Selbstbestimmungsrecht in der Intensivpflege nicht einschränken

Kommunalinfo

Liebe Freundinnen und Freunde,
kurz vor der geplanten zweiten Lesung des „Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz“ (IPReG) im Bundesrat im September, wurde unser Antrag „Selbstbestimmung bei Intensivpflege achten – Reha- und Intensivpflege menschenrechtskonform gestalten“ im Landtag debattiert.
Über 19.100 Menschen in Deutschland, die Intensivpflege benötigen, werden in ihrer gewohnten Umgebung ambulant versorgt. In den letzten Monaten haben sie große Ängste ausgestanden, denn die Bundesregierung hatte einen Gesetzentwurf zur Reformierung der Reha- und Intensivpflege vorgelegt, der vorsah, dass Menschen mit Intensivpflege-Bedarf nur in Ausnahmefällen zu Hause versorgt werden dürfen.
Der Protest von Betroffenen und Verbänden war groß und hat zu verschiedenen politischen Initiativen geführt. Unsere Fraktion brachte den oben genannten Antrag ein. In einer schriftlichen Sachverständigen-Anhörung waren sich die Expert*innen einig, dass das Selbstbestimmungsrecht und die freie Wahl des Wohnortes nicht eingeschränkt werden dürfen. Die Stellungnahmen sind hier zu finden.
Nach einem immer noch heftig kritisierten überarbeiteten Gesetzentwurf hat der Bundestag im letzten Moment Änderungen beschlossen, die zwar die Bestimmungen deutlich abmildern, für uns aber noch immer nicht akzeptabel sind. Nun heißt es in Bezug auf die Wahl des Wohnortes „Berechtigten Wünschen der Versicherten ist zu entsprechen.“ Neu eingefügt wurde, dass die intensivpflegebedürftigen Menschen, die in der eigenen Häuslichkeit gepflegt werden wollen, gewährleisten müssen, dass die medizinische und pflegerische Versorgung sichergestellt wird. Damit greift das Gesetz immer noch in die Selbstbestimmungsrechte behinderter und pflegebedürftiger Menschen ein, wenn auch deutlich schwächer, als von der Bundesregierung vorgesehen. Zudem bricht das IPReG mit dem Grundsatz, dass die Krankenkassen die Versorgung sicherstellen müssen, was für uns nicht hinnehmbar ist. Die Neuregelung wird in der Praxis bei den auf Intensivpflege angewiesenen Menschen zu großer Unsicherheit führen und zahlreiche Konflikte zwischen Krankenkassen und Versicherten provozieren.
Deshalb haben wir zu unserem ursprünglichen Antrag den Entschließungsantrag „Keine Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts in der Intensivpflege“ gestellt, indem wir die Landesregierung auffordern, sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen in der Wahl des Wohnortes uneingeschränkt gilt und dass die Krankenkassen verpflichtet werden, ihrem Sicherstellungsauftrag nachzukommen und gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, ohne dass sich dies zu Lasten der intensivpflegebedürftigen Person auswirkt.
Obwohl die demokratischen Fraktionen im Landtag während der Auswertung der Anhörung deutlich gemacht haben, dass sie ebenfalls Änderungsbedarf sehen, haben CDU und FDP sich nicht zu einem gemeinsamen Antrag durchringen können und unseren Antrag sowie den Entschließungsantrag bei Enthaltung der SPD abgelehnt. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Betroffenen über den ganzen Zeitraum des Verfahrens große Ängste ausgestanden haben, ist es sehr bedauerlich, dass aus NRW kein gemeinsames Zeichen gesetzt werden konnte.

Für Rückfragen stehen Euch unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Soziales, Gesundheit, Pflege und Alter, Cornelia Schröder (cornelia.schroeder@landtag.nrw.de, 0211/884 2878)  und ich gerne zur Verfügung.

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