Schule und Corona – sowie Neues zum Stichwort Einschulung

Kommunalinfo

Liebe Freundinnen und Freunde,
die Corona-Pandemie stellt das Bildungssystem vor nie gekannte Herausforderungen. Die Schließung der Kitas, Schulen, Hochschulen, Volkshochschulen und anderer Bildungseinrichtungen war ein harter aber notwendiger Schritt, um die Ausbreitungsgeschwindigkeit so zu verlangsamen, dass unser Gesundheitssystem nicht überlastet wird. Es ging und geht um die Rettung von Menschenleben. Bei überlasteten Intensivstationen sind nicht nur Corona-Patient*innen gefährdet, sondern alle, die Hilfe benötigen.
Ihre/Eure
Sigrid Beer

Wir wollen Euch hier über wichtige Aspekte informieren:

  • Bildung weiter ermöglichen
  • Bildungsungerechtigkeit verschärft
  • Schulbetrieb – Ab wann?
  • Prüfungen verschieben oder notfalls aussetzen
  • Corona-Gesetz in der Beratung
  • Osterferien
  • Fatales Signal an die Ersatzschulen
  • Infektionsschutz in den Schulen
  • Infos des Schulministeriums
  • Angebot des WDR
  • Regelungen für die Weiterbildung
  • Lesenswert!
  • Nicht nur an Abschlüsse denken, sondern auch an den Schulbeginn- Einschulungsstichtag flexibilisieren!

Bildung weiter ermöglichen
Gleichzeitig soll – soweit das möglich ist – Bildung weiter ermöglicht werden. Und das ist schwierig genug. Es war ein falsches Zeichen, dass Ministerpräsident Laschet verkündete, die Schulpflicht sei ab dem 16.März aufgehoben. Der herkömmliche Unterricht wurde ausgesetzt.
Kitas und vor allem Grundschulen sind weiter geöffnet für diejenigen Kinder, deren Eltern in kritischen Infrastrukturen arbeiten und keine Betreuung organisieren konnten. Von dieser Möglichkeit müssen weniger Eltern Gebrauch machen, als erwartet.
Für die Schülerinnen und Schüler, die zu Hause sind, organisieren die Lehrkräfte, so gut es geht, Aufgaben und bieten Unterstützung und Feedback – per Telefon, Email, Chat oder online. Die Corona-Krise hat uns ins digitale Lernen katapultiert. Einige Kommunen waren schon gut ausgerüstet, bei anderen fehlte es noch an Hard- oder Software. Auch bei den Schulen gab und gibt es einen sehr unterschiedlichen Stand. Es gibt Lehrkräfte, die an das anknüpfen können, was sie schon zuvor an digitalen Möglichkeiten nutzten, für andere ist es Neuland. Der WDR ergänzte sein Programm und bietet Sendungen für Schüler*innen an (siehe unten).
Den Lehrkräften gebührt großer Dank. Sie sind sehr engagiert und bemühen sich, Lernen auch auf Distanz zu ermöglichen. Sie bereiten Aufgaben vor, halten Kontakt per Mail, Chat oder telefonisch.
Bildungsungerechtigkeit verschärft
Denn gerade jetzt zeigt sich, dass die Frage, wie Kinder und Jugendliche zuhause lernen können, auch eine Gerechtigkeitsfrage ist. Das ist eine Frage der räumlichen Situation, wie auch der digitalen Ausstattung und Hilfestellung sowie der Unterstützung im Lernen, die alle vom Elternhaus abhängen. Hinzu kommt für viele Kinder und Jugendliche, dass sie sich sorgen um die Großeltern, verstärkt aufpassen müssen auf die Geschwister und auch die Sorgen um die wirtschaftliche Zukunft der Eltern mitbekommen. Oder sie müssen sich Geräte teilen  mit den Eltern, die im Home-Office arbeiten. Die Schulen kennen die prekären Lebenslagen „ihrer“ Kinder. Sie wissen, dass für manche Kinder das Essen in der Ganztagsschule die einzige verlässliche Mahlzeit darstellt.
Im Verbund mit dem Netzwerk der kommunalen Jugendhilfe, der Schulsozialarbeit und der Freien Wohlfahrtspflege müssen die Kinder und ihre Familien Unterstützung erfahren. Kinder, die denen in der Hilfeplanung die Notwendigkeit schon bescheinigt wird, müssen in der Notbetreuung aufgenommen werden.
Schulbetrieb – Ab wann?
Es ist wichtig, dass die Verantwortlichen in Bund, Land und Kommunen Signale setzen, die sich nicht widersprechen. Infektionsraten steigen immer noch, die vulnerable Gruppe der Älteren ist zunehmend betroffen, Fußballspiele werden schon mal bis Ende April ausgesetzt. Da irritiert, nach allem, was wir annehmen können, die Schulministerin mit der Aussage, man ginge davon aus, dass ab 20. April der Unterricht wieder normal weitergehen werde. In den Schulen wird mit Kopfschütteln reagiert. Niemand weiß, wie Infektionsregeln eingehalten werden sollen, selbst mit kleineren Schülergruppen.
Die Schülerinnen und Schüler sind aktuell einer belastenden Krisen-Situation ausgesetzt. Wir sollen nicht nur die Prüfungsvorbereitungen für alle Schüler*innen da eigentlich gewährleistet sein?
Prüfungen verschieben oder notfalls aussetzen
Die Landesregierung legt nun einen „Corona-Gesetzentwurf“ vor. Für die Schulen soll damit Vorsorge dafür getragen werden, dass die Prüfungen an Haupt, Real-, Sekundar- und Gesamtschulen notfalls ausgesetzt werden können.
Lediglich das Abitur soll weiter nur mit Prüfungen vergeben werden können. Ein fatales Zeichen. Gerechtigkeit gäbe es nur mit Prüfungen, so Yvonne Gebauer vor der Presse. Damit suggeriert die Ministerin: Es gibt Abschlussprüfungen erster und zweiter Klasse. Bei SEK-I-Abschlüssen und am Berufskolleg kann man auf eine Klausur getrost verzichten, da kommt es nicht drauf an. Ein vollwertiges Abitur hingegen gibt es nur mit Abschlussklausur! Obendrein wird die Abiturleistung der Schülerinnen schon jetzt beschädigt, falls die Prüfungen doch nicht stattfinden können.
Der Hinweis auf die Kultusministerkonferenz zieht hier übrigens nicht. Denn in ihrem Beschluss wird ausdrücklich festgestellt, dass „zum jetzigen Zeitpunkt“ Abiturprüfungen verschoben werden. Der Beschluss hält aber offen, dass andere Regelungen notwendig werden können. Dafür gilt es Vorsorge zu tragen und das bietet der Gesetzentwurf in NRW genau nicht.
Deshalb: Wir wären froh, wenn die Prüfungen unbelastet stattfinden können, aber jetzt muss allen Beteiligten klar gemacht werden, dass für jeden Fall umfänglich Vorsorge getroffen worden ist. Ergänzend ist deutlich, dass für die Schulen im Kreis Heinsberg weitere Überlegungen greifen müssen. Denn sie sind bereits seit längerer Zeit geschlossen.
Das gilt auch für den Gesundheitsschutz für Schüler*innen und Lehrkräfte.
An 90 Schulen konnten die Abi-Vorklausuren nicht abgeschlossen werden. Wie sollen die Prüfungsvorbereitungen zu den Abi-Klausuren unter Infektionsschutz­bedingungen laufen? Was ist mit Schüler*innen, die zur Risikogruppe gehören und entsprechend natürlich mit den Lehrkräften. Sind die Schulen entsprechend hygienetechnisch ausgestattet und vorbereitet? Nicht nur ältere Personen gehören zu Risikogruppen. Das kann auch für Geschwister und Eltern gelten.
Es wäre insgesamt gut, wenn wir schon zu normalen „Verhältnissen“ zurückkehren könnten. Aber das ist völlig ungewiss. In einer solchen Situation ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass das Abitur nicht auf eine Klausur am Schluss der Schullaufbahn reduziert werden darf. Die Vorleistungen stehen. Gewährleistet muss auf jeden Fall sein, dass es eine freiwillige Chancenprüfung gibt, für die Schüler*innen, die sich verbessern wollen.
So kann auch mit dem mittleren Bildungsabschluss verfahren werden. Und alle Szenarien müssen jetzt schulrechtlich geöffnet werden.
Niedersachsen plant bereits für den Fall, dass die Schulschließungen andauern: Die Lehrkräfte sollen die Zeugnisnoten auf Grundlage der bislang erbrachten Leistungen berechnen.
Corona-Gesetz in der Beratung
Der Landtag hat das Corona-Gesetz am 1.4. beraten. Ursprünglich war geplant, die Einbringung, erste und zweite Lesung am selben Tag durchzuführen. Wir haben aber klargemacht, dass bei aller Eilbedürftigkeit ein sauberes Verfahren nötig ist. Denn nicht nur beim Schulkapitel gibt es aus unserer Sicht einigen Änderungsbedarf. Für Montag, den 6.4. ist eine Sachverständigenanhörung geplant und für den 9.4. eine Schulausschusssitzung und die zweite Lesung und Verabschiedung des Gesetzes. Das ist immer noch enorm schnell (und passiert in den Ferien).
Die Anhörung wird im Livestream über die Internetseite des Landtags zu verfolgen sein
Osterferien
Schüler*innen brauchen auch in Corona-Zeiten freie Zeit ohne Schule und Lernen. In vielen Familien bedeutet das auch Entspannung. Gerade da, wo Eltern Home-Office, Betreuung und Ersatzlehrerfunktion parallel meistern. Vielleicht ist es für andere Familien eine Zeit, das Lernen mehr zu „strecken“.
Es gibt aber auch Schüler*innen, die in den Ferien Lernangebote als Strukturierungshilfen benötigen. Für diese Gruppe sind Kontakte zu den Lehrkräften wichtig für die Stabilität und Erhalt eines Stücks von „Normalität“, die hilft, nicht von der häuslichen Situation ganz und gar eingenommen zu werden. Die Lehrkräfte und Sozialarbeiter wissen auch hier, was „ihre“ ggf. Kinder brauchen. Lernangebote sind aber grundsätzlich nicht verpflichtend.
Die Notbetreuung in den Kitas und Schulen wird auch in den Osterferien aufrechterhalten. Die Öffnung der Notbetreuung für Kinder aus Hilfeplanverfahren ist in Vorbereitung.
Fatales Signal an die Ersatzschulen
Das Ministerium hat die Ersatzschulen angeschrieben und sie gebeten, die Schülerticketverträge zu kündigen, da ja wegen Corona der Schülerverkehr ausgesetzt ist. Begründet wird das damit, dass die Ersatzschulfinanzierung einen wirtschaftlichen Umgang mit Fördermittel rechtlich vorschreibt. Das ist sicher richtig, aber sicher nicht das richtige Signal in dieser Corona-Zeit, wo andernorts immer wieder signalisiert wird, dass auch bei Ausfällen – zum Beispiel im Schienenpersonennahverkehr – Fördermittel nicht zurückgefordert werden. Müssen die Ersatzschulen nun fürchten, mit Rückforderungen des Landes konfrontiert zu werden, wenn sie ihr Reinigungspersonal nicht entlassen haben? Die Ministerin muss jetzt schnellstmöglich die Verunsicherung bei den Ersatzschulen beenden und das Schreiben zurückziehen.
Infektionsschutz in den Schulen
Corona wird uns noch Monate beschäftigen. Irgendwann wird der Schulbetrieb wieder aufgenommen werden. Was ist dann an Infektionsschutz noch geboten, welche Maßnahmen müssen Schulträger und Schulleitungen ergreifen? Was ist bei Abhaltung von Prüfungen zu beachten? Hierzu hat das Schulministerium ein Gutachten in Auftrag gegeben, das zeitnah Antworten liefern soll und damit die Klarheit für alle Schulen schafft.
Infos des Schulministeriums
Den aktuellen Sachstand kann man auf der Seite des MSB einsehen. Bislang sind elf Corona-Schulmails hier erschienen. Unter anderem finden sich dort auch die Hinweise zu Kostenerstattungen bei Schulfahrten, geplanten Prüfungstermine und sonstige Hinweise.
Angebot des WDR
Der WDR hat gemeinsam mit dem Ministerium für Schule und Bildung die Bedürfnisse von Schulen, Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern in der unterrichtsfreien Zeit weiter konkretisiert. Jeden Montag wird im WDR Fernsehen täglich in der Zeit zwischen 9 Uhr und 12 Uhr ein Programm für Schülerinnen und Schüler im Grundschulalter ausgestrahlt. Das Angebot kombiniert Inhalte aus bekannten Kinderprogrammen wie der Sendung mit der Maus, Wissen macht Ah! und Planet Schule mit interaktiven Elementen, also beispielsweise Rätselmöglichkeiten und aktive Bewegungspausen. Durch das Programm führen André Gatzke und die Grundschullehrerin Pamela Fobbe.
Darüber hinaus wird es für Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen auf der Webseite www.planet-schule.de, www.wdr.de/schule/digital und in der Mediathek des WDR weitere, auch fachbezogene Inhalte und Lernangebote (Lernspiele, Apps, Simulationen) geben. Das Online-Angebot kann von den Lehrkräften etwa bei der Konzeption von Übungsaufgaben genutzt werden.
Regelungen für die Weiterbildung
Bei der Weiterbildung begrüßen wir das Signal, das für die hauptamtlichen pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesetzt wird. Aber das reicht nicht. Die Weiterbildungseinrichtungen brauchen auch eine Unterstützung bei den Unterrichtsstunden. Denn ohne eine Kompensation gerät die gemeinwohlorientierte Weiterbildungslandschaft, auf die wir in NRW so stolz sind, in eine gefährliche Schieflage. Auf Unverständnis stößt, dass in dieser Zeit nicht gesetzlich festgehalten wird, dass Lehrveranstaltungen auch digital stattfinden können. Im Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz ist das vorgesehen, im Weiterbildungsgesetz bislang nicht. Jetzt ist höchste Zeit, das nachzuholen. Wir legen zu allen Punkten Änderungsanträge vor.
Lesenswert!
Michael Schratz geht in diesem Artikel der Frage nach, was die Schule von morgen aus der Krise lernen kann.
Nicht nur an Abschlüsse denken, sondern auch an den Schulbeginn – Einschulungsstichtag flexibilisieren!
2006 hatte die damalige schwarz-gelbe Landesregierung beschlossen, den Einschulungsstichtag schrittweise bis zum 31.12. eines Jahres vorzuziehen. Schon damals gab es kritische Stimmen von Entwicklungspsycholog*innen. Rot-Grün hat 2011 das weitere Vorziehen gestoppt. Seither ist der Stichtag der 30.09.. Kinder können für ein Jahr zurückgestellt werden können, allerdings mit der Einschränkung „aus erheblichen gesundheitlichen Gründen“. Bereits Ende der letzten Legislatur gab es einen fraktionsübergreifenden Konsens, dass die Regelungen auf den Prüfstand müssen. Zu Beginn der Legislatur haben eine Vielzahl von Einzelpetitionen dazu beigetragen, dass es erste Erleichterungen dabei gab, die Notwendigkeit einer Rückstellung dazulegen. Allerdings zeigt sich auch, dass diese Optionen in der Praxis der Schulärzt*innen und zum Teil Schuleiter*innen vielfach noch nicht angekommen waren.
Eltern haben dann in einem weiteren Schritt den Petitionsausschuss angerufen, um eine flexiblere gesetzliche Regelung für alle zu erreichen und nicht auf Einzelverfahren angewiesen zu sein. Die Initiatorin konnte dafür über 40.000 Unterstützerinnen gewinnen. Auch die Psychotherapeuten-Kammer NRW hat sich in einer Resolution dafür ausgesprochen und darauf hingewiesen, dass eine frühe Einschulung zu Schäden bei den Kindern führen kann.
Die Diskussion wurde auch in anderen Bundesländern geführt. Nur noch Brandenburg und Nordrhein-Westfalen halten am 30. September fest. Niedersachsen und Bayern haben eine Korridorregelung eingeführt. Demnach entscheiden die Eltern der Kinder, die zwischen dem 1. Juli und dem 30. September das sechste Lebensjahr vollenden, ob ihre Kinder eingeschult werden oder nicht. Damit entfällt die schulärztliche Nachweispflicht. Gleichzeitig wird den Eltern Vertrauen entgegengebracht, dass sie die Entwicklung ihres Kindes mit allen Facetten beurteilen können. Wir regen an, die anstehende Beratung zum 15. Schulrechtsänderungsgesetz zu nutzen, um hier eine flexiblere, unbürokratische und elternfreundliche Regelung  im Schulgesetz zu verankern.
Der Petitionsausschuss hat zu diesem Thema einen sehr ausführlichen Beschluss gefasst, in dem auch das Zahlenmaterial für NRW dargestellt ist.
Wenn das Ministerium darauf verweist, dass bei den Rückstellunganträgen schon jetzt 95 Prozent positiv beschieden werden, dann ist das gerade ein Hinweis, dass es gilt, eine unbürokratische Lösung zu erreichen. Das würde eine Menge Druck von den Eltern nehmen, die viel gelassener beobachten können, wie sich ihre Kinder tatsächlich noch entwickeln. In den zahlreichen Einzelpetitionen sind mir übrigens keine „Helikopter-Eltern“ begegnet, die ihre Kinder überbehüten wollen. Wir sollten vielmehr das Thema von Entwicklungsverzögerungen, die sehr unterschiedlich begründet sein können, sehr beachten.
Deshalb plädieren wir für eine Korridorregelung auch in NRW. Selbstverständlich bedeutet das auch, dass die KiTa-Kapazitäten im Blick bleiben müssen. Aber das Wichtigste: Es geht immer um das einzelne Kind.

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