Die neue Landesregierung redet von Entfesselung, doch eigentlich steckt dahinter lediglich eine genauso altbackene wie falsche Doktrin: Wenn man den Markt lasse, dann regele sich alles schon von allein. Wir wenden uns mit einem umfangreichen Änderungsantrag gegen das sogenannte „Entfesselungspaket I“.
Denn die schwarz-gelbe Landesregierung will unter anderem, dass die Ergebnisse von Kontrollen bei Lebensmittelbetrieben nicht mehr veröffentlicht werden. Dabei wünscht sich eine große Mehrheit der Menschen genau das, wie aktuelle Umfragen zeigen. Wir fordern Transparenz über die Ergebnisse der von Steuergeldern bezahlten Kontrollen. Ende 2020 sollte evaluiert werden, wie das Kontrollergebnis-Transparenz-Gesetz in der Praxis wirkt.
Nach dem Willen von CDU und FDP soll bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nun wieder möglich werden, dass etwa Produkte aus Kinderarbeit mit Steuergeldern aus NRW mitfinanziert werden. Bislang müssen bei Aufträgen von öffentlichen Einrichtungen Regeln wie faire Löhne, Nachhaltigkeit in der Produktion, Ausschluss von ausbeuterischer Arbeit in Schwellenländern oder Frauenförderung eingehalten werden.
Ein weiterer Rückschritt: Die Widerspruchsverfahren im Bereich des Verbraucherschutzes, der Lebensmittelüberwachung, des Veterinärwesens und des Tierschutzes beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz sollen abgeschafft werden. Anders als von der Landesregierung behauptet, wird das die Gerichte nicht entlasten, im Gegenteil. Die Zahl der Verfahren wird sogar zunehmen. Aktuelle Statistiken zeigen viel mehr, dass immer mehr Menschen von diesem noch bestehenden Recht Gebrauch machen. Wir fordern daher, dass diese Beteiligungsmöglichkeit erhalten bleibt.
Mit der Änderung des Ladenöffnungsgesetzes möchten FDP und CDU es den Kommunen gestatten, bis zu acht Sonntage im Jahr verkaufsoffen zu halten. Dagegen wehren sich nicht nur Kirchen und Gewerkschaften, auch Sachverständige haben Zweifel an der Sinnhaftigkeit und der Rechtssicherheit der geplanten Regelung. Unter anderem weil die Kommunen jeweils nachweisen müssen, dass die Sonntagsöffnung den festgelegten Sachgründen dient, entsteht erheblicher bürokratischer Aufwand. Noch im Dezember 2017 urteilte zudem das Oberverwaltungsgericht Münster, dass es die verfassungsrechtliche Aufgabe des Landesgesetzgebers sei, den Sonntagsschutz zu erhalten. Wir fordern, das Ladenöffnungsgesetz nicht aufzuweichen. Denn die bisherige Regelung in NRW war ein guter Kompromiss zwischen den Wünschen der Kund*innen, den Anforderungen des Einzelhandels und den Rechten der Mitarbeiter*innen.
Damit alle Menschen auch bei Pflegebedarf und im Alter so wohnen können, wie sie es sich wünschen, muss die Zahl der aktuell 6.000 ambulanten Pflegeplätze deutlich erhöht werden. Denn ihnen stehen aktuell 170.000 Heimplätze gegenüber. Die rot-grüne Vorgängerregierung hatte den Paradigmenwechsel und den in der Pflegeversicherung verankerten Grundsatz „ambulant vor stationär“ deswegen für die Pflege-Planung festgeschrieben. CDU und FDP wollen das mit ihrem Entfesselungsgesetz zurücknehmen. Sie wollen, dass in Zukunft wieder die einflussreichen Träger und Investor*innen über die Gestaltung der pflegerischen Infrastruktur entscheiden. Dies wird mutmaßlich stärker nach wirtschaftlichen Kriterien geschehen als nach den Bedürfnissen vieler Menschen, die sich mehr ambulante Wohn- und Pflegeangebote wünschen. Wir stellen uns auch gegen diese „Entfesselung“.
Entschließungsantrag: "Kein sozial-ökologischer Rollback in NRW"