Sigrid Beer: Pluspunkt Bildung – September 2020

Newsletter

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freund*innen,
seit wenigen Wochen läuft das neue Schuljahr, und wir sind noch auf absehbare Zeit weit von normalem Schulbetrieb entfernt. Die Diskussion um die Maskenpflicht im Unterricht ab dem 5. Schuljahr hat viele Emotionen ausgelöst. Seit dem 1.9. gilt sie nicht mehr. Wie schon so oft, haben die Schulen zunächst aus der Presse davon erfahren, dass die Pflicht tatsächlich auslaufen soll. Darüber wurden sie allerdings erst am 31.8. um 16 Uhr informiert.
Der Dank gilt den Schulen, den Schulleitungen und Lehrkräften sowie den Schulträgern, die trotz mangelnder Vorgaben und Hinweise seitens des Ministeriums das neue Schuljahr gewissenhaft vorbereitet haben und für den Schulbetrieb unter weiteren Unwägbarkeiten Sorge tragen.
Die Enttäuschung und Empörung über Schulministerin Yvonne Gebauer bleibt: fehlender Plan B, realitätsferne Anweisungen, mangelnde Kommunikation. Die Eltern- und Lehrerverbände haben sich sehr deutlich geäußert.
Groß ist auch die Enttäuschung über den vorgelegten Masterplan Grundschule. Seit drei Jahren angekündigt, hält er nicht, was versprochen war. So gibt es keinen Plan zur Einstiegsbesoldung A13 für Grundschullehrkräfte. Und für die Inklusion werden nur in unzureichenden Schritten zusätzliche Stellen angesetzt.
Corona hat die Bildungsungerechtigkeit noch verschärft, darüber sind sich die Expert*innen einig, obwohl wir die Folgen im Umfang noch nicht genau abschätzen können. Klar ist aber, dass Schulsozialarbeit noch wichtiger wird. Deshalb ist es gut, dass die Landesregierung auf politischen Druck hin nun endlich die Zusage gegeben hat, die Mittel zu verstetigen. Aber noch ist völlig unklar, was die angekündigte „Neustrukturierung“ konkret bedeutet, z.B. wer wen zu welchen Bedingungen beschäftigen soll, wieviel für das Konzept der Berufseinstiegsbegleitung vorgesehen ist.
Das Schuljahr 2020/2021 wird kein „normales“ werden können. Es wird weiterhin eine Mischung aus Präsenz-(so viel wie möglich für alle Schüler*innen)  und Distanzunterricht notwendig sein. Für zahlreiche Lerngruppen und Schulen ist das schon Realität geworden. (Teil-) Schulschließungen, Lerngruppen in Quarantäne, das ist an der Tagesordnung.
Leider sind völlig unterschiedliche Umsetzungen durch die Gesundheitsämter vor Ort zu beobachten. Das ist ein Ergebnis der Praxis des Ministeriums  für
Schule und Bildung (MSB), die Verantwortung beharrlich an Schulleitungen und Behörden zu delegieren.
Die Schulen müssen sich leider darauf vorbereiten, dass es zumindest immer wieder regionale Infektionsgeschehen geben kann. Aktuelle Infos für NRW, u.a. die kommunalen/regionalen Fallzahlen sind jetzt auf diesen Websites einsehbar: https://www.land.nrw/corona (auch multilingual) https://www.mags.nrw/coronavirus Hotline: 0211-9119 1001
Inhalt:

  • Corona: und immer noch kein Plan
  • Breite Empörung über Kurs und Kommunikation des Ministeriums
  • Bildungssommer 2020
  • Digitalisierung und Corona
  • Mangelhafter Datenschutz beim Logineo Messenger
  • Schulsozialarbeit braucht klare Perspektiven
  • Masterplan Grundschule
  • LVR schränkt Schülertransport ein – Eltern müssen sehen, wie sie klar kommen
  • Große Anfrage Berufskollegs
  • Landeskoordination BNE ersatzlos gestrichen
  • Zum Schluss

Corona: und immer noch kein Plan
Wir haben bereits vor den Ferien angemahnt, durch zusätzliche Räume, zusätzliches Personal und andere Unterrichtsgestaltung sicherzustellen, dass kleine, stabile Lerngruppen gebildet werden können, die auch Infektionsschutz geben. Zusätzliche Räume könnten Vereins- oder Gemeindehäuser sein, die zur Zeit nicht oder wenig genutzt werden. Zusätzliches Personal könnte von Lehramtsstudierenden im Praxissemester kommen oder von zivilgesellschaftlichen Organisationen wie Teach First, die ihre Hilfe angeboten haben. Aber das Ministerium weigert sich beharrlich , entsprechende Kooperationen zu vereinbaren. Stattdessen werden den Schulen Hürden statt Freiheiten bei der Unterrichtsorganisation geboten. Schichtunterricht oder Blockunterricht sind sinnvolle Instrumente, das Unterrichtsgeschehen so zu gestalten, dass die Lerngruppen kleiner und stabiler sein können. Aber das wird unterbunden.
Die Ministerin hält weiter an ihrer Idee eines „Regelunterrichts“ fest. Aber schon durch die Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen lässt sich der Stundenplan nicht einhalten. Essenspausen müssen verlängert werden, Unterrichtsstunden zum Lüften oder für Maskenpausen unterbrochen werden.
Ein Unterricht mit 30 oder mehr Schüler*innen ohne Abstand in einem Klassenraum ist aus Infektionsschutzgründen nicht verantwortbar. Die steigenden Infektionszahlen verschärfen die Situation.
Deshalb setzen einige Schulen – notgedrungen – weiter auf Masken, nun als freiwillige Maßnahme. Das nötige Lüften der Räume ist teilweise nicht oder nur eingeschränkt möglich. Nicht selten sind Fenster verriegelt, weil sie marode sind. Während Ministerin Gebauer das Problem ignorierte, hat Ministerpräsident einen Schulcheck angekündigt und Hilfen seitens des Landes für die Sanierung der Fenster, das sei aber nur bei 1% der Schulen nötig. Allerdings ist in höheren Etagen ist Stoßlüften gar nicht möglich, weil aus Sicherheitsgründen Fenster nur eingeschränkt zu öffnen sind.
Im Winter müssten Schüler*innen und Lehrkäfte im Wintermantel in der Klasse sitzen, wenn – wie Expert*innen es darlegen – alle 20 Minuten stoßgelüftet wird.
Eine Möglichkeit wären technische Lüftungslösungen. Ministerin Gebauer hat das als zu teuer bezeichnet. Grob gerechnet würde die Ausstattung aller Unterrichtsräume 300 Mio. Euro kosten. In der Schule sind etwa 3 Mio. Menschen (Schüler*innen, Lehrkräfte, weiteres Personal). Es wären also  100 Euro je Person für Infektionsschutz (zum Vergleich: ein Coronatest kostet derzeit etwa 50 Euro). Kommunen greifen zu ersten Notlösungen. So ist in Paderborn ein Antrag der GRÜNEN auf Ausstattung aller Klassenzimmer mit CO2-Ampeln einstimmig beschlossen worden.
Breite Empörung über Kurs und Kommunikation des Ministeriums
„Dass Lehrer- und Elternverbände sich kritisch äußern ist normal. Aber die Empörung quer durch alle Verbände hat es so noch nicht gegeben.“ So schrieb ich im Newsletter im Juni. Doch das ist überholt, die Empörung ist gewachsen. Erstmals haben die zwölf großen Elternverbände auf Landesebene einen gemeinsamen Brandbrief an die Landespolitik geschrieben und Konzepte eingefordert und die Ermöglichung anderer Unterrichtsgestaltung. Auch die Schulleitungsvereinigung NRW hat in einem Brief an Ministerpräsident Laschet deutliche Worte gefunden und das Agieren des Schulministeriums scharf kritisiert. Entweder fehlten Vorgaben oder diese seien realitätsfern, so dass sie nicht erfüllbar seien. Ministerin Gebauer hat das als eine Einzelmeinung abgetan. Doch eine Umfrage bei 1068 Schulleitungen zeigt: 80% der Schulleitungen sind unzufrieden mit der Kommunikation, 75% beklagen das Fehlen von Fortbildungskonzepten.  79% geben an, dass nicht alle Schüler*innen am Distanzunterricht teilnehmen können und nur 4% sind digital besser ausgestattet als vor Corona. Und ein Drittel der Schulen konnten bislang nicht zu einem geregelten Schulbetrieb zurückkehren.
Dieses Kommunikationsverhalten sorgt für regelmäßigen Ärger. Das Regieren per E-Mail mit sprunghaften Änderungen im wahrsten Sinne über Nacht empört. Die Halbwertzeit von solchen E-Mails lässt zweifeln, wie durchdacht manches ist.
Ministerin Gebauer wurde in einer Pressekonferenz darauf angesprochen, dass es die Forderung nach einem Schulgipfel gibt. Das lehnte sie mit dem Hinweis ab, dass sie ganz hervorragend kommuniziere und im ständigen Austausch mit allen Beteiligten sei. Nach den deutlichen Protestbriefen vieler Verbände ist das entweder eine Provokation oder Realitätsverweigerung.
Am 4.9. hat der Schulausschuss des Städtetages die bildungspolitischen Sprecher*innen der Landtagsfraktionen zum Gespräch gebeten und sich in deutlichen Worten über die realitätsfernen Entscheidungen und die mangelnde Kommunikation beklagt und sich breite interfraktionelle Verständigung unter Einbeziehung der Verbände gefordert. Wir haben gemeinsam mit der SPD einen entsprechenden Antrag in den Landtag eingebracht. CDU und FDP (diese war beim Gespräch mit dem Städtetag nicht vertreten) haben eine gemeinsame Initiative jedoch abgelehnt.
Bildungssommer 2020
Schon früh haben wir im vergangenen Schuljahr ein Programm für einen Bildungssommer gefordert. Hierzu haben wir einen Antrag in die plenare Debatte eingebracht. Vielfältige Angebote sollen Bildung ermöglichen und so auch der durch Corona verstärkten Bildungsungerechtigkeit entgegenwirken. Die anderen Fraktionen haben dem nicht zugestimmt. Aber Ministerin Gebauer kündigte ein eigenes Programm für Ferienangebote an, wörtlich ein „so noch nie dagewesenes“. Schulen und freie Träger erwarteten dann gespannt, was denn genau gefördert werden würde. Doch das Schulministerium schaffte es tatsächlich, daraus ein Last-Minute-Angebot zu machen: Die Förderbedingungen wurden am letzten Schultag um 15 Uhr veröffentlicht. Damit war es zu kurzfristig, um noch im nennenswerten Umfang Angebote auf die Beine zu stellen. Folglich sind kaum Mittel abgeflossen. Der von Grünen angeforderte Bericht zeigt: Von den 75 Mio. € ist nur gering Gebrauch gemacht worden. Der Bildungssommer wurde tatsächlich ein „nie da gewesener“. Die nicht verausgabten Mittel sollen nun für Angebote in den Herbstferien und  darüber hinaus genutzt werden können. Mit einiger zeitlicher Verzögerung sind die neuen Förderrichtlinien nun veröffentlicht worden. Es bleibt auch jetzt beim Angebotscharakter anstelle einer systematischen individuellen Förderung in den Schulen. Viele Schulen arbeiten noch daran, die Defizite mit Schüler*innen aufzuholen, während andere schon wieder im Unterrichtsplan für das neue Schuljahr voranschreiten. Und selbstverständlich hat das eine Schulformkomponente. Die Schere in der Bildungsgerechtigkeit geht weiter auseinander.
Digitalisierung und Corona
Corona hat in vielen Bereichen einen Digitalisierungsschub gebracht. Das betrifft auch den Schulbereich. Einige Schulen waren schon vor der Pandemie auf einem guten Weg mit ausreichender Ausstattung und erprobten pädagogischen Konzepten. Andere waren noch in der Entwicklung oder warteten überhaupt auf eine belastbare Infrastruktur wie z.B. Glasfaseranschluss und leistungsfähige WLAN-Ausstattung. Die Schulen und Schulträger haben viel im Schnelldurchgang auf den Weg gebracht, viele Lehrkräfte haben digitale Medien erstmals genutzt und sich auch gegenseitig unterstützt.
Auf Seiten des Schulministeriums wurden die Hausaufgaben allerdings nicht erledigt.
Obwohl der Bund schon im Mai zusätzliche Mittel im Rahmen des Digitalpaktes für Endgeräte für Schüler*innen bereitgestellt hat, brauchte die Landesregierung bis weit in den  Juli, um entsprechende Förderbedingungen für die Kommunen zu erstellen. Auch bei der Förderrichtlinie für die Geräte für Lehrkräfte ging wertvolle Zeit verloren. Ausschreibung und Administration kosten Zeit, so dass die Geräte wohl erst im kommenden Schulhalbjahr tatsächlich in den Schulen ankommen. Besonders ärgerlich sind die Beschaffungsfristen: Zum 31.12.2020 soll tatsächlich alles erledigt sein. Damit kein Geld ungenutzt bleibt, müssen die Fristen verlängert werden!
Unbefriedigend ist das Angebot an systematischer Fortbildungen und Unterstützung für die Schulen.
Wir haben hierzu einen umfangreichen Antrag im Plenum gestellt, der erwartungsgemäß abgelehnt wurde.
Mangelhafter Datenschutz beim Logineo Messenger
Am 21.08.2020 präsentierte Staatssekretär Richter den neuen Logineo NRW Messenger, um eine „einfache, schnelle und sichere digitale Kommunikation an Schulen“ zu ermöglichen. Doch es stellt sich heraus, dass der Mustervertrag einen Hinweis auf ein beteiligtes Subunternehmen in Luxemburg enthält. Recherchiert man weiter, so stellt sich heraus, dass dahinter Amazon Web Services aus den USA steckt. Das ist ein ernstes Problem, denn laut „Cloud Act“ müssen Firmen in den USA auf Drängen der Regierung Daten weitergeben, auch wenn diese auf Servern außerhalb der USA lagern. Die Kunden müssen hierüber nicht einmal informiert werden. Das verstößt gegen die Datenschutzgrundverordnung der EU. Und auch das Privacy Shield Abkommen zwischen den USA und der EU schützt hier nicht. Das hat erst am 16.07. der EuGH in seinem sogenannten Max-Schrems-Urteil festgestellt. Westpol hat am 20.09. darüber berichtet und das Ministerium damit konfrontiert. Das zieht sich aber aus der Verantwortung und verweist darauf, dass die Schulen die datenschutzrechtliche Verantwortung tragen. Sie würden ja die Verträge unterzeichnen. Besonders irritierend: Das Ministerium scheint sich in Bezug auf den Messenger nicht mit der Landesdatenschutzbehörde ausreichend abgestimmt zu haben. Hier muss dringend  nachgesteuert werden. Logineo LMS ist zwar ein vom Messenger unabhängiges Produkt, das auf moodle aufsetzt und konkret mit einem Subunternehmen arbeitet, das nur mit Servern in Deutschland arbeitet. Allerdings wird auch noch auf ein anderes Subunternehmen im Vertrag verwiesen, das eine Tochter in den USA mit dortigen Servern hat. Zur umfassenden Rechtssicherheit sollte das Unternehmen aus dem Vertrag gestrichen wird, wenn es zudem auch gar nicht mit dem LMS befasst ist.  Bei dem gerade in Entwicklung befindlichen Videotool muss von Anfang an auf die Datensicherheit geachtet werden. Schüler*innen und Lehrkräfte müssen den Angeboten des Landes vertrauen können, dass mit sensiblen Daten verantwortlich umgegangen wird.
Ich habe dazu eine Kleine Anfrage gestellt.
Schulsozialarbeit braucht klare Perspektiven
In den letzten Jahren ist die Wichtigkeit von Schulsozialarbeit immer breiter anerkannt worden. Nach dem Rückzug des Bundes aus diesem Bereich hatte die rot-grüne Landesregierung beschlossen, die wegfallenden 47 Mio. Bundesmittel, mit denen Stellen für Sozialarbeit an Schulen aus dem Programm „Bildungs- und Teilhabepaket“ (BuT) finanziert wurden, mit eigenen Mitteln auszugleichen. Die schwarz-gelbe Landesregierung hatte das für die Zeit bis Ende 2020 ebenfalls zugesagt. Deshalb war die Sorge groß, was im nächsten Jahr passiert, hierzu erreichten uns zahlreiche Resolutionen von Räten und Schulausschüssen. Nach langen Auseinandersetzungen innerhalb der Regierung wurde am 26.08. auch auf Druck im Plenum verkündet, dass die Mittel auch in Zukunft zur Verfügung stehen. Das ist auf jeden Fall zu begrüßen. Bis jetzt werden die Mittel an die Kommunen vergeben, die entweder selber beschäftigen oder freie Träger beauftragen. Nun haben Sozialminister Laumann und Schulministerin Gebauer angekündigt, eine Konzeption für Aufgaben und Zuständigkeiten grundlegend neu zu erarbeiten. Damit bleibt es weiter bei einer großen Unsicherheit. Denn die Arbeitsverträge der beschäftigten Schulsozialarbeiter*innen laufen zum 31.12.2020 aus. Ohne klare Perspektive müssen sie sich am 1.10. beim Arbeitsamt arbeitslos melden. Die Zeit drängt. Ungeklärt ist bislang auch die Frage, was die Neustrukturierung für die Berufseinstiegsbegleitung bedeutet. Werden Mittel hier für die Schulsozialarbeit abgezogen?
Masterplan Grundschule
Seit drei Jahren hat Ministerin Gebauer immer wieder den Masterplan Grundschule angekündigt, das hat die Erwartungen hochgetrieben. Vor allem auch, weil in der Zwischenzeit die Grundschule bei anderen Förderprogrammen wie den Talentschulen oder der Neuausrichtung der Inklusion mit dem Verweis auf den Masterplan ausgenommen wurde. Doch der jetzt vorgestellte Plan enttäuscht. Zusagen wie zusätzliche Stellen für die Schulverwaltungsassistenz und mehr Entlastungsstunden sind nur ein Trostpflaster. Aber bei der Inklusion – und darauf warten die Grundschulen auch seit drei Jahren –  sind gerade einmal 300 Stellen zusätzlich für rund 2800 Grundschulen bis zum Ende der Legislaturperiode vorgesehen. Somit wird ein wesentlicher Teil der Versprechen in die nächste Legislatur verschoben.
Mit Spannung war erwartet worden, wie die Regierung die Besoldung der Grundschullehrkräfte regeln will. Durch die geänderte Lehrerausbildung ist die schlechtere Bezahlung der Grundschul- und Sek-I-Lehrkräfte nicht länger gerechtfertigt. Bis 2025 ist nun die Schaffung von 1300 Beförderungsstellen nach Stufe A13 geplant. Das sind nur fünf Prozent der Lehrerstellen in der Grundschule. Bei dem Tempo braucht es hundert Jahre, um allen Grundschullehrkräften A13 zu ermöglichen. Wahrlich ein Jahrhundertplan. Die Landesregierung bleibt die grundlegende Antwort zur Besoldungsanpassung auf A13 weiterhin schuldig.
Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass die Schaffung von Beförderungsstellen in der Pressekonferenz zum Masterplan verkündet wurde, aber im Masterplan gar nicht enthalten ist, wohl aber im Faktenblatt. Dafür ist die Zahl der Stellen für Inklusion im Masterplan mit 1000 (bis 2025) angegeben, im Faktenblatt aber nur 800. Hier hat es offensichtlich auf den letzten Metern noch einen Deal gegeben: Beförderungsstellen zu Lasten der Inklusion. Ein unwürdiges Geschacher.
Auch enttäuschend: Es gibt kein Angebot für Kinder, die nicht am bekenntnisorientierten Religionsunterricht teilnehmen wollen, also keine Praktische Philosophie in der Grundschule, obwohl in der Anhörung und Debatte zum Grünen Antrag auf den Masterplan vertröstet wurde.  Und es gibt auch keine unbürokratische Öffnung beim Einschulungsstichtag, trotz Corona-Bedingungen für Eltern und Schulen. Auch hier drei Jahre vergebenes Warten.
LVR schränkt Schülertransport ein – Eltern müssen sehen, wie sie klar kommen
Die Landschaftsverbände sind Schulträger für etliche Förderschulen in NRW. Die Schulen haben einen großen Einzugsbereich und so ist der Schülertransport eine wichtige Voraussetzung für Eltern, wenn sie ihre Kinder dort anmelden. Nun hat der Landschaftsverband Rheinland LVR angekündigt, dass Schüler*innen, die keine Maske tragen (können), nicht mehr von den Schülerspezialverkehren  transportiert werden. Das hat berechtigt für Ärger gesorgt. Gerade Familien mit Kindern mit geistiger Behinderung fühlen sich alleine gelassen und dass ihren Kindern Bildungsrechte versagt bleiben. Die Corona-Schutzverordnung sagt klar, dass Personen, die aus medizinischen Gründen keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen können, von der Maskenpflicht im ÖPNV ausgenommen sind. Auf unseren Antrag hin hat das Ministerium jetzt berichtet und zwar Unverständnis für die Maßnahme des LVR geäußert. Allerdings habe man keine Handhabe. Eltern müssten nun den Transport selber organisieren. Sie könnten aber einen Antrag auf Kostenerstattung stellen und zwar „mit ausführlicher Begründung“. Das ist nicht akzeptabel. Wir haben in Briefen den LVR und das Ministerium aufgefordert, umgehend  eine Lösung im Sinne der Schüler*innen und der Eltern zu finden.
Große Anfrage Berufskollegs
Die Berufskollegs stehen vor massiven Herausforderungen und schon seit geraumer Zeit wird auch über strukturelle Veränderungen diskutiert. Gemeinsam mit der SPD haben wir vor fünf Monaten eine Große Anfrage (GA) zu den Berufskollegs gestellt. Wir wollten eine breite Datengrundlage für die Diskussion erhalten. Die Landesregierung hat für die Beantwortung viel Zeit gebraucht. Die Antwort liegt nun vor. Auffällig ist, dass manche Fragen nicht beantwortet werden konnten, weil die Regierung die Daten gar nicht erhebt. So zur Erteilung fachfremden Unterrichts und zum strategischen Unterrichtsausfall.
Auch bei Fragen zur Weiterentwicklung bleibt die Antwort hinter den Erwartungen zurück. Es wird auf die „Agenda zur Stärkung der beruflichen Bildung“ verwiesen, die ein Schritt in die richtige Richtung sein könnte, aber viel zu kurz greift und substantiell nicht unterfüttert ist. Bei der Weiterentwicklung von Berufskollegs zu regionalen Bildungszentren wird auf das Pilotprojekt verwiesen, das in diesem Jahr an den Start gegangen ist. Hier will man die fünf Jahre erproben. Aber die Zeit drängt. In Ost-Westfalen droht der massive Einbruch bei einigen Bildungsgängen, Fachklassen werden in der Fläche geschlossen. damit werden unwiederbringliche Fakten geschaffen. Derweil sind Schulträger und Berufskollegs z.T. gefrustet über die Antragsverfahren für die Regionalen Berufsbildungszentren. Die notwendig Flexibilität z.B. in der Fachklassenbildung ist keineswegs gesichert und die in Aussicht gestellten Ressourcen reichen bei weitem nicht aus.
Wir werden nun die Ergebnisse der GA in unsere Gespräche mit den Verbänden mit nehmen und die Diskussion über die Neuaufstellung der Berufskollegs weiterführen.
Landeskoordination BNE ersatzlos gestrichen
Beim 12. Treffen der Regionalzentren im Landesnetzwerk BNE wurde seitens der Landesregierung mitgeteilt, dass die Stelle der Landeskoordinatorin BNE ersatzlos gestrichen wird. Der plötzliche Wegfall der Stelle stellt die Arbeit für Bildung für nachhaltige Entwicklung vor große Schwierigkeiten. Die Erfahrung auch aus anderen Netzwerken zeigt, dass eine koordinierende Stelle für eine vielfältige und heterogene Szene der Akteure unverzichtbar ist. Die bisherige Struktur und Arbeit haben überzeugt. NRW hat damit Maßstäbe gesetzt, an denen sich auch andere Länder orientierten. Es ist zu befürchten, dass ohne Koordinierungsstelle die Arbeit nicht mehr die Effektivität entwickeln kann wie bislang, weil die Koordination auch zu Synergien führte.
Die Regionalstellen BNE haben sich in einem gemeinsamen Brief an die Landesregierung gewandt und ihre Sorgen vorgetragen. Für die Sitzung des Schulausschusses antwortet die Landesregierung jetzt auf mein Anfrage. Die Antwort auf die entscheidende Frage bleibt aber noch vage.
Zum Schluss:
Es lohnt sich auf die Internetseite von krisenchat.de zu schauen.
Was hier ehrenamtlich an professionellem Netzwerk aufgebaut wurde ist bemerkenswert.
Mit den Initiator*innen bin ich im Austausch. Als Ansprechpartner*innen in einer Krisensituation stehen ausschließlich Fachleute zur Verfügung, und das rund um die Uhr. Auch diese ca. 100 u.a. Psycholog*innen arbeiten bei krisenchat.de bundesweit im Ehrenamt.
Es lohnt sich, diese Angebot bekannter zu machen und mit anderen Initiativen zu vernetzen.
Mentale Gesundheit von Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist ein Thema, das häufig zu wenig Beachtung findet. Gerade in der Coronakrise ist die Notwendigkeit gewachsen, sich systematisch damit zu beschäftigen und Unterstützungen anzubieten. In unseren Bildungseinrichtungen darf es nicht nur um Prüfungen und Zertifikate gehen, sondern auch um eine umfassende Persönlichkeitsbildung und -stärkung: Stichwort Resilienz!

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