Liebe Freundinnen und Freunde,
wir haben fertig. Seit seiner Einsetzung im Dezember 2012 hat der Parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (PUA BLB) insgesamt 130 Zeugenvernehmungen durchgeführt und über 2.300 Akten zur Beweisaufnahme gesichtet, hinzu kamen mehr als 62.000 Seiten staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsakten. Unter den Zeugen waren zum Beispiel der ehemalige NRW-Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers, der ehemalige NRW-Finanzminister Dr. Helmut Linssen oder der ehemalige NRW-Finanzminister, NRW-Ministerpräsident und spätere SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Darüber hinaus haben wir bei Ortsterminen alle Untersuchungsobjekte selbst besucht.
Nach über vier Jahren intensiver Ermittlungsarbeit haben wir nun den komplexen Untersuchungsauftrag vollständig abgearbeitet und einen 800 Seiten starken Abschlussbericht vorgelegt, welcher heute im Landtag debattiert wurde. Der Bericht wurde im Ausschuss einstimmig beschlossen, was den Ergebnissen ein besonderes Gewicht verleiht. Ihr findet ab Seite 612 des Schlussberichtes eine kurze Zusammenfassung mit den wesentlichen Ergebnissen.
Der Untersuchungsauftrag
Untersucht wurden sieben konkrete Bau- und Kaufskandale: der Neubau des Landesarchivs in Duisburg, der Erweiterungsbau des Polizeipräsidiums Köln-Kalk, das Bauvorhaben Fachhochschule Köln (Domgärten), der Ankauf von Schloss Kellenberg bei Jülich, der Ankauf des Vodafone-Hochhauses in Düsseldorf, der gescheiterte Verkauf des Landesbehördenhauses in Bonn und der Neubau des Landeskriminalamtes NRW in Düsseldorf. Außerdem haben wir untersucht, ob und inwieweit die Organisationsstruktur des BLB etwaige Missstände ermöglicht oder begünstigt hat.
Eine Herausforderung war von Beginn an, dass der Untersuchungsauftrag sehr weit gefasst wurde, um einen Kompromiss aller Fraktionen im Einsetzungsbeschluss zu ermöglichen. Insbesondere auf Drängen von CDU und FDP wurden in den Untersuchungsauftrag Punkte aufgenommen, die über die Aufklärung der konkreten, unter schwarz-gelber Regierungsverantwortung geschehenen, Skandale hinausgingen – insbesondere die Untersuchung der Struktur des unter rot-grün gegründeten BLB. Ziel von CDU und FDP war es offenkundig, den Untersuchungsauftrag zu verwässern, um so eine für sie nachteilige Aufklärung zu erschweren oder unmöglich zu machen. Darüber hinaus erschwerten auch die Auskunftsverweigerungsrechte einiger Zeugen aufgrund der parallel laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen unsere Arbeit. Trotz dieser Schwierigkeiten ist es uns gelungen, nun ein aus grüner Sicht positives Ergebnis vorzulegen.
Die Ergebnisse
Die Bauskandale unter schwarz-gelber Regierungsverantwortung wurden gründlich aufgearbeitet und die politischen Verantwortlichkeiten klar benannt. Einer der Hauptverantwortlichen ist der ehemalige Geschäftsführer des BLB, Ferdinand Tiggemann. Er wurde an diesem Montag, dem 13. Februar, vom Landgericht Düsseldorf im parallel laufenden Strafverfahren zu einer siebeneinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt und noch im Gerichtssaal verhaftet. Tiggemann hat auch aus unserer Sicht unnötige Risiken für Land und Steuerzahler*innen in Kauf genommen. Seine Entscheidungsfindung ließ er regelmäßig undokumentiert. Die von ihm verfassten Vorlagen an den Verwaltungsrat sparten regelmäßig Probleme und Risiken aus oder beschönigten problematische Sachverhalte. Er war der «unantastbare Chef» und hat begründete Bedenken oftmals ignoriert – zum Schaden des Landes.
Der Skandal, der finanziell den größten Schaden verursacht hat, ist der Neubau des Landesarchivs in Duisburg. Ursprünglich sollte dieses für etwa 30 Millionen Euro in Düsseldorf entstehen. Auf Druck des damaligen CDU-Staatssekretärs Hans-Heinrich Große-Brockhoff wurde stattdessen ein überdimensionierter Neubau unter Einbindung eines denkmalgeschützten alten Speichergebäudes im Duisburger Innenhafen durchgesetzt. Die Gesamtkosten betrugen letztendlich etwa 200 Millionen Euro. Der Wunsch des Staatssekretärs nach einem architektonisch anspruchsvollen Wahrzeichen anstelle eines Zweckbaus hat die Steuerzahler*innen viele Millionen gekostet.
Die Rolle des Untersuchungsausschusses
Untersuchungsausschüsse wie dieser sind ein Zeichen einer funktionierenden parlamentarischen Demokratie, in der Korruption, aber auch politische Fehlentscheidungen, aufgearbeitet werden – auch wenn dies manchen nicht passt. Nur so können Verantwortungsträger*innen, die sich wegducken, zur Rechenschaft gezogen und gezwungen werden, Verantwortung zu übernehmen.
Untersuchungsausschüsse sind, wie auch unser Rechtsstaat im Ganzen, auch eine Drohkulisse für all diejenigen, die meinen, sich über Regeln hinwegsetzen zu können. In einem Rechtsstaat und in einer Demokratie muss leichtsinniges politisches Handeln gegen die Interessen der Bürger*innen Konsequenzen haben – strafrechtliche und auch politische. Der PUA BLB ist diesem Auftrag aus unserer Sicht vollumfänglich nachgekommen.
Unser Dank gilt allen Mitwirkenden im Untersuchungsausschuss, besonders unseren Mitarbeitern Gerrit Pfau und Olaf Behnk.
Bei Nachfragen stehen wir natürlich gerne zur Verfügung.
Mit Grünen Grüßen
Stefan Engstfeld und Herbert Goldmann