1972 beschloss die Ministerpräsidentenkonferenz den sogenannten Radikalenerlass, der in NRW bis 1980 galt.
Die darin getroffenen Regelungen sollten „Personen, die nicht die Gewähr bieten, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten“ aus dem öffentlichen Dienst entfernen bzw. von diesem fernhalten.
In Nordrhein-Westfalen waren von diesem faktischen Berufsverbot etwa 5.000 Personen betroffen, nahezu alle im Schuldienst.
Obwohl sich der Radikalenerlass formell gegen Links- und Rechtsextreme richten sollte, traf er in der Praxis vor allem Aktive aus dem linken politischen Spektrum ebenso wie Angehörige von Friedens- und Abrüstungsinitiativen. Die allermeisten Betroffenen hatten sich nichts zu Schulden kommen lassen, sondern waren legalen politischen Aktivitäten nachgegangen sie und wurden unter einen Generalverdacht gestellt.
In der Folge des Radikalenerlasses wurden systemkritische Organisationen und Personen an den Rand der Legalität gedrängt. Die Ausübung von Grundrechten wie der Meinungs-, Organisations- und Versammlungsfreiheit wurde behindert, bedroht und bestraft. 1995 stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fest, dass die Berufsverbotspraxis gegen Artikel 10 und Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit) verstößt.
Wir wollen, dass die Auswirkungen des Radikalenerlasses aufgearbeitet werden und haben deshalb, gemeinsam mit der SPD-Fraktion, einen entsprechende Antrag gestellt. Der Landtag soll gegenüber den Betroffenen sein Bedauern für das zu Unrecht erfahrene Leid und die persönlichen Nachteile ausdrücken. Die Landesregierung soll die Berufsverbote historisch weiter aufarbeiten und Vorschläge für eventuelle rechtliche Rehabilitierungen und finanzielle Entschädigungen ausarbeiten.