Den morgendlichen Blick aufs Handy: Kann mein Kind heute in der Kita betreut werden? – den kennen wahrscheinlich viele Eltern in NRW. Unser Kita-System steht vor allem aufgrund des Fachkräftemangels vor großen Herausforderungen. Diesen stellen wir uns und schaffen durch eine KiBiz-Reform Verlässlichkeit und Stabilität. Wir wollen, dass alle Kinder die bestmöglichen Startchancen bekommen. Dafür sind ein stabiles und verlässliches Angebot sowie die Qualität der frühkindlichen Bildung zentral. Verlässlichkeit und Qualität gehören fest zusammen. Die Landesregierung hat an diesem Montag einen Gesetzentwurf zur Änderung des Kinderbildungsgesetzes vorgelegt, der nun in die Verbändeanhörung gegangen ist. Mit dieser Kommunalinfo gebe ich Euch einen Überblick über die zentralen Punkte.
Wir führen einen Kita-Sozialindex und Chancen-Kitas ein
Als erstes Flächenland in Deutschland werden wir als schwarz-grüne Koalition einen Kita-Sozialindex einführen, um für mehr Chancengerechtigkeit zu sorgen.
Der Index macht sichtbar, welche Kitas besondere Herausforderungen stemmen. So können Fördermittel künftig gezielter eingesetzt werden: Beispielsweise durch mehr Fachkräfte für Einrichtungen in besonders herausfordernden Lagen, gezielte Sprachförderung, kleinere Gruppen, zusätzliche Sozialarbeit oder mehr Möglichkeiten, Familien frühzeitig zu unterstützen. So profitieren die Kinder, die am dringendsten Hilfe brauchen, Eltern und Fachkräfte werden besser unterstützt und entlastet.
Ein weiterer wichtiger Schritt ist die damit verbundene Weiterentwicklung von Familienzentren, plusKITAs und Sprach-Kitas zu Chancen-Kitas. Diese werden über den Kita-Sozialindex ausgewählt. Wir schaffen damit Chancen – indem personelle und finanzielle Ressourcen dort gebündelt werden, wo der Bedarf am höchsten ist. Durch die Chancen-Kitas werden gerade die Kinder und Familien in den Blick genommen, die auf mehr Unterstützung angewiesen sind.
Wir verbessern die Ausbildung
Wenn wir langfristig ein Kitasystem schaffen wollen, das Verlässlichkeit und Qualität miteinander verbindet, brauchen wir mehr gut ausgebildete Fachkräfte im System. Das bedeutet einerseits, neue Fachkräfte für den Beruf zu gewinnen, und andererseits, diejenigen, die bereits in den Kitas arbeiten, zu halten.
Mit 50 Millionen Euro jährlich wollen wir deshalb dafür sorgen, dass die Ausbildung attraktiver wird. Wir stärken die Praxisanleitung in den Ausbildungskitas, damit eine engere und kontinuierliche Begleitung der Auszubildenden sichergestellt werden kann. Außerdem wird die praxisintegrierte Ausbildung für Kinderpfleger*innen – analog zur praxisintegrierten Ausbildung für Erzieher*innen – in das KiBiz aufgenommen wird.
Darüber hinaus wollen wir weitere Maßnahmen auf den Weg bringen, um die Qualität der Ausbildung und die Arbeitsbedingungen langfristig zu verbessern. Dazu gehören:
- Bessere Rahmenbedingungen für Auszubildende, etwa durch mehr Zeit für Anleitung und reflektierte Praxis.
- Erhöhung des bisherigen Zuschusses für die Ausbildung
- Unterstützung der Träger, damit sie ausreichend Plätze für die fachpraktische Ausbildung anbieten können.
- Gezielte Fort- und Weiterbildungsprogramme, die Fachkräfte in ihrer beruflichen Entwicklung begleiten und ihnen Perspektiven eröffnen.
- Entlastung der Teams, damit pädagogische Qualität und gute Ausbildungsbedingungen gleichzeitig möglich sind.
Mit der Reform wird auch das Kita-Helfer-Programm in das KiBiz überführt, sodass die Kita-Helfer*innen ein fester Bestandteil des Kita-Systems in NRW werden. Damit erfüllen wir eine Forderung, die von vielen Seiten gewünscht wurde.
Wir sorgen für flexible Modelle und setzen uns für Qualität ein
Die Kitas in NRW stehen durch den Fachkräftemangel vor großen Herausforderungen. Ein zentrales Anliegen an die Novellierung des KiBiz stellt daher die Stabilisierung des Systems dar. Der Gesetzentwurf sieht die Einführung eines Kern- und Randzeitenmodells vor. Zu Zeiten mit geringerer Belegung – etwa am frühen Morgen – können Fachkräfte flexibler eingesetzt werden, ohne die pädagogische Qualität zu beeinträchtigen. Durch eine Flexibilisierung des Personaleinsatzes können in den Randzeiten vermehrt Ergänzungskräfte zum Einsatz kommen. Dabei handelt es sich in der Regel um ausgebildete Kinderpfleger*innen, die Teil des Kita-Teams und den Kindern vertraut sind. Wenn dann aber alle Kinder da sind, bleibt der aktuell bestehende Fachkraft-Kind-Schlüssel für die jeweilige Gruppenform erhalten.
Außerdem sieht der Gesetzentwurf vor, die Gruppengröße in Ausnahmesituationen um 3 Kinder in der Gruppenform 2 (U3 Kinder) und vier Kinder in der Gruppenform 1 (Kinder im Alter von 2-6 Jahren) und Gruppenform 3 (Kinder im Alter 3-6 Jahren) zu erhöhen. Die aktuell bestehende Gruppengröße bleibt dabei bestehen.
Darüber hinaus wird die Möglichkeit eröffnet, in 5er Schritten die Betreuungszeiten in der Kita zu buchen. Damit kommt die Landesregierung einer Forderung nach, die vielfach vorgetragen wurde, um den Eltern die Möglichkeit zu geben, den Stundenumfang je nach Bedarf vornehmen zu können.
Für uns Grüne ist klar: Verlässlichkeit und Qualität sind in der frühkindlichen Bildung zentral. Daher werden wir diese Aspekte in den weiteren Beratungen in den Vordergrund stellen. Dabei nehmen wir nicht nur die Kinder in den Blick, sondern auch die Frage nach einem attraktiven und stressfreien Arbeitsplatz für die Fachkräfte. Die geplante Vergrößerung der Gruppen in Ausnahmesituationen und der Umfang des Kern- und Randzeitenmodells wirft bei uns noch Fragen auf, die wir im weiteren Prozess klären müssen.
Wir entlasten Erzieher*innen von Bürokratie
Durch die KiBiz-Novelle wird auch gezielt Bürokratie abgebaut. Damit schaffen wir ein spürbares Plus an pädagogischer Zeit. Unser Anliegen ist es nicht, den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Fachkräfte einzuschränken. Im Gegenteil: Wir wollen dafür sorgen, dass Dokumentation dort erfolgt, wo sie wirklich sinnvoll und notwendig ist – und gleichzeitig unnötiger Aufwand vermieden wird.
Derzeit berichten Kitas in NRW, dass sie teilweise drei oder mehr unterschiedliche Verfahren anwenden müssen, um ein und dasselbe Kind zu beobachten und zu dokumentieren. Das bindet wertvolle Ressourcen, führt zu Doppelstrukturen und hilft weder den Fachkräften noch den Kindern. Durch eine Reduzierung, Vereinheitlichung und bessere Abstimmung der Vorgaben schaffen wir mehr Klarheit und Sicherheit für alle Beteiligten – ohne die Qualität der pädagogischen Arbeit zu gefährden. Statt Papierkram steht wieder mehr Zeit für die direkte Begleitung der Kinder zur Verfügung.
Auch mit der Einführung der Chancen-Kitas tragen wir zum Bürokratieabbau bei. Durch die Bündelung bisher getrennt geführter Förderprogramme verringern wir Verwaltungsaufwand, schaffen transparente Strukturen und ermöglichen es den Einrichtungen, sich stärker auf ihre eigentliche Aufgabe zu konzentrieren: gute Bildung und verlässliche Förderung für alle Kinder.
Mehr Geld für das System der frühkindlichen Bildung
Mit der Novellierung ist das Versprechen einer Stabilitätsgarantie verbunden – die Kindpauschalen werden nicht gekürzt. Um für mehr Planbarkeit und finanzielle Sicherheit bei den Trägen zu sorgen, führt die Landesregierung einen zusätzlichen Ausgleich für steigende Personalkosten ein. Sofern entsprechende Kostensteigerungen nach den Vorgaben des Kinderbildungsgesetzes festgestellt werden können, soll der Landesanteil dieser Kosten jährlich für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Juli ausgeglichen werden. Die Zahlung für diesen Zeitraum soll jeweils bis 31. März erfolgen. Für den Ausbau von Kitas werden in den nächsten Jahren 1,5 Milliarden Euro Investitionsmittel bereitgestellt. Außerdem wird die Grundfinanzierung der Kitas jährlich um 200 Millionen Euro erhöht – bis zur Einführung der neuen KiTa-Formel im Kitajahr 2030/2031.
