Sigrid Beer: Pluspunkt Bildung Juni 2018

Newsletter

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
CDU und FDP feiern sich nach einem Jahr Regierung, aber sie liefern nicht – vor allem nicht in Bildungspolitik. Dafür erleben wir viele rückwärtsgewandte Diskussionen. Egal ob Hauptschulen, Ganztag, Grundschulempfehlungen, Inklusion, Integration….
Der Fokus geht auf das Gymnasium, während die Grundschulen, die Offenen Ganztagsgrundschulen, die Integrierten Schulen, die Grundschul- und SEK I-Kolleg*innen auf verbindliche Zusagen warten, ebenso wie Fachlehrkräfte oder Technische Lehrkräfte.
Im politischen Diskurs ist die Ministerin kaum wahrnehmbar. Entweder hat sie offensichtlich nichts zu sagen – wie in der Kopftuchfrage bei Grundschüler*innen. Das gilt in mehrfachem Sinne. Oder sie verweist auf Eckpunkte, die in Arbeit seien. Konkretes und Verbindliches fehlen in allen maßgeblichen Feldern. Und auch beim Schulgesetz G9 wissen wir noch nichts zur Ausbildungs- und Prüfungsordnung oder neuen Stundentafel. Schließlich sind auch andere Schulformen in vielfältiger Weise berührt.
Weltbeste Bildung erreicht man eben nicht mit der Aufstockung der Planung von 30 auf 60 „Talentschulen“ (bei immerhin mehr als 5100 staatlichen Schulen in NRW)  – zu denen es auch noch nichts Substantielles gibt.
Es gilt also in allen Bereichen „dran zu bleiben“.
Ihre/Eure
Sigrid Beer 


Inhalt:
·         G9: Gutachten zur Beurteilung der kommunalen Kosten
·         Belastungsausgleich Inklusion
·         Bündnis für Inklusive Bildung NRW gegründet
·         Inklusion: Bundesregierung muss UN-Auftrag umsetzen
·         Die Wiederauferstehung der Verbundschule
·         Sozialarbeit an Schulen
·         Schulleitung an Bekenntnisschulen: Wieviel katholisch muss ein?
·         Gedenkstättenfahrten: Zuschüsse für 2019 schon jetzt beantragen
·         Landtag will Schulen im Kampf gegen Cybergewalt unterstützen
·         Digitaloffensive Schule NRW
·         Masterplan Grundschule lässt weiter auf sich warten
·         Mittelabruf „Gute Schule 2020“
·         Kopftuchverbot in Grundschulen und Kindertagesstätten?
·         AfD polemisiert gegen Gemeinsames Lernen
·         Lehrer müssen eigene Position deutlich machen können
·         Berufliche Bildung – Berufskollegs
·         Webinare
·         Termine

G9: Gutachten zur Beurteilung der kommunalen Kosten
Wie im letzten Newsletter ausführlich berichtet, hat die Landesregierung nun mit einiger Verzögerung den Gesetzentwurf zu G9 eingebracht. Mittlerweile haben zahlreiche Expert*innen Stellungnahmen zum Gesetzentwurf eingereicht – unter anderem in einer siebenstündige Anhörung. Nicht nur das Wegducken vor einer klaren Leitentscheidung für G9 wird von Vertreter*innen von Schüler*innen, Lehrkräften und Kommunen kritisch beurteilt.
Mittlerweile hat die Landesregierung auch das Gutachten vorgelegt, mit dem die Kosten berechnet wurden, die die Rückkehr zu G9 vor Ort verursacht. Dabei geht es nicht nur um zusätzliche Klassenräume, sondern auch um Schülerfahrtkosten, Lernmittel und nicht lehrendes Personal. Wir setzen uns bekanntermaßen dafür ein, dass diese Aufwendungen vom Land und nicht von den Kommunen getragen werden müssen.
Das Ergebnis stimmt nicht mit den schon vorliegenden Rückmeldungen aus Kommunen überein. Das Gutachten geht von lediglich 518 Millionen Euro einmaligen Kosten aus und rechnet zum Beispiel unrealistisch mit nur sechs notwendigen Neubauten – für ganz NRW. Unter anderem mit Blick auf die regionalen Unterschiede bei den Baukosten und Erweiterungsmöglichkeiten der Gymnasien muss das Gutachten nun genau ausgewertet werden und die Landesregierung sich schnellstmöglich mit den Kommunalen Spitzenverbänden einigen.
Das Geld kann nicht erst zum Ende des G9-Aufbaus fließen, sondern muss dann schon verbaut sein. Deshalb muss Schwarz-Gelb in Bezug auf die Höhe der Mittel Klarheit schaffen und bereits in den kommenden Haushalt einstellen, damit sie abrufbar sind. Klar ist auch, dass CDU und FDP mit Verweis auf die Schulpauschale nicht bei der Übernahme der jährlich wiederkehrenden Betriebskosten für Lernmittel, Fahrkarten und beispielweise Sekretariate tricksen dürfen. Auch diese auf je mindestens 31 Millionen Euro taxierten Ausgaben müssen vom Land extra übernommen werden. Spannend wird zudem sein, ob Schwarz-Gelb bei einem möglichen Anstieg der Schülerzahlen am Gymnasium durch G9 finanziell nachsteuert.
Belastungsausgleich Inklusion
Im Zuge des Belastungsausgleichs für das Inklusionsgesetz erhalten die Kommunen Gelder für die originären Schulträgeraufgaben wie bauliche Maßnahmen oder Ausstattung. Es gibt aber auch Unterstützung für personelle Aufwendungen (z.B. Inklusionsassistenz unabhängig vom individuellen Rechtsanspruch gemäß Sozialgesetz). Wir haben nach den gemeindescharfen Zahlen gefragt. Hier die aktuelle Antwort der Landesregierung.
Bündnis für Inklusive Bildung NRW gegründet
Am 18. Juni hat sich ein neues Bündnis der Presse vorgestellt. Eltern, Lehrkräfte und Schüler*innen haben sich zusammengeschlossen. Stellvertretend für die 36 Organisationen haben die GEW, die Landesschüler*innenvertretung und die Elterninitiative „Gemeinsam leben, Gemeinsam lernen“ das Bündnis der Presse vorgestellt. Für die Grünen habe ich das so kommentiert: Wir begrüßen das breite Bündnis von Eltern, Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern, das sich klar zur Inklusion bekennt und ein ebensolches Bekenntnis der Landespolitik einfordert. Die Sorge des Bündnisses, dass die Richtung nicht mehr stimmt, teilen wir. So intensiv die Regierung das Thema G9 verfolgt hat und 2200 neue Lehrerstellen dafür zur Verfügung stellt, so wenig kümmert sie sich um Inklusion. Der Fachbeirat Inklusion des Ministeriums hat unter Schwarz-Gelb bislang nicht einmal getagt, die versprochenen Eckpunkte für eine Neuaufstellung der Ressourcen liegen bis heute nicht vor. Während Förderschulen einen verlässlichen Schlüssel personeller Ressourcen erhalten, müssen die Regelschulen nehmen, was übrig bleibt. Die Zuweisungen von Kindern zu den integrierten Schulen steigen, während sich vor allem Gymnasien ermuntert fühlen, aus Inklusionsprozessen auszusteigen. Das alles, bevor neue schulrechtliche Grundlagen überhaupt vorgelegt werden und Ressourcen verlässlich bereitgestellt werden. Die Forderung eines konkreten Stufenplans zur Verbesserung der personellen Grundausstattung und der systematischen Fortbildung aller Beteiligten erachten auch wir für notwendig.
Um den kritischen Diskurs ins Parlament zu holen, habe wir Grünen den Antrag gestellt, die Ergebnisse des Inklusionsmonitorings durch die Konsultation der Monitoring-Stelle der UN-BRK in NRW zur Weiterentwicklung der Inklusion unmittelbar im Landtag zu diskutieren. Das ist am 5.9. nun auf unsere Initiative hin auch so angesetzt. Hier vorab schon einmal die Stellungnahme von mittendrin e.V. .
Zu unserem Antrag meine Plenarrede vom 25.4.18 hier.
Inklusion: Bundesregierung muss UN-Auftrag umsetzen
Die Bundesregierung muss endlich den Auftrag der Vereinten Nationen umsetzen und gemeinsam mit den Ländern eine Strategie und einen Zeitplan entwickeln, um das deutsche Bildungssystem zu einem inklusiven System umzubauen. Und auch der Bund ist gefordert, in den Prozesse zu investieren, z. B. durch Übernahme der Schulbegleitung.
Hier die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zur Inklusiven Bildung der Grünen Bundestagsfraktion und deren Auswertung dazu.
Die Wiederauferstehung der Verbundschule
CDU und FDP haben in einem Antrag eine Überarbeitung des §132c des Schulgesetzes gefordert. Dahinter verbirgt sich die Möglichkeit, an Realschulen auch Schüler*innen in einem Hauptschulbildungsgang bei innerer Differenzierung zu unterrichten. Das wurde 2015 eingeführt, damit Kinder nicht an andere Schulen weitergereicht werden, sondern in der Schule, in der sie aufgenommen wurden, ihren Schulabschluss machen können. Die Schülerschaft an Realschulen und Gymnasien ist längst heterogener geworden. Auch diese Schulformen sind gefordert, eine Pädagogik der Vielfalt zu entwickeln für die ihnen anvertrauten Schüler*innen.
Die integrierten Schulformen haben sich zu Recht gegen die starke Zunahme von Abschulungen gewehrt. Einer „Kultur des Behaltens“ folgend wurde deshalb der §132c eingeführt. Das war auch mit der CDU als Partner des Schulkonsenses abgestimmt. Eine ähnliche Regelung für Gymnasien wäre sinnvoll gewesen, war politisch aber nicht durchsetzbar. Nun wollen CDU und FDP über eine stringente äußere Differenzierung ein Hauptschulreanimierungsprogramm auflegen. Das ist nichts anderes als eine Verbundschule aus Hauptschul- und Realschulklassen unter einem Dach. Das Modell ist nicht neu, sondern war der hilflose Versuch der alten schwarz-gelben Regierung 2005-10 dem Willen nach Neugründung integrierter Schulformen zu begegnen. Keine der damals gebildeten Verbundschulen hat überlebt. Der Mangel an Schüler*innen hat die Bildung von entsprechenden Klassen immer wieder verhindert und die Verbundschulen liefen sehr instabil. Zumeist wurden sie in Sekundarschulen mit integrierter Form umgewandelt. Doch die Redner*innen der Koalition scherte das nicht. Für sie ist rot-grün am Hauptschulsterben schuld, obwohl es schon unter schwarz-gelb dramatische Einbrüche im Elternwahlverhalten gegeben hat. Die CDU hat sich damit faktisch vom Schulkonsens verabschiedet und ist auch konzeptionell zu 2010 zurückgekehrt.
Weiterentwicklung ist notwendig – allerdings nicht zurück in die Vergangenheit:
Starke Sekundarschulen müssen in Gesamtschulen weiterentwickelt werden, andere als Teilstandorte von Gesamtschulen attraktiver werden. Begleitet von einem intensiven Fortbildungsprogramm und Coaching sollten Realschulen sich direkt in Gesamtschulen umwandeln können. Integrierte Schulen müssen durch zusätzliche Ressourcen gestärkt werden.
Meine Plenarrede dazu vom 13.06.18 hier
Sozialarbeit an Schulen
Sozialarbeit an Schulen ist ein immer wichtigerer Baustein, um sozialer Benachteiligung zu begegnen und Chancengleichheit herzustellen. Gerade angesichts der Herausforderungen aus Inklusion und Integration ist Schulsozialarbeit unverzichtbar. Das gilt für alle Schulformen. Lehrkräfte brauchen die Unterstützung der besonderen Expertise für die vielfältigen Aufgaben bis hin zur Elternarbeit.
Soweit besteht Einigkeit zwischen schwarz-gelb und rot-grün und zwischen Land und Kommunen, aber bei der Finanzierung klemmt es. Rot-Grün hatte 2014 landesseitig dafür gesorgt, dass die Schulsozialarbeit, die aus BuT-Mitteln (Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes) finanziert worden war, weitergeführt werden konnte, als sich der Bund ohne Ersatz aus seiner Verantwortung zurückgezogen hat.
Weder CDU noch SPD haben in der Groko nun erneut nicht geliefert. Der neue Koalitionsvertrag auf Bundesebene hat die Verantwortungslosigkeit fortgeschrieben.
Umso wichtiger ist es, dass das Land jetzt klare Perspektiven für eine dauerhafte Sicherung der Stellen schafft, damit die einzelnen Fachkräfte wie die Träger Planungssicherheit haben. Doch auch nach zwei Expertenanhörungen im Landtag, in der von vielen Seiten die Notwendigkeit der Sicherung der Schulsozialarbeit und deren weiterer Ausbau betont wurden, sind die Anträge der Opposition in der letzten Woche final abgelehnt worden.
Zuletzt sorgte für Ärger, dass die Bezirksregierungen zu lange auf die Weisungen vom Ministerium warten mussten, sodass die Bedingungen für Weiterbeschäftigungen auf der kommunalen Ebene ggf. klarer würden. Es ist längst so, dass sich die Sozialarbeiter*innen dann feste Stellen in anderen Bereichen suchen, z. B. beim begrüßenswerten Ausbau multiprofessioneller Stellen im Schulbereich.
Der Sozialminister bleibt bei der Befristung. der BuT-Stellen. Wir bleiben dran.
Meine Plenarrede dazu vom 15.06.18 hier
Schulleitung an Bekenntnisschulen: Wieviel katholisch muss ein?
In der Vergangenheit konnten Stellen an Bekenntnisschulen oftmals nicht besetzt werden, weil Bewerber*innen nicht die entsprechende Konfession hatten. 2015 wurde das Schulgesetz dahin gehend geändert, dass Ausnahmen zur Sicherung der Unterrichtsversorgung davon möglich sind. Das betrifft Lehrkräfte und stellvertretende Schulleitungen. Damit muss nur noch die Schulleiterin oder der Schulleiter zwingend dem jeweiligen Bekenntnis angehören. In der seinerzeitigen Expertenanhörung wurden diese Regelungen als verfassungsrechtlich möglich angesehen, da mit der Schulleitung die konfessionelle Ausrichtung der Schule ausreichend gesichert sein kann. Eine Ausnahme auch bei Schulleitungen wurde dagegen als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen.
Die staatliche Bekenntnisgrundschule ist neben der Gemeinschaftsgrundschule in der Landesverfassung verankert, das begründet den besonderen Status. Die letzten schulrechtlichen Änderungen konnten auch im Einvernehmen mit den Kirchen erzielt werden. Für eine Verfassungsänderung gab es keine Mehrheiten, da die FDP sich verweigert hatte.
Mit Hinweis auf diese Rechtslage wurde deshalb die Übertragung der Schulleitung der Josefschule in Borken an den stellvertretenden Schulleiter, der evangelisch ist, von der Bezirksregierung untersagt. In einem ähnlichen Fall, der Josefschule in Gladbeck wurde nun aber eine evangelische Bewerberin mit der Leitung betraut. Ich habe die Landesregierung deshalb in einer Kleinen Anfrage hierzu befragt. Denn das Schulgesetz ist klar, und es stellt sich vielmehr die Frage, ob nicht eher eine Umwandlung in eine Gemeinschaftsgrundschule vorzunehmen ist, wenn die schulrechtlich vorgegebene Besetzung der Schulleitung an einer Bekenntnisgrundschule über längere Zeit nicht besetzt werden konnte.
Mittlerweile wurde in Borken die Besetzung analog zu Gladbeck möglich. Ich bin gespannt auf die Antworten zu diesen Vorgängen.
Gedenkstättenfahrten: Zuschüsse für 2019 schon jetzt beantragen
Das Thema Gedenkstättenfahrten ist nicht nur wichtig, weil immer weniger Zeitzeug*innen authentisch berichten können, sondern auch angesichts der Tatsache, dass es in diesem Land leider immer häufiger von rechter Seite Bestrebungen gibt, die Erinnerungskultur als „Schuldkultur“ zu diffamieren, eine 180-Grad-Wende zu fordern oder den Holocaust als „Vogelschiss“ zu werten.
Für Schulministerin Sylvia Löhrmann war die Erinnerungskultur ein besonderes Anliegen auch in ihrer Eigenschaft als KMK-Präsidentin. Sie selber ist mehrfach mit Schulgruppen nach Auschwitz gefahren. Von daher freuen wir uns, dass es im Parlament eine breite Mehrheit der demokratischen Parteien in dieser Frage gibt und Befürchtungen, dass hier Mittel gekürzt würden, nicht zutreffen. Wir freuen uns über jede Schule bzw. Klasse, die sich im wahrsten Sinne auf den Weg macht. Wir möchten gerne, dass sich die Fördermittel am Bedarf orientieren. Keine Schule soll auf eine Auschwitzfahrt verzichten müssen, weil die Mittel nicht mehr ausreichen. Nun gab es Irritationen, was mit Fahrten ist, die im Frühjahr 2019 stattfinden. Sie werden jetzt geplant und kalkuliert, aber im Gegensatz zu Schulfahrten, war nicht klar, ob die Mittel auch jetzt schon beantragt werden können. Wir haben dazu einen Bericht der Landesregierung angefordert und erfreulicherweise hat das Ministerium mit einer Schulmail am 19.06. reagiert und klargestellt, dass auch für Fahrten, die erst im 1. Halbjahr 2019 stattfinden werden, Mittel beantragt werden können. Antragsfrist ist der 31.12.2018.
Landtag will Schulen im Kampf gegen Cybergewalt unterstützen
Nach dem Gespräch mit Lukas Pohland, einem 13-jährigen Schüler aus Schwerte und seinen persönlichen Erfahrungen mit Cybermobbing hatten wir einen Antrag im Landtag eingebracht, um Schulen im Kampf gegen Cybergewalt zu unterstützen. Wir hatten den anderen demokratischen Fraktionen angeboten, das gemeinsam zu machen, aber sie hielten sich zunächst bedeckt. Nach der beeindruckenden Anhörung zu dem Thema, bei der alle geladenen Expert*innen den Antrag unterstützten, wollen sich nun CDU, SPD, FDP und Grüne auf einen gemeinsamen Antrag verständigen, so dass noch vor der Sommerpause ein entsprechender Beschluss gefasst werden kann.
Digitaloffensive Schule NRW
„Schulen sollen Leuchttürme digitaler Ausstattung werden“, so CDU und FDP. Wenn ein bisschen „pädagogische Begleitung“ dann als notwendig erachtet wird, wird die Aufgabe verkannt. Wie wird eine informatorische Grundbildung für alle Schüler*innen auf den Weg gebracht? Wie kann die Digitalisierung für das Lernen und individuelle Förderung fruchtbar gemacht werden?
Das Leben und Lernen in der digitalen Gesellschaft wird zur klaren Leitperspektive schulischer Entwicklung, um bildungsgerecht allen Kindern und Jugendlichen Zukunftsperspektiven in der digitalen Welt zu eröffnen. Informatisches Wissen und informatische Grundbildung gehören heute zum Weltwissen, und das erschließt die Welt. In einem gemeinsamen Antrag mit den Piraten hatten wir schon vor mehr als einem Jahr den Weg geebnet. Jetzt sind CDU und FDP immer noch in der Suchbewegung. So ist z. B .derzeit offen, wie der Landtagsbeschluss umgesetzt wird, das Projekt „Informatik an Grundschulen“ gezielt für die verbindliche Aufnahme von Lerninhalten der informatischen Allgemeinbildung in den Unterricht der Grundschule zu nutzen.
Die Transformation von der Industrie- zur Informationsgesellschaft braucht einen begleitenden kritischen gesellschaftlichen und medienpolitischen Diskurs sowie die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Kreativität und Gestaltungskompetenzen.
Gleichzeitig bringt die Debatte Datenschutz- und Haftungsfragen bei der Nutzung von privaten digitalen Geräten die Kolleg*innen auf die Palme und löst Unruhe in den Schulen aus.
Im September wird eine Anhörung das Thema Digitalisierung wieder beleuchten. Ausgangspunkt ist ein Antrag der SPD, der das Land auffordert, alle Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten auszustatten. Dabei sind die Fragen der zuständigen Kostenträger nicht geklärt.
Muss das Land die Konsequenzen mit der Aufgabenzuteilung an die Lehrkräfte finanziell tragen oder sind die Schulträger als „Schulausstatter“ zuständig. Und was bedeutet das für die Arbeitsbedingungen der Lehrkäfte bei der unterschiedlichen Handhabung und Finanzkraft in den Kommunen.
Ich habe deshalb ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Landtags angefordert, um zu klären, welche Rolle das Land als Arbeitgeber spielt. Aber nicht nur die Ausstattung, auch der Service/Wartung/Haftung und die Infrastruktur sind zu beleuchten.
Die zentralen pädagogischen und didaktischen Fragen sind aber vorab zu klären. Der Einsatz von digitalen Medien ist schließlich kein Selbstzweck und auch nicht per se „heilbringend“.
Masterplan Grundschule lässt weiter auf sich warten
Im Koalitionsvertrag war das ein großes Versprechen: Mit einem Masterplan Grundschule wolle man sich besonders dieser Schulform widmen. Gerade hier waren die Themen fehlende Stellen und Leitungen ein wichtiges Thema vor der Wahl. Nun ist die Situation nicht wirklich besser geworden, die angekündigten Maßnahmen bleiben aber aus. Auch bei den Talentschulen in den sozial benachteiligten Stadtteilen gehen die Grundschulen leer aus. Zuerst 30, nun 60 Schulen sollen besonders gefördert werden. Bewerben dafür können sich aber nur weiterführende Schulen. Begründung: Für die Grundschulen gebe es ja den Masterplan. Schön wär’s.
Wir bereiten jetzt als Grüne einen Antrag vor, der die aktuellen Diskussionen in den Lehrer-, Eltern- und weiteren Fachgremien einbezieht.
Mittelabruf „Gute Schule 2020“
In der Landtagsvorlage 17/774 wird über den Stand des Mittelabrufs zum 31.03.2018 informiert. Danach waren zum Stichtag ca. 25 Prozent von der theoretisch bis dahin abrufbar gewesenen einen Milliarde Euro tatsächlich abgerufen worden (siehe Vorlage aufgeschlüsselt nach Kommunen).
Kopftuchverbot in Grundschulen und Kindertagesstätten?
Da war doch noch etwas… Keine Problemanzeigen. Keine Störungen des Schulfriedens. Die Schulministerin will kein Schulgesetz zwecks „Kopftuchverbot für Grundschülerinnen“. Richtig so. Ministerin Gebauer muss allerdings erst durch hartnäckiges Nachfragen gezwungen werden, überhaupt Stellung zu beziehen. Ein bemerkenswerter Vorgang. Es geht um die Schule – und die Schulministerin ist nicht nur sprachlos. Sie hat auch nicht mehr die Federführung in Kernfragen für die Schule.
Die von Integrationsstaatssekretärin Serap Güler losgetretene Debatte ist aus der Luft gegriffen und eine Symboldebatte. Ihre Behauptung, in Kindertagesstätten und Grundschulen würden immer mehr muslimische Mädchen ein Kopftuch tragen, lässt sich nicht belegen. Die Rückmeldungen aus Schulen zeigen: Schulleitungen und Lehrkräfte setzen sich intensiv mit den Eltern auseinander, wenn es zu Konflikten kommt, Teilhabe von Mädchen eingeschränkt wird. Diese Arbeit muss unterstützt werden. Mehrere Lehrerverbände haben ein Verbot als kontraproduktiv für ihre pädagogische Arbeit abgelehnt. Der wissenschaftliche Gutachterdienst des Bundestages hat die Frage eines solchen Kopftuchverbots untersucht und aufgezeigt, wie hoch die verfassungsrechtlichen Hürden sind. Es geht um den Eingriff in Grundrechte wie Religionsfreiheit und Elternrechte. Ohne konkreten Nachweis der Gefährdung des Schulfriedens ist das nicht vorstellbar. Ein solches Gesetz, das offensichtlich nun außerhalb des Schulministeriums und des Bezugs Schule von der Landesregierung geprüft wird, würde wohl vom Verfassungsgericht kassiert werden, aber bis dahin schon erheblichen Schaden angerichtet haben – ohne einen Beitrag zur notwendigen emanzipatorischen Debatte zu leisten.
AfD polemisiert gegen Gemeinsames Lernen
Die Plenardebatte hinsichtlich Schulsozialarbeit (s.o.) hat der Abgeordnete Seifen von der AfD dazu benutzt, gegen das Gemeinsame Lernen zu polemisieren und bezüglich der Schulen des Gemeinsamen Lernens von unverantwortlicher Schulpolitik zu sprechen. Die Ursache an der „Misere“ in den Schulen sei der Umbau des „mehrgliederigen Schulsystems mit seinem begabungsgerechtem Angebot und Schulen des Gemeinsamen Lernens gründen zu lassen…Gesamtschulen, in denen  laufen gruppendynamische Prozesse vollkommen anders ab, zum Teil lebendiger, zum Teil ungeordneter, ja manchmal kann man sogar sagen, zum Teil aggressiver. Und das liegt nicht etwa an den Schülern und Lehrern, sondern das liegt daran, dass dort manchmal, besonders häufig der Erziehungsstil des laissez-faire ausgeübt wird, das liegt daran, dass Schüler nicht in stabilen Klassen unterrichtet werden…. das liegt daran, dass auch in den integrierten Klassen die Begabungsschere soweit auseinander geht, dass ein gemeinsames geistiges Arbeiten nur schwer möglich ist und ständig Sondergruppen gebildet werden müssen, in denen die Schüler relativ isoliert sitzen…“
Hier dokumentiert die AfD einmal mehr, dass sie in der Schulpolitik im letzten Jahrtausend stecken geblieben ist.
Lehrer müssen eigene Position deutlich machen können
Lesenswert ist der Gastbeitrag von Helmut Däuble in der FR vom 16.6.18 . Demnach hat die „AfD Hamburg eine Online-Plattform eingerichtet, auf der Schülerinnen und Schüler Lehrkräfte melden sollen, die durch „Hetze, Stimmungsmache und Falschbehauptungen“ gegenüber der AfD aufgefallen seien. Solche Lehrkräfte – so wird behauptet – „verstoßen dabei gegen das Neutralitätsgebot“, weswegen sie, wie auch immer, zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Der schulpolitische Sprecher der AfD in der Hamburgischen Bürgerschaft, Alexander Wolf, lässt sich auf dieser Meldeplattform zitieren, es gäbe „unter den Hamburger Lehrern und Mitarbeitern der Schulbehörde immer wieder verblendete Ideologen, die politische Bildung mit politischer Indoktrination verwechseln“.“ In dem Gastbeitrag kommt Däuble am Ende seiner Ausführungen zu dem Schluss, dass „eine Lehrkraft im Unterricht ihre eigene Position jedoch deutlich machen können muss, etwa dass sie die migrationspolitische Haltung der AfD nicht teilt oder gar intensiv ablehnt. Das ist keine Verletzung des Neutralitätsgebots, solange diese Sichtweise nicht absolut gesetzt wird und andere Wertungen durch Lernende keinerlei Nachteile mit sich bringen.“
Auch in NRW versucht die AfD bekannte grüne Schulpolitiker*innen, die von Beruf Lehrkräfte sind, mit Dienstaufsichtsbeschwerden einzuschüchtern und unter Druck zu setzen. Angesichts der zu beobachtenden Radikalisierung der AfD in den Parlamenten, so auch in unserem Bundesland, kann sich niemand mehr rausreden, man habe ja nicht gewusst…
Berufliche Bildung – Berufskollegs
Die für den Juni geplante Veranstaltung zur Weiterentwicklung der Berufskollegs verschieben wir, da die vorbereitenden Gespräche mit Verbänden noch nicht abgeschlossen sind.
Webinare
Das Webinar zum Thema Konnexität bei der Rückkehr zum G9 war ein sehr guter Auftakt für das neue Format. Ich werde die Webinare demnächst häufiger anbieten, um schnell, kompakt und unkompliziert sowie gut für alle erreichbar wichtige Informationen von der Landesebene verfügbar zu machen.
Termine
BAG Bildung:
02.-03.11.2018 in Würzburg
LAG Bildung:
15.09.18 in Düsseldorf
Weiterbildungskonferenz des Landtags:
27.06.2018  10-14 Uhr im Landtag
Bündnis länger gemeinsam lernen: Bildungspolitisches Forum in Villigst
17.09.18 , 17.30 -20.30 Uhr
Gut ein Jahr nach der Landtagswahl ist es Zeit, eine erste Zwischenbilanz zu ziehen. Die Schulpolitik steht vor großen Herausforderungen: Wie geht es mit der Inklusion in den Schulen in NRW weiter? Welche Konzepte gibt es für die Beschulung und Integration von Zuwanderungskindern? Welche Relevanz hat die Bildungsgerechtigkeit für die NRW-Schulpolitik?
http://bestes-lernen.de/aktuell/bildungspolitisches-forum-in-villigst/
Bildungspolitischer Austausch der Grünen Landtagsfraktion:
25.09.2018  16.30-19.30 Uhr Zukunft der Weiterbildung.

Die An- und Abmeldung vom Newsletter ist jederzeit möglich mit einer Mail an: petra.tebbe@landtag.nrw.de

Mehr zum Thema

Schule, Weiterbildung