überbrücken. Ansonsten besteht das Risiko, dass das Gesundheitssystem völlig überlastet wird und es viele weitere schwer erkrankte Personen, Personen mit Langzeitfolgen sowie weitere Tote geben wird.

Aufgrund der bisherigen Pandemiebekämpfung ist auch diese Angabe bisher haupt­sächlich an einen Parameter gekoppelt. Ziel ist dabei, die Entlastung der Intensivsta­tionen zu erreichen. Dafür dienen als zeitlich vorgeschaltete Indikatoren die Inzidenz-werte. Um eine umfassendere Ausrichtung der Pandemiebekämpfung zu erreichen, soll ein Mix an Parametern erarbeitet werden, der die gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Belastungen abbildet, wie zum Beispiel regionale Infektionsherde, die Alters- und Sozialstruktur der Infektionsfälle, die Auslastung der Krankenhäuser, der Reproduktionswert, sowie das Verhältnis von durchgeführten zu positiven Tests. Diese Indikatoren sind gegeneinander zu gewichten und es hat eine umfassende und fortlaufende Risikoanalyse stattzufinden. So ist zu ermitteln, inwieweit sich der Impf­fortschritt auf die Belegung der Krankenhäuser und Intensivstationen auswirkt bezüg­lich u.a. der Dauer der Belegung, aber auch insgesamt auf die Schwere der Verläufe.

Der Impffortschritt wird nur eine positive Auswirkung auf das Infektionsgeschehen ha­ben, wenn etwa 30 Prozent der Bevölkerung eine Zweitimpfung erhalten hat. Das wird frühestens im Sommer der Fall sein. Deshalb ist nun eine weitere Kraftanstrengung unbedingt erforderlich, um die Inzidenzwerte deutlich und rasch zu senken. Wir müs­sen verhindern, dass sich die Inzidenz bei dem hohen Wert von etwa 160 dauerhaft einpendelt.“

  1. Im Unterpunkt „Die Bildungschancen für Kinder und Jugendliche müssen als Le­bens- und Zukunftschancen in besonderer Weise gesichert werden“ wird wie folgt geändert:

„Die Folgen der Pandemie haben insbesondere Kinder, Jugendliche und ihre Familien getroffen. Vor dem Hintergrund der eingeschränkten Betreuung von Kita-Kindern und  dem Wechsel in den Distanzunterricht für Schülerinnen und Schülern ist dafür Sorge zu tragen, dass neben dem Personal in den Bildungseinrichtungen auch die Jugend­lichen , sofern sie das entsprechenden Alter erreicht haben, und auch die Familien der Kinder in Schule und Kita zu impfen, um hier die Einrichtungen wieder zu einem sicheren Ort zu machen. Bei Kindern und Jugendlichen, die zuhause keine optimalen Bedingungen vorfinden, um erfolgreich am Distanzunterricht teilzunehmen, sind die Bildungs- und Entwicklungschancen gefährdet. In der Folge wird vor der Zunahme von körperlichen und seelischen Erkrankungen unserer Kinder und Jugendlichen durch die Schul- und Kitaschließungen gewarnt. Zudem wird ein Dunkelfeld von kör­perlicher und seelischer Gewalt an Kindern befürchtet, da das Personal in Zeiten des Distanzunterrichts und der bedarfsorientierten Notbetreuung in den Einrichtungen der frühkindlichen Bildung nur eingeschränkte Möglichkeiten haben, Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen zu entdecken. Hier ist ein besonderer Fokus aller Beteilig­ten auf die Aufdeckung solcher Fälle zu legen, um körperliche und seelische Schäden bei Kindern und Jugendlichen schnellstmöglich zu entdecken.

Bildungs- und Entwicklungschancen müssen auch in der Pandemie allerhöchste Pri­orität haben. Kinder und Jugendliche leisten in der Pandemie und beim Erarbeiten der schulischen Lerninhalte großes. Bei aller Sorge um die Lernchancen darf deshalb das Recht auf Freizeit nicht außer Acht gelassen werden, sie sind nicht auf ihre Rolle als Schülerinnen und Schüler zu reduzieren. Das bedeutet, die Vernetzung zwischen Schule und Jugendhilfe zu gewährleisten und weiter Unterstützungsressourcen zu gewinnen, um Kinder und Jugendliche in den unterschiedlichen Lernsituationen ver­lässlich begleiten zu können, damit kein Kind aus dem Blick gerät. Zudem müssen die Auswirkungen einer Aussetzung des Präsenzunterrichts auf die Schülerinnen und Schüler intensiv in die Abwägungen einbezogen werden. Denn klar ist, selbst der beste Distanzunterricht kann den Sozialraum Schule nicht ersetzen. Die Aussetzung des Präsenzunterrichts, schulische (Teil-)Distanzkonzepte können nur eines der letz­ten Mittel sein, um mögliche Infektionsgeschehen einzudämmen. Zuvor müssen schulbezogene und weitere Schutzmaßnahmen ausgeschöpft werden, um das Infek­tionsgeschehen zu begrenzen. Entsprechendes gilt für die Aussetzung der Kitabe-treuung. Trotz des Fortschreitens der Impfungen muss unverzüglich eine ganzheitli­che, transparente, verlässliche und dauerhafte Teststrategie auf den Weg gebracht werden. Die Testungen in den Bildungseinrichtungen müssen durch geschultes Per­sonal durchgeführt werden. Die Einbindung des Freiwilligenregisters und die weiterer Organisationen ist zu prüfen.

Aus dem Vorbeschriebenen folgt, dass alle Anstrengungen unternommen werden müssen, um Bildungseinrichtungen zu möglichst sicheren Orten für Kinder, Jugend­liche und Personal zu machen, damit sie nur als letzter Bereich geschlossen werden müssen. Im Umkehrschluss gilt aus Sicht des Landtags daher auch, dass sie stets am Beginn von Öffnungsszenarien stehen sollen.

Kinder und Jugendliche benötigen Perspektiven. Deshalb muss mit Kindern und Ju­gendlichen erarbeitet werden, wie es ihnen ermöglicht wird, trotz der Pandemie am sozialen Leben beteiligt zu sein.

Zukünftige Leitlinien müssen einem Kinder- und Jugendcheck standhalten. Bisher sind die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen in der Pandemie zu wenig beachtet worden. Dies muss sich zukünftig ändern.“ Im Unterpunkt „Neues Wissen muss geschaffen, Erfahrung und Erkenntnisse müssen genutzt werden“ wird wie folgt geändert:

„Am 26. Februar 2020 wurde die erste Corona-Infektion in Nordrhein-Westfalen be­stätigt. Seit diesem Zeitpunkt hat sich unser aller Alltag fundamental verändert. Die Bürgerinnen und Bürger mussten lernen, mit dem Virus zu leben. Expertinnen und Experten aus den verschiedensten wissenschaftlichen Fachrichtungen haben seit­dem zahlreiche Forschungen und Untersuchungen durchgeführt. Für die weitere Pan­demie-Bekämpfung gilt es, diese Erkenntnisse weiter zu nutzen und zu bündeln. Es gilt, aus den vielfältigen positiven aber auch negativen Erfahrungen zu lernen und noch mehr praktische Rückschlüsse auf den Lebensalltag zu ziehen. Zudem ist es erforderlich, das Wissen über das Virus und seine Verbreitung weiter zu vertiefen. Hierzu setzen wir vor allem auf die vielfältige Wissenschaftslandschaft in unserem Bundesland. Es ist nicht auszuschließen, dass wir noch einige Zeit oder sogar dau­erhaft mit dem Virus leben müssen. Vor diesem Hintergrund ist es richtig, in modell­haften Ansätzen in einzelnen, unterschiedlich großen Kommunen und Kreisen, neue Wege zu erproben, wie Öffnungen auf verantwortungsvolle Weise erfolgen können. Modellprojekte mit zusätzlichen Öffnungen können aber erst bei einer niedrigen Inzi-denz erfolgen, weil sonst die Gefahr zu groß ist, dass sie sich negativ auf das Infekti­onsgeschehen auswirken. Bei den anzuwendenden Schutzmaßnahmen müssen auch weitere Aspekte als die Inzidenzwerte Berücksichtigung finden. Durch die fort­schreitende Impfkampagne, wirksame Hygieneschutzkonzepte und dem Ausbau der Testkapazitäten ist ein einseitiger Fokus auf die Inzidenzwerte als Entscheidungs­grundlage nicht sachgerecht. Vielmehr wird ein differenzierteres Kriterienbündel nötig sein: Maßgeblich zu berücksichtigen sind hierbei regionale Infektionsherde, die Al­ters- und Sozialstruktur der Infektionsfälle, die Auslastung der Krankenhäuser, der Reproduktionswert, sowie das Verhältnis von durchgeführten zu positiven Tests. Die Erarbeitung eines solchen differenzierten Kriterienbündels sollte durch wissenschaft­liche Expertise bzw. Expertinnen und Experten unterstützt und erarbeitet werden. Au­ßerdem wäre es aus Sicht des Landtags dringend angezeigt, die Verbreitungswege und Infektionsketten des Coronavirus noch besser auszuleuchten, sowie die wissen­schaftliche Erkenntnisse bei der Krankheitsbehandlung. Eine breit aufgesetzte Feld­studie, die verstärkt Lebensumstände von Infizierten (bzw. Genesenen) in den Blick nimmt, wäre angemessen.“

  1. Der Unterpunkt „Die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger bei der Pan-demiebekämpfung muss gestärkt, gefördert und eingebunden werden“ wird durch folgenden Punkt ersetzt:

„Im Freien mehr ermöglichen und gleichzeitig die Bevölkerung auf die Gefahr vor An­steckungen bei ungeschützte Kontakten in Innenräumen hinweisen. Bei der strategi­schen Ausrichtung der Pandemiebekämpfung sind die Erkenntnisse der Wissen­schaft zu berücksichtigen und in effektive Maßnahmen umsetzen. Dies gilt unter an­derem für die neuesten Erkenntnisse der Aerosolforschung, die die Ansteckungsge­fahr im Freien wesentlich geringer einstuft, als in Innenräumen.1 Daher wird die Lan­desregierung aufgefordert, die bisherigen Maßnahmen anhand neuester Erkennt­nisse der Aerosolforschung zu überarbeiten und hinsichtlich der Aufenthalte in Innen­räumen oder im Freien weiter zu differenzieren. Das gilt auch für Bildungsangebote und die außerschulische Kinder- und Jugendarbeit. Des Weiteren müssen die Bürge­rinnen und Bürger durch eine groß angelegte Informationskampagne über die Gefah­ren von ungeschützten oder häufig wechselnden Kontakten in Innenräumen aufgeklärt werden. Ungeschützt meint dabei Kontakte ohne Maske und ohne Ab­stand, sowie für einen zu langen Zeitraum ohne dass ausreichend gelüftet würde.“

  1. Der Unterpunkt „Das Impfen ist der entscheidende Schritt heraus aus der Pande­mie“ wird wie folgt geändert:

„Das Impfen von weiten Teilen der Bevölkerung ist der entscheidende Schritt heraus aus der Pandemie. Da Impfstoffe derzeit noch immer nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung stehen, erscheint für eine sehr begrenzte Zeit das Festhalten an der in der Impfverordnung des Bundes festgelegten Reihenfolge vertretbar. Um es an­spruchsberechtigten Personen, die bislang noch kein Impfangebot wahrgenommen haben, zu erleichtern, einen entsprechenden Termin zu machen, ist verstärkt auf auf­suchende Arbeit in den Quartieren zu setzen. Zudem sind mehrsprachige Informatio­nen sowie auch mehrsprachige Hotlines und Website wichtig, um niedrigschwellig möglichst viele Menschen zu erreichen. Wenn eine größere Menge an Impfstoff vor­handen ist, kann die Impfpriorisierung aufgehoben werden. Dieser Zeitpunkt dürfte in Kürze bevorstehen. Daher ist es wichtig, jetzt die Voraussetzungen zu schaffen, dass der Impfstoff zügig verimpft werden kann, wenn wir deutlich höhere Lieferungen an Impfstoff erhalten. Wie Erhebungen mehrerer Kommunen zeigen, hängt das Infekti­onsgeschehen auch mit der wirtschaftlichen und baulichen Situation in einem Stadt­viertel zusammen. Deshalb muss überlegt werden, wie auf diese Erkenntnisse lokal angemessen reagiert werden kann, wie zum Beispiel mit mobilen Impfteams Impfun­gen in ganzen Quartieren vorgenommen werden können. Solche Planungen müssen jetzt vorgenommen werden, damit die Impfkampagne deutlich an Fahrt aufnimmt, wenn der Impfstoff in ausreichender Menge zur Verfügung steht.

Des Weiteren wird die Beteiligung der Hausärzte an der Impfkampagne und die zu erwartende Einbeziehung von Betriebsärzten weiter zu einer deutlichen Beschleuni­gung beitragen. Es muss insgesamt sichergestellt sein, dass das Impfen als solches und nicht die Verfahren und die damit verbundene Bürokratie im Mittelpunkt stehen. Mit sogenannten Impfstoffresten muss pragmatisch umgegangen werden. Entschei­dend ist, dass Impfstoff nicht vernichtet werden darf. Da sich die Zahl der (vollständig) Geimpften stetig erhöhen wird, ist es eine Selbstverständlichkeit, dass dieser Perso­nenkreis die pandemiebedingt

eingeschränkten Grundrechte wieder wahrnehmen kann. Zudem müssen vollständig geimpfte Personen mit getesteten und genesenen Personen gleichgestellt werden. Gleichzeitig dürfen wir die Familien nicht aus dem Blick verlieren, denn es wird noch eine lange Zeit dauern bis auch für Kinder ein Impfangebot vorhanden ist. Jugendli­che können vielleicht schon ab dem Spätsommer auf eine Impfung hoffen.“

  1. Es wird ein neuer Unterpunkt „Wirksame Medikamente entwickeln“ eingefügt: „Wirksame Medikamente entwickeln

Neben den Fortschritten beim Impfen sind die Forschungen im medizinischen Bereich zu verstärken. Das soll durch ein besseres Zusammenwirken der Bundesländer, aber auch der Staaten und Regionen in Europa und international geschehen. Dabei geht es zum einen um die Erforschung des Coronavirus, seiner Infektiosität, Entwicklung, Verbreitung und Wirkungsweise sowie der Entwicklung und Verteilung wirksamer Impfstoffe. Die notwendigen Forschungen und Zulassungsverfahren von Impfstoffen für Kinder und weitere Zulassungen für Impfstoffe ab 16 Jahren müssen forciert wer­den. Zum anderen geht es ebenso dringend um die Erforschung wirksamer Medika­mente. Obwohl es auch in der Forschung in NRW schon Ansätze für neue  Medikamente gibt oder die Wirkung bestehender Medikamente untersucht wird, steht ein Durchbruch noch aus. Daher müssen die Anstrengungen zur Unterstützung der Forschung bei der Untersuchung und Entwicklung wirksamer Therapien und Medika­mente deutlich erhöht werden.“

  1. Es wird ein neuer Unterpunkt „Testpflicht einführen und konsequenter kontrollieren“ eingefügt:

„Testpflicht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorgeben und Umsetzung prü­fen

Während Schülerinnen und Schüler zur Durchführung von Tests verpflichtet worden sind, bleibt es in der Arbeitswelt momentan nur bei einer Angebotspflicht von Tests durch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Dies ist in der Corona-Arbeitsschutzver-ordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales geregelt. Dies ist in der ak­tuellen Lage nicht weitgehend genug. Es muss darum gehen, durch Tests Infektions­ketten frühestmöglich zu unterbrechen. Deshalb bedarf es, wie in der Schule für die Schülerinnen und Schüler, ebenso eine Testpflicht für die Arbeitnehmerinnen und Ar­beitnehmer, die nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten. Neben der Testpflicht muss weiterhin gewährleistet werden, dass am Arbeitsplatz die allgemeinen Infektionsschutzregeln eingehalten werden. Dass dies der Fall ist und dass Tests auch re­gelmäßig durchgeführt werden, muss verstärkt kontrolliert werden. Weiter braucht es Maßnahmen, um insbesondere Kontakte in Büros zu vermeiden. Zu begrüßen ist die verschärfte Regelung zum Thema Homeoffice im neuen IfSG. Sie geht in die richtige Richtung. Allerdings fehlt es bisher an einer Bußgeldvorschrift, sodass Verstöße keine Folgen haben. Hier muss dringend nachgebessert werden, um für einheitliche und konsequente Verfahren und damit eine höhere Sicherheit am Arbeitsplatz zu sor­gen. Wenn wir Erwachsene uns im Bereich des Arbeitsleben einschränken, eröffnet es Möglichkeiten, für Kinder und Jugendliche mehr zu ermöglichen.“

  1. Der Unterpunkt „Innovationen müssen stärker gefördert, genutzt und technische Lö­sungen vermehrt eingebunden werden“ wird wie folgt geändert:

„Damit das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben wieder in normale Bahnen zu­rückkehren kann, müssen verfügbare technische und digitale Instrumente für die Pan­demie-Bekämpfung bestmöglich genutzt werden. Gerade innovative Lösungen (z.B. Check-in/Check-out-Systeme per Smartphone und Apps etc.) werden dazu beitragen, die lückenlose und schnelle Kontaktnachverfolgung zu verbessern und eine Übermitt­lung von Risikokontaktlisten an die Gesundheitsbehörden zu erleichtern. Damit kann ein Beitrag zur verbesserten Viruseindämmung geleistet werden, damit Krankenhäu­ser und die Gesundheitsämter nicht an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Je mehr Men­schen in unserem Land diese nutzen, umso besser kann die Corona-Pandemie be­kämpft und ebenso in der Folge Einschränkungen von Grundrechten zurückgenom­men werden. Je schneller Personen mit Kontakt zu einer positiv getesteten Person darüber informiert werden, desto rascher können diese sich in Quarantäne begeben und dadurch eine – mitunter oft unbewusste – Ansteckung weiterer Personen verhin­dern. Darüber hinaus können diese Instrumente dazu beitragen, dass Unternehmen mit Kundenkontakt (z.B. im Einzelhandel, in der Gastronomie, der Veranstaltungswirt­schaft und der Kultur, dem Fitnessbereich, den körpernahen Dienstleistungen) sowie Einrichtungen des öffentlichen Lebens und Behörden mit Publikumsverkehr eine nachhaltige Öffnungsperspektive im Falle von niedrigen Inzidenzwerten gegeben werden kann. Die Landesregierung hat in ihrer Coronaschutzverordnung mit der sog. Innovationsklausel einen wichtigen Hebel geschaffen, um technologische Lösungen, zu denen beispielsweise auch Luftfilter gehören können, bei der Pandemie-Bekämp­fung einzubinden. Technologische Lösungen und innovative im Umgang mit der Pan­demie sind wichtig. Denn sie sichern nicht nur das wirtschaftliche Überleben einzelner Branchen, sie zeigen vor allem auch Perspektiven für das Leben mit dem Virus auf.“

  1. Der Unterpunkt „Es ist darauf zu achten, dass Gesundheitsschutz mehr bedeutet als die Verhinderung von Covid-19-Erkrankungen“ wird wie folgt geändert:

„Auch weiterhin muss der Schwerpunkt der Pandemiebekämpfung dem Schutz be­sonders vulnerabler Personengruppen und Einrichtungen gelten. Neben den etablier­ten Hygienegeboten wie den AHA+L-Regeln und Kontaktbeschränkungen werden die zunehmende Menge an Impfstoff sowie die Verfügbarkeit von Schnell- und Selbst­tests einen erheblichen positiven Effekt auf die weitere Bekämpfung der Pandemie und die Infektionsdynamik haben. Die Schutzimpfungen müssen daher weiterhin nachdrücklich vorangetrieben werden, damit trotz vergleichbarem Infektionsgesche­hen die Zahl der schweren und tödlichen Verläufe weiter zurückgeht und damit auch die Belastung des Gesundheitssystems deutlich geringer sein wird. Allerdings ist bis dahin noch ein weiter Weg. Denn die Impfungen werden erst einen erkennbaren Ein­fluss auf das Infektionsgeschehen haben, wenn etwa 30 Prozent der Bevölkerung eine Zweitimpfung erhalten hat. Ebenso wird die Verfügbarkeit von Schnelltests zu­sätzliche Sicherheit bei Kontakten gewährleisten, auch wenn wir uns aus der Pande­mie nicht heraustesten könnten und daher die AHA-L auch bei einem negativen Test unbedingt weiter eingehalten werden müssen. Damit Testangebote wahrgenommen werden, ist es wichtig, diese in den Alltag zu integrieren, wie etwa am Arbeitsort, falls kein Homeoffice möglich ist.

Die psychischen Belastungen und die Einsamkeit, unter denen in der Folge der Corona-Krise viele Menschen verstärkt leiden, müssen bei den zu treffenden Ent­scheidungen im Rahmen des pandemischen Geschehens Beachtung finden. Die Zu­nahme von Anrufen bei Telefonseelsorge und Sorgentelefonen und die gestiegenen Anfragen nach Psychotherapie zeigen: Die pandemiebedingte Isolation und die Kon­taktbeschränkungen haben Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen, die sich nicht in den Inzidenzwerten oder im Reproduktionswert widerspiegeln. In pandemi-schen Zeiten muss zudem bedauerlicherweise auch eine Zunahme von häuslicher Gewalt festgestellt werden. Opfer sind vielfach Frauen und Kinder, die pandemiebe-dingt von den bekannten und sich bewährten Hilfestrukturen abgeschnitten sind. Un­ter Wahrung des Infektionsschutz muss die Erreichbarkeit von Schutz- und Hilfsan­geboten gewährleistet sein. Angebote des Gewaltschutzes, aber auch der Unterstüt­zung in Krisenlagen sollen möglichst an vielen öffentlich zugänglichen Orten sowie über unterschiedlichste Medienkanäle bekannt gemacht werden. Der Zugang zu Akutschutzeinrichtungen und die Sicherstellung von Beratungsangeboten ist zu ge­währleisten.“

  1. Der Unterpunkt „Der hohe Stellenwert von Kultur und Sport für unser Gemeinwesen darf nicht vergessen werden“ wird geändert:

Die Erfahrungen der Pandemie haben deutlich vor Augen geführt, welche Einbußen mit der Schließung von Kultureinrichtungen verbunden sind. Ihnen kommt als Stätte des kulturellen Lebens eine eigenständige Bedeutung zu. Innovative Konzepte kön­nen dazu beitragen, gerade in diesem Bereich zu Öffnungen zu gelangen, wenn wir bei deutlich niedrigeren Inzidenzwerten angelangt sind als momentan der Fall ist. Gleichfalls eröffnet die sportliche Betätigung, insbesondere im Freien, Möglichkeiten der Freizeitgestaltung und der Gesunderhaltung insbesondere in der Pandemie. Folglich muss es eine stärkere Unterscheidung der Maßnahmen drinnen und drau­ßen geben, das gilt insbesondere auch für Freizeitaktivitäten draußen.

  1. Es wird ein neuer Unterpunkt „Bessere Kommunikation mit den Kommunen“ eingefügt:

„Krisenstab der Landesregierung aktivieren – Maßnahmen einheitlich kommunizieren und wirksam umsetzen

Es bedarf einer klaren Kommunikation gegenüber allen Institutionen und der Bevöl­kerung, um das Gesundheitssystem, das erneut an der Grenze seiner Belastbarkeit steht, wirksam zu entlasten und die Menschen für notwendige Maßnahmen zu gewin­nen. Die Landesregierung muss den Krisenstab auf Landesebene aktivieren, um für eine koordinierte Bewältigung der Corona-Pandemie im Land zu sorgen. Vor allem die Kommunen stellt diese Krise vor immense Herausforderungen, die sie bisher mit größten Engagement angegangen sind. Ein gutes Beispiel sind die im Land entstan­denen Testzentren. Das ist ein Erfolg der Kommunen. Die Landesregierung kann die Kommunen bei der Bewältigung der Herausforderungen durch die Aktivierung des Krisen-staben unterstützen. Der Krisenstab würde eine effektivere Kommunikation mit den Bezirksregierungen, den Kreisen und kreisfreien Städten über das bewährte und eingeübte System der Krisenstäbe ermöglichen. Das Zusammenspiel zwischen Land und Kommunen würde damit verbessert werden.

Kommunikation ist ein wichtiger Bestandteil des Krisenmanagements, der einen gro­ßen Einfluss auf den Erfolg der staatlichen Maßnahmen hat. Die Bürgerinnen und Bürger hoffen zu Recht auf Klarheit, Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit der Maßnahmen. Die Landesregierung kann diesen Erwartungen durch Aktivierung des Krisenstabs im Innenministerium gerecht werden.

Zur besseren Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern müssen weitere An­strengungen unternommen werden, um sicherzugehen, dass jede und jeder die Maß­nahmen befolgen kann.“

  1. Der Unterpunkt „Die Pandemiebekämpfung muss möglichst lokal und treffsicher er­folgen“ wird wie folgt gefasst:

„Das Infektionsgeschehen in Nordrhein-Westfalen hat sich seit dem Frühjahr 2020 sehr dynamisch entwickelt. Teile unseres Bundeslandes entwickelten sich rasch zu Infektions-Hotspots, während andere Kreise erst nach einiger Zeit hohe Fallzahlen meldeten. Zu Beginn der Pandemie war es richtig, die Schutzmaßnahmen auf das gesamte Land zu erstrecken. Die Unsicherheiten, das Unwissen und die Dynamik erforderten ein entschlossenes und einheitliches Handeln. Inzwischen lassen sich re­gionale Corona-Ausbrüche wesentlich besser lokalisieren und eingrenzen. Durch die langsam fortschreitende Digitalisierung der Gesundheitsämter und ein größeres An­gebot von Testmöglichkeiten können lokale Entwicklungen besser begrenzt und eine Ausbreitung über weite Teile des Landes verhindert werden. Die Erkenntnisse und Erfahrungen ermöglichen es, dass in Kreisen mit einem vergleichsweise niedrigen und beherrschbaren Infektionsgeschehen, Beschränkungen zurückgenommen wer­den. Gleichzeitig muss auch gelten, dass bei einem dynamischen Geschehen in ei­nem Kreis oder über Kreisgrenzen hinweg, eine „Notbremse“ gezogen und vorrübergehende Beschränkungen angeordnet werden müssen. Hiermit werden treffsichere lokale Maßnahmen ergriffen.

  1. Es wird ein neuer Unterpunkt „Leistungsfähigkeit des öffentlichen Gesundheitswe­sens nachhaltig verbessern“ eingefügt:

„Leistungsfähigkeit des öffentlichen Gesundheitswesens nachhaltig verbessern

Die Corona-Pandemie zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie wichtig ein starker und handlungsfähiger Staat gerade im Gesundheitsbereich ist. Die staatlichen Stellen müssen Vorschläge für die wichtigen Gesetze, Verordnungen und Richtlinien im Ge­sundheitsbereich zum Schutze der Bevölkerung einerseits wissenschaftsbasiert ent­wickeln und anpassen sowie andererseits auch die vom Gesetzgeber oder der Exe­kutive erlassenen Maßnahmen wirksam überprüfen. Zu Beginn der Pandemie fehlte es an Schutzkleidung, wie Masken, Kittel, Handschuhen, Desinfektionsmitteln und anderem mehr, was auf mangelnde Bevorratung und auf eine einseitige Fixierung auf Billigeinkäufe aus wenigen Regionen zurückzuführen ist. Hier muss die dauerhafte Einsatzfähigkeit durch wirksame Kontrollen und durch eine Bevorratung von Schutz­kleidung und -mitteln sichergestellt werden.

Außerdem muss im Handlungsfalle genügend und ausreichend geschultes Personal zur Bewältigung von Pandemiestrategien vorhanden sein bzw. rekrutiert werden kön­nen. Hierzu müssen die Gesundheitsämter einerseits besser personell ausgestattet sein, aber vor allem mit leistungsfähiger und aufeinander abgestimmter digitaler Inf­rastruktur versorgt werden. Labore, Forschungseinrichtungen, öffentliche Institutio­nen müssen über einheitliche bzw. miteinander verknüpfbare Kommunikationssys­teme verfügen. Trotz der angespannten Lage muss es hier unter Federführung des Landes und mit dessen intensiver Unterstützung zu einer schrittweisen, aber nach­haltigen Verbesserung dieser Situation kommen. Hier sollte unter Federführung des Landeszentrums für Gesundheit eine Einheit zur Umsetzung einer Digitalisierungs-strategie gebildet werden und ggf. mit externer Unterstützung tätig werden. In der aktuellen Lage zur Bewältigung der Corona-Pandemie müssen die Gesundheitsämter schnell in die Lage versetzt werden, eine einheitliche Software zur Corona-Kontaktnachverfolgung zu nutzen. Ferner sollte das Land die Kapazitäten der Freiwilligenregister für die Tätigkeiten der Gesundheitsämter (u.a. für die Nachverfolgung) oder sozialer und gesellschaftlicher Aufgaben nutzbar zu machen.“