Der Untersuchungsausschuss ‚Hochwasserkatastrophe‘ beschäftigt sich mit den Ereignissen im Juli 2021, die nicht nur in Nordrhein-Westfalen Schäden katastrophalen Ausmaßes und zahlreiche Opfer verursacht haben. Zum Zwischenbericht des PUA V haben SPD und Grüne ein gemeinsames Sondervotum vorgelegt, das die bisherigen Erkenntnisse darstellt.
Der Zwischenbericht zum PUA V reiht lediglich die Wortprotokolle der Vernehmungen bis zum 04.02.2022 aneinander und hat keinen Informationswert. Das ist aus Sicht von SPD und Grünen nicht angemessen, deshalb haben wir ein gemeinsames Sondervotum verfasst.
Die zum jetzigen Stand bereits gewonnen Erkenntnisse konnte der Ausschuss trotz einer immensen Verzögerungs- und Behinderungstaktik der Landesregierung (unter Rückendeckung der regierungstragenden Fraktionen) gewinnen. Hätte es keine Verzögerungen der Aktenlieferungen, falsche Vollständigkeitserklärungen oder nicht-erklärte Schwärzungen in den Akten gegeben, wäre die Aufklärung des Untersuchungsgegenstands möglicherweise bereits weiter fortgeschritten.
Über das Handeln der Landesregierung konnten jedoch bereits wichtige Erkenntnisse gewonnen werden. Im MULNV war Ministerin Heinen-Esser während der Katastrophe auf Mallorca im Urlaub und nur kurz in NRW. Inzwischen hat sich zudem herausgestellt, dass sie den Austausch über den Zeitraum ihres Mallorca-Aufenthaltes getäuscht hat. Die Konsequenz daraus kann nur sein, dass Frau Heinen-Esser in einer neuen Landesregierung keine Verantwortung mehr als Ministerin übernehmen darf. In ihrem Ministerium hat niemand Verantwortung übernommen, es gab unklare Zuständigkeiten und chaotische Abläufe. Als am 14.07. die weiteren Prognosen eindeutig und die Ereignisse in Hagen bereits bekannt waren, hat das MULNV kein eigenes Hochwasserkrisenmanagement gestaltet, sondern sich stattdessen mit der Organisation eines Vorort-Termins des Ministerpräsidenten a. D. Armin Laschet beschäftigt. Auch in der Staatskanzlei stand das öffentliche Auftreten des damaligen Ministerpräsidenten im Fokus. Auch als man nach anfänglicher grober Unterschätzung der Ereignisse die Katastrophe ansatzweise erkannt hat, sind daraus keine Aktivitäten zur Warnung der Bevölkerung oder des Krisenmanagements abgeleitet worden. Im Innenministerium wurde Minister Reul, der sich ebenfalls im Urlaub befand, viel zu spät über die Lage informiert. Sein für den Katastrophenschutz zuständiges Haus verkannte die Gefahr des Tiefs „Bernd“ völlig und wurde erst aktiv, als bereits Todesopfer zu beklagen waren. Die Entscheidung, keinen Krisenstab, sondern lediglich eine nicht entscheidungsfähige Koordinierungsgruppe (KGS) einzusetzen, war fatal. Die Situation der Betroffenen konnte durch die KGS nicht entscheidend verbessert werden.
In fachlicher Hinsicht herrscht seitens der Meteorologie Einigkeit, dass das Regenereignis im Sommer gut vorhergesagt werden konnte. Problematisch scheint jedoch die Schnittstelle zur Prognose von hydrologischen Auswirkungen zu sein. Im Allgemeinen ist dies auf eine zu starre Trennung der Disziplinen zurückzuführen. Eine stärkere Verzahnung ist dringend angeraten. In Nordrhein-Westfalen kommen weitere konkrete Gründe hinzu, wie etwa ein Personalmangel im zuständigen Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV). Bisherige Warn- und Präventionsstrategien haben sich fast ausschließlich auf Starkregenereignisse und sich langsam aufbauende Hochwasser konzentriert. Die Prognosemodelle arbeiten bisher nicht mit einem Klimazuschlag. Auch sind weder die Kombination von Hochwasser und Starkregenereignissen, noch plötzliche Sturzfluten in den aktuellen Vorhersage- und Warnmodellen abbildbar.