Sigrid Beer: Pluspunkt Bildung – Mai 2021

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freund*innen,

die einhellige Kritik an den Regelungen zu den zentralen Abschlussprüfungen in der SEK I verhallte wieder einmal ungehört. Die Landesregierung bleibt sich auch in der Pandemie treu: Bildungsbenachteiligungen werden in Fensterreden beklagt, um dann Bildungsungerechtigkeit durch reales Handeln zu verschärfen.

Bei den nicht kindgerechten Schnelltest hat die Regierung immerhin gelernt und für die Grund- und Förderschulen auf Lollitests umgestellt. Eine Unterstützung für die Schulleitungen wurde leider wieder einmal nicht mitgedacht.

Es gäbe wirklich viel zu tun und anzuschieben, stattdessen arbeitet die Landesregierung an ihrer Agenda: u.a. Marginalisierung der Sozialwissenschaften zugunsten von Wirtschaft in der Lehramtsausbildung. Auch hier gibt es einen breiten Sturm der Entrüstung.

Welch hervorragende Arbeit an den Schulen in NRW trotz aller Widrigkeiten gerade in der Pandemie geleistet wird, zeigen die Preisträger des Deutschen Schulpreises.

Ein herzlicher Glückwunsch an die Schulgemeinden verbunden mit großem Dank für das Engagement, das diese Würdigung zu recht erfahren hat.

Ihre/Eure

Sigrid Beer

 

Inhalt:

  • Lolli-Tests in Grund- und Förderschulen: Endlich kindgerecht, aber leider werden Schulen allein gelassen
  • Luftfilterförderung ausgelaufen – Was kommt jetzt?
  • Zweites Bildungssicherungsgesetz: Spät und nicht ausreichend
  • Zentrale Prüfungen und Klassenarbeiten – muss das jetzt sein?
  • Einschulung flexibilisieren – gerade jetzt macht das Sinn
  • Extra-Zeit und wirkliche Unterstützungsprogramme
  • Außerschulische Lernorte, Umweltbildung und anderes, was nötig wäre
  • Schulscharfer Sozialindex – gut gemeint, aber auch gut gemacht?
  • Datenschutz beim Distanzlernen
  • Inklusion an Grundschulen – Das Bündnis für inklusive Bildung schlägt Alarm
  • Fachbeirat Inklusion – Schulministerium bleibt beratungsresistent
  • Inklusion an Berufskollegs auch ohne Sonderpädagogik
  • Sowi bleibt – Protest gegen die neue Lehramtszugangsverordnung
  • Petition – Endlich Gerechtigkeit: Schluss mit Diskriminierung an Grundschulen in NRW!
  • Drei Sieger aus NRW beim Deutschen Schulpreis 2021
  • BNE in Kommunen und Schulen
  • Novellierung des Weiterbildungsgesetzes: Anhörungen im Familien- und Wissenschaftsausschuss
  • Termine

 

Lolli-Tests in Grund- und Förderschulen: Endlich kindgerecht, aber leider werden Schulen allein gelassen

Flächendeckende Tests an Schulen war das Versprechen für die Zeit nach Ostern. Doch nicht nur die kurzfristige Beantragung der Mittel im Haushaltsausschuss zeigten den mangelnden Planungsvorlauf. Zustellung, Gewährleistung ausreichender Mengen – das alles erinnerte eher an ein Roulettespiel als an eine verlässliche Planung und Gewährleistung durch das Schulministerium.

Obendrein stellte sich raus, dass die bestellten Tests einerseits mit erheblichen zusätzlichem Aufwand für die Lehrkräfte verbunden und zudem gerade für Schüler*innen in den Grund- und Förderschulen nicht kindgerecht sind. Daraus hat die Landesregierung nun gelernt und sogenannte Lollitests für Grund- und Förderschulen bestellt. Das ist zweifelsohne zu begrüßen. Unverständlich aber bleibt, warum für die Schulleitungen gerade an den Grundschulen keine Entlastungen mitgedacht wurden. Die Verantwortung für die Testdurchführung, für die Einhaltung der Regeln und für die Einweisungen aller Beteiligten, auch für die Information der Eltern bezüglich positiver Ergebnisse und weiterer Tests, dann notwendiger Umplanungen in der Schule sowie die Erstellung der Poollisten für die Lerngruppen liegen bei ihnen. Schulleitungen werden zudem damit konfrontiert, dass sie spät abends die für die Übermittlung der Ergebnisse auch mit privaten Kontaktdaten zur Verfügung stehen sollten. Siehe Schulmail vom 06.05.21

Nicht nur an diesem Punkt sei daran erinnert:

Wir fordern schon seit Monaten, dass weiteres Personal, z.B. Lehramtsstudierende aber auch Verwaltungskräfte für eine unterstützende Arbeit in Schulen gewonnen werden. Geld wäre da: Denn im letzten Jahr sind über 260 Millionen Euro aus dem Schuletat an den Finanzminister zurückgeflossen, weil Stellen nicht besetzt werden konnten. Stattdessen sollen die Schulleitungen nun auch ohne Berücksichtigung der aktuellen Herausforderungen und der notwendigen aufzubringenden Zeit und Kraft für die Kinder die Implementierung der neuen Lehrpläne vornehmen. Die Schulministerin zieht auch an dieser Stelle beratungsresistent durch.

Luftfilterförderung ausgelaufen – Was kommt jetzt?

Im letzten Sommer hatten Grüne schon den Einsatz von Luftfilteranlagen gefordert. Die Schulministerin wollte davon nichts wissen, die Bauministerin legte dann schließlich ein Förderprogramm auf. Dieses ist am 15.01.2021 ausgelaufen. Im vergangenen Jahr wurde die Wirksamkeit der verschiedenen Lüftungsanlagen mit Berufung auf die Aussagen des Umweltbundesamtes relativiert bzw. kontrovers diskutiert, so dass Kommunen zögerten, sich für deren Einsatz auszusprechen. Mittlerweile ist auch wissenschaftlich durch die Aerosolforschung immer weiter ausgeschärft, dass Lüftungstechnik deutlich zur Verbesserung der Luftqualität und Reduzierung der Infektionsgefahr beitragen kann.

Ergänzend zu der nicht absehbaren Frage, wie sich die Pandemielage im Herbst gestaltet, darf die Debatte über Luftfiltertechnik auch nicht auf  Covid-19 verkürzt werden.

Auch die Auswirkungen der „gewohnten“ saisonalen Effekte von grippalen Infekten können reduziert werden. Insgesamt muss mehr Vorsorge für eine Lüftungs- und damit verbunden Klimatechnik getroffen werden.

Von den  vom Land NRW eingestellten 50 Mio. € waren zum Antragsschluss 15.1.2021 nur knapp 20 Mio. € beantragt. Eine Übersicht über beantragte Mittel aus den Kommunen gibt die Antwort auf unsere Berichtsanfrage.

Der Bund hat jetzt im Legislaturendspurt bekannt gegeben, dass er auf die lange bestehenden Forderungen doch reagieren und den Einbau der Luftfilteranlagen zu 80% bezuschussen will. Kanzleramtsminister Braun fordert die Kommunen nun auf, die Sommerferien für eine Umsetzung in Schulen zu nutzen.  Das ist sehr ehrgeizig angesichts der notwendigen Ausschreibungsprozeduren. Aber damit Kommunen eine Förderung aus Bundesmitteln erhalten können, braucht es eine Förderrichtlinie des Landes. Wenn das Land wie bisher lange Zeit für eine solche Förderrichtlinie braucht, dann vergeht kostbare Zeit. Wir dringen auf eine zügige Vorlage.

Zweites Bildungssicherungsgesetz: Spät und nicht ausreichend

Wie im vergangenen Jahr hat die Landesregierung ein Bildungssicherungsgesetz vorgelegt, um Bildungslaufbahnen in der Pandemielage zu sichern. Wir haben ein solches schon im November für das laufende Schuljahr eingefordert. Die Ministerin hat es aber nicht geschafft, ein Gesetz rechtzeitig in den Landtag einzubringen. Ein ordentliches Beratungsverfahren war kaum noch möglich. Und für Änderungen an den Regelungen beim Abitur war es schon zu spät. Zentraler Kritikpunkt waren die Zentralen Prüfungen in der Jahrgangsstufe 10 (ZP 10). Wir haben einen Entschließungsantrag gemeinsam mit der SPD dazu eingebracht.

Zentrale Prüfungen und Klassenarbeiten – muss das jetzt sein?

Zentrale Prüfungen setzen voraus, dass die Bedingungen in den Schulen vergleichbar sind und alle Schüler*innen gleich gut auf die Prüfungen  vorbereitet werden. Die Ergebnisse sind nur dann wirklich vergleichbar, wenn auch die Voraussetzungen vergleichbar sind. Das laufenden Schuljahr ist gekennzeichnet von stärkerem Unterrichtsausfall als sonst und von Distanz- und Wechselunterricht. In dieser Situation können die Lehrkräfte am besten entscheiden, welche Prüfungsfragen dem real erteilten Unterricht entsprechen. Aber die Landesregierung weigerte sich, Ausnahmen von zentralen Prüfungen zuzulassen – im Gegensatz zum letzten Schuljahr. Auch eine Petition und die zahlreichen Stellungnahmen zur Anhörung  im Landtag konnten Landesregierung und Koalition nicht beeindrucken.

Wie ungleich sich schon das erste Schulhalbjahr ausgewirkt hat, darauf macht die jüngst an der Universität Bochum vorgestellte Studie aufmerksam: „Das Bildungssystem in Zeiten der Krise“ (Münster 2021)

Die Forscher*innen kommen in Bezug auf das erste Schulhalbjahr 2020/21 zu folgenden Ergebnissen (Seite 303): „Im angepassten Regelbetrieb mussten demnach überproportional häufig solche Schüler*innen in den Distanzunterricht zurückkehren, deren soziale, familiale, wohnliche und technische Voraussetzen genau dafür besonders ungünstig sind. Die Analysen dieses Beitrags lassen sich daher als ein Beleg für die Verschärfung von Bildungsungleichheit in der Corona-Pandemie verstehen und wollen dazu beitragen, diesen blinden Flecken stärker sichtbar zu machen.“

Einschulung flexibilisieren – gerade jetzt macht das Sinn

Schwarz-gelb hatte 2006 das sukzessive Vorziehen des Einschulungsstichtags bis zum 31.12. eins Jahres beschlossen, damit in Zukunft die Kinder grundsätzlich schon mit fünf Jahren eingeschult werden. Dagegen gab es Kritik von Elternverbänden und Kinder- und Jugendpsycholog*innen. Rot-Grün hatte den Prozess 2010 gestoppt, so dass seither der 30. September als Stichtag gilt, womit Kinder, die bis zu diesem Tag ihr sechstes Lebensjahr vollendet haben, schulpflichtig sind. Immer wieder haben Eltern gefordert, zum früheren Termin 30. Juni zurückzukehren oder wenigstens eine Rückstellung zu vereinfachen.  Das haben wir aufgegriffen und einen Antrag gestellt, ähnlich wie Bayern einen Korridor einzuführen. Für Kinder, die zwischen dem 30. Juni und dem 30. September ihr sechstes Lebensjahr vollenden, sollen Eltern über eine Rückstellung entscheiden, bei älteren Kindern ist ein schulärztliches Gutachten erforderlich. In der Anhörung zum Antrag, gab es mehrheitlich Unterstützung dafür. Aber die Koalition erkennt keine Notwendigkeit. Dabei verschärft die Pandemielage die Situation. Denn einerseits sind verstärkt Entwicklungsverzögerungen zu beobachten, der Ausfall der Kita hat sich zum Teil bemerkbar gemacht, andererseits muss mit längerer Verweildauer von Kindern in der Schuleingangsphase gerechnet werden.

Eine Prognose, wie sich Lerngruppengrößen dadurch entwickeln, ist schwierig. Mit Blick auf das einzelne Kind wäre ein unbürokratisches Rückstellen hilfreich, genauso wie die Frage der personellen Ausstattung der Schuleingangsphase angesichts der besonderen Anforderungen, die sich durch die Pandemie ergeben.

Extra-Zeit und wirkliche Unterstützungsprogramme

Im Frühjahr 2020 hatten wir ein Programm für Bildungsangebote in den Sommerferien vorgeschlagen. Die Schulministerin wies das erst als überflüssig zurück, um dann selbst ein Programm aufzulegen. Und zwar in wahrhaft letzter Minute. Am letzten Tag vor den Ferien kamen die Förderbedingungen. Da war es für Schulen und Träger einfach zu spät, um Angebote zu entwerfen, zu planen und personelle Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Auch eine Öffnung das Programms bis Ende 2020 hat nicht gezündet. Bis Ende des Jahres wurden nicht einmal 5 Mio.€ abgerufen. Der Rest fiel an den Finanzminister zurück.

Im Frühjahr 2021 nimmt das Schulministerium nun einen neuen Anlauf. Das Programm heißt jetzt Extra-Zeit. Neu ist, dass nun auch Hochschulen Angebote machen können. Damit greift die Regierung eine Idee von uns auf. Aber die Antragstellung bleibt bürokratisch und mit der Forderung nach 20% Eigenanteil bleiben viele potentielle Träger außen vor.

Wir haben  zum wiederholten Mal einen ausführlichen Vorschlag für umfangreiche Unterstützungsangebote vorgelegt.

Außerschulische Lernorte, Umweltbildung und anderes, was nötig wäre

In Pandemiezeiten ist normaler Schulbetrieb nur sehr eingeschränkt möglich. Umso wichtiger ist es, Bildung umfassender zu verstehen und entsprechende Angebote zu machen. Es gibt zahlreiche außerschulische Lernorte wie z.B. die Biologischen Stationen, die geschlossen sind, obwohl gerade das Lernen draußen aus Infektionsschutzgründen sicherer ist als Unterricht in Innenräumen.

Die Schulleitungen und Lehrkräfte brauchen Unterstützung. Notbetreuung und kleinere Lerngruppen brauchen mehr personelle Ressourcen. Lehramtsstudierende wären bereit zur Unterstützung, erst recht wenn andere Nebenjobs weggebrochen sind. Die Hochschulen würden das auch begrüßen, das Geld wäre da, aber die Landesregierung will nach wie vor nichts davon hören.

Schulscharfer Sozialindex – gut gemeint, aber auch gut gemacht?

Ungleiches ungleich behandeln ist eine lange von uns vorgetragene Leitlinie und bedeutet, dass Schulen in schwierigen Lagen besondere Herausforderungen haben und deshalb mehr Ressourcen brauchen. Der bisherige Kreissozialindex ist dafür nicht geeignet, weil er nur die sozialökonomische Lage eines Kreises oder einer kreisfreien Stadt berücksichtigt. Deshalb gab es schon länger die Forderung nach einem schulscharfen Sozialindex. Die Landesregierung hat Prof. Schräpler beauftragt ein mögliches Modell für NRW zu entwickeln. Es sieht neun Stufen vor und berücksichtigt vier Indikatoren.  Der Index soll zum kommenden Schuljahr schon greifen bei der Verteilung der Stellen. Das Problem: Im Gegensatz zum Gutachten von 2017, das die GEW beauftragt hatte und dass die Notwendigkeit von 2000 zusätzlichen Stellen identifiziert hat, bleibt das Gebauer-Modell ein Nullsummenspiel. Keine einzige zusätzliche Stelle ist vorgesehen. Es werden zwar mehr Stellen nach Index verteilt als zuvor, aber keine zusätzlichen. Das bedeutet, dass die Schulen, die besondere Bedarfe haben die dringend zusätzlich benötigten  Ressourcen untereinander durch Verschiebungen bereitstellen. Das betrifft insbesondere Gesamt- und Sekundarschulen, die z.B. Integrationsstellen zugewiesen bekommen hatten wegen Mehraufwand durch Sprachunterricht für Zugewanderte. Hier wird umgeschichtet und nicht wirklich in einen Sozialindex investiert. So bleibt die Maßnahme Makulatur für die sich die Ministerin abfeiern will.

Datenschutz beim Distanzlernen

Distanzlernen erfordert digitale Medien und wirft damit datenschutzrechtliche Fragen auf. Der Landesregierung ist das nicht so wichtig. So hat sie Kritik an ihren Verträgen zu Logineo Messenger und  Logineo Videkonferenz zurückgewiesen und stattdessen auf die Verantwortung der Schulleitungen verwiesen (siehe Antwort auf unsere Kleine Anfragen 17/12894   und 17/13044).

Immerhin hat die Landesregierung auf unser beharrliches Drängen und unsere Kleinen  Anfragen, warum ausgerechnet bei Amazon Web Services die Auftragsverarbeitung für einen Teil der Logineo-Familie liegt, dann doch reagiert. Für den Logineo Messenger und das Videotool hat es eine neue Ausschreibung gegeben.

Schulen haben oft pragmatisch entschieden, die Programme und Tools zu nutzen, die verlässlich funktionieren und möglichst viele Lern- und Kommunikationsmöglichkeiten aus einer Hand bieten, z.B. von Microsoft oder Google. Faktisch haben wir eine sehr unterschiedliche Verbreitung von Tools verschiedener Anbieter. Den Anforderungen der DSGVO werden die wenigsten gerecht. Schulleitungen bewegen sich also im grauen Bereich, wenn die Programme eingsetzt werden und sie für den Datenschutz verantwortlich zeichnen sollen. Das Schulministerium lässt sie in dieser Situation allein.

Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LfDI) in Bad-Württemberg rät aufgrund hoher datenschutzrechtlicher Risiken von der Nutzung der geprüften Version von Microsoft Office 365 an Schulen ab. Die Risiken beim Einsatz der erprobten Microsoft-Dienste im Schulbereich seien inakzeptabel hoch (siehe Empfehlung des LfDI).

Auch für NRW muss das Schulministerium aus den Erkenntnissen Konsequenzen ziehen.

Inklusion an Grundschulen – Das Bündnis für inklusive Bildung schlägt Alarm

Bei der „Neuausrichtung der schulischen Inklusion“ im Sommer 2018 blieben die Grundschule unberücksichtigt. Es wurde immer wieder auf den Masterplan Grundschule verwiesen, der dann mit großer Verzögerung im November 2020 vorgelegt wurde. Bei der Frage der Ressourcen für das Gemeinsame Lernen gab es dabei widersprüchliche Aussagen. Im März hat die Regierung nun den Erlass vorgelegt. Das Bündnis für inklusive Bildung, in dem sich 40 Verbände zusammengeschlossen haben, übte scharfe Kritik an dem nur langsam aufwachsenden Stellenaufwuchs und vor allem, dass für die Inklusion an Grundschulen teilweise auf Sonderpädagog*innen verzichtet werden soll. Sie können nicht nur durch Lehrkräfte sondern auch „andere pädagogische Fachkräfte“ ersetzt werden. Also erhalten Kinder mit Behinderungen Unterricht von nicht-lehrendem Personal.

Fachbeirat Inklusion – Schulministerium bleibt beratungsresistent

Der Fachbeirat soll die Landesregierung beraten in Fragen der schulischen Inklusion. Vertreten sind Eltern- und Lehrerverbände und weitere Institutionen. Schon vor zwei Jahren gab es Unmut, weil der Fachbeirat nur selten einberufen wird und für die Landesregierung nicht wirklich wichtig zu sein scheint. Nun wurde er im März wieder einberufen und wurde damit konfrontiert, dass kurz vor der Fachbeiratssitzung ein Erlass zum Gemeinsamen Lernen in der Grundschule vom Schulministerium veröffentlicht wurde. Die Mitglieder des Fachbeirats waren verärgert, wieder einmal nicht im Vorfeld mit ihrer Kompetenz gehört zu werden, sondern im Nachhinein etwas abnicken zu sollen. Wir haben dazu einen Bericht eingefordert und hierzu eine Anhörung beantragt. Die Stellungnahmen zeigen nicht nur die Verärgerung über den Stil, sondern sie zeigen auch auf, welche fachliche Kritik es an dem Erlass gibt. Der Rat der Expert*innen wird aber offenbar bewusst nicht gewollt.

Inklusion an Berufskollegs auch ohne Sonderpädagogik

Die neue Lehramtszugangsverordnung überraschte mit der Streichung der Studienmöglichkeit der Sonderpädagogik an Berufskollegs für die Förderschwerpunkte Lernen sowie Emotionale und soziale Entwicklung. Hiergegen haben verschiedene Verbände in der Anhörung protestiert. Die Landesregierung hält nicht einmal eine Qualifizierung der Lehrkräfte an Berufskollegs für den Umgang mit Schüler*innen dieser Förderschwerpunkte für notwendig.

Sowi bleibt – Protest gegen die neue Lehramtszugangsverordnung

Die FDP hatte bildungspolitisch schon in der ersten schwarz-gelben Koalition ein Lieblingsthema: Das Fach Wirtschaft in der Schule. Zwar kommt schon heute in verschiedenen Formen Wirtschaft umfänglich im Fächerkanon, KAOA und beruflicher Orientierung vor. Aber der FDP schwebte immer ein eher ökonomistischer Ansatz vor. Wir haben immer die Position vertreten, dass die Betrachtung von Wirtschaft eingebettet sein muss in eine gesellschafts-, sozialwissenschaftliche Reflexion sowie auch unter einer Nachhaltigkeitsdimension betrachtet werden muss.

Nun hat die Landesregierung das Fach Politik/Wirtschaft in Wirtschaft/Politik umfirmiert. Und dabei war es nicht nur ein Etikettenwechsel. Die Stunden für den Bereich Wirtschaft wurden ausgeweitet und der neue Kernlehrplan leistet die notwendige gesellschaftswissenschaftliche Diskussion nicht.

Nun folgt die zweite Stufe: In der Lehramtsausbildung soll das Fach Sozialwissenschaften marginalisiert werden und Wirtschaft an der Hochschule breiten Raum einnehmen. Dagegen erhob sich breiter Protest (gesammelt auf einer Website), dem wir uns anschließen. Wir haben zur Lehramtszugangsverordnung LAZVO eine Anhörung beantragt, die die Kritik deutlich formuliert hat. Der Soziologieprofessor Jörg Strübing wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass die Sozialwissenschaft eine reflektierende Wissenschaft ist und was verloren geht, wenn der Blick auf die Wirtschaft derartig eingeengt wird.

Wir haben frühzeitig deutlich gemacht, dass diese Lehramtszugangsverordnung mit den drastischen Folgen politisch keinen Bestand haben wird, wenn die Koalition daran festhält, das durchziehen zu wollen. Für die Landtagswahlen positionieren wir uns in der Sache damit klar und eindeutig.

Petition – Endlich Gerechtigkeit: Schluss mit Diskriminierung an Grundschulen in NRW!

In einer Petition fordern Eltern und Lehrkräfte, dass Religion  für die Aufnahme von Kindern an öffentlichen Grundschulen in NRW keine Rolle mehr spielen darf. Kinder müssen an der nächstgelegenen öffentlichen Schule zusammen lernen dürfen! Des Weiteren kritisieren sie, die Diskriminierung von Lehrkräften aufgrund ihres Glaubens oder Nichtglaubens. Mit der Änderung der Landesverfassung könnten alle staatlichen Bekenntnisschulen in Gemeinschaftsschulen umgewandelt werden.
Mit der letzten Schulgesetzänderung unter rot-grün waren in den nachgeordneten Verfahrensregelungen und Aufnahmekriterien das Prinzip „Kurze Beine-kurze Wege“ verankert worden. Die Rechtsprechung hat das in der Zwischenzeit gekippt und den Vorrang der konfessionellen Zugehörigkeit wieder als Vorrang gesetzt. Wir müssen zu neuen rechtlichen Grundlagen kommen. Dazu werden wir alle Optionen prüfen.

Drei Sieger aus NRW beim Deutschen Schulpreis 2021

Der Deutsche Schulpreis 2021 wurde in der letzten Woche verliehen. Aus sieben Kategorien konnte NRW dreimal den Sieger stellen: Die Gesamtschule am Körnerplatz in Duisburg-Rheinhausen siegte in der Kategorie „Zusammenarbeit in Teams stärken“, die Gesamtschule Münster-Mitte wurde bei „Selbstorganisiertes Lernen ermöglichen“ und die Grundschule am Dichterviertel aus Mülheim an der Ruh wurde in der Kategorie „Bildungsgerechtigkeit fördern“ ausgezeichnet. Es lohnt sich die Schulkonzepte anzuschauen und die Filmbeiträge, die die Schulwirklichkeit zeigen. Einen herzlichen Glückwunsch!

BNE in Kommunen und Schulen

Die BNE-Foren Schule und Kommune haben ein gemeinsames Positionspapier erarbeitet. Es wurde in Abstimmung mit dem Forum Berufliche Bildung zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans BNE erstellt. An dem Papier haben auch Expert*innen aus NRW maßgeblich mitgearbeitet. Eine Lektüre die lohnt:

Novellierung des Weiterbildungsgesetzes: Anhörungen im Familien- und Wissenschaftsausschuss

NRW ist das Land der gemeinwohlorientierten Weiterbildung. Es gibt eine große Vielfalt an Einrichtungen und Angeboten. Und erfreulicherweise wurde die Weiterbildungspolitik immer in einem großen überparteilichen Konsens gestaltet. In den vergangenen Jahren wurde Entwicklungs- und Erneuerungsbedarf beim Weiterbildungsgesetzt identifiziert und mit den Einrichtungen in Regionalkonferenzen und auch bei den jährlichen Weiterbildungskonferenzen im Landtag diskutiert. Die Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Grünen haben einen gemeinsamen Entwurf für eine Novellierung des Weiterbildungsgesetzes vorgelegt und Einrichtungen und Verbände zur Anhörung geladen.

Der Entwurf wurde einerseits als Meilenstein gewertet. So wurde als sehr positiv vermerkt, dass das inhaltliche Portfolio um die Gesundheitsbildung und die Kulturelle Bildung und BNE erweitert wird. Genauso wurde die Umstellung der Finanzierungssystematik als ein Schritt in die richtige Richtung gewertet. Es sichert die Hauptamtlichkeit und bietet gleichzeitig mehr Raum für innovative Angebote. Andererseits wurde darauf verwiesen, dass der Systematik auch eine ausreichende Finanzausstattung folgen muss. Das gilt insbesondere für die Absicherung der Angebote des Zweiten Bildungsweges und für die versprochene Dynamisierung der Förderung. Diese muss aus Sicht der Weiterbildung im Gesetz verankert werden. Das ausführliche Anhörungsprotokoll wird in Kürze auf der Seite des Landtags erscheinen. Eine Verabschiedung des Gesetzes könnte noch vor der Sommerpause erfolgen.

Termine:

LAG Bildung:

12.06.2020, 10 Uhr, in Oberhausen

Kontakt: https://gruene-nrw.de/gliederung/lag-schule-bildung/

BAG Bildung  (voraussichtlich)

25.06.2021 digital von 14.00-18.00 Uhr

27./28.08.21 in Hofgeismar

Und zum guten Schluss…

in dieser Woche gibt es interessante Webangebote, die mehr als einen Blick lohnen:

17.-21. Mai Vierte Public Climate School

Die Public Climate School (PCS) bringt Klimabildung in Schule, Uni und Gesellschaft. Eine Woche lang präsentieren Students for Future Gruppen aus ganz Deutschland ein breites Programm und zeigen auf, wie sie sich die Bildung der Zukunft vorstellen. Die vierte Public Climate School findet vom 17.- 21.05.2021 als Teil der BNE-Wochen der UNESCO-Kommission statt. https://publicclimateschool.de/

18.-21.Mai Themenwoche zu diversitätssensibler Schulentwicklung

Die schulische Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte und aus sozial deprivierten Lagen sowie damit zusammenhängende Mehrfachdiskriminierungen haben strukturelle Ursachen. Diese Ungleichheiten wurden bereits lange vor der Pandemie im Bildungssystem reproduziert. Die Bildungspolitik spielt eine zentrale Rolle dabei, hier gegenzusteuern. Doch auch pädagogische Fach- und Lehrkräfte, Schulleitungen, Mitarbeitende in der Lehrkräftebildung und der Bildungsverwaltung können durch eine Bewusstwerdung der eigenen Haltung und Werte dazu beitragen, Schule ungleichheitssensibler und chancengerechter zu gestalten.

Das Programmbüro Vielfalt entfalten – Gemeinsam für starke Schulen bietet an jedem Tag der Woche ab 16 h eine digitale Fachveranstaltung „Vielfalt im Gespräch“.

Nähere Information und Anmeldung: https://www.vielfalt-entfalten.de/themenwoche-zu-diversitaetssensibler-schulentwicklung

Am 09.06.2021 lädt das Programmbüro ein zum Fachgespräch  „Vielfalt im Gespräch“ mit Meral El zur Umsetzung von Diskriminierungsschutz in Schulen. Weitere Informationen und die Anmeldung: https://www.vielfalt-entfalten.de/vielfalt-im-gespraech.

Mehr zum Thema

Schule, Weiterbildung