Liebe Freundinnen und Freunde,
seit seiner Einsetzung im Jahr 2013 hat der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) WestLB 71 Zeug*innen vernommen und über 1.700 Akten zur Beweisaufnahme gesichtet – insgesamt 53 GB Datenmaterial. An diesem Donnerstag haben wir dem Landtag den mehr als 1000 Seiten starken Abschlussbericht vorgelegt. Wir GRÜNE haben im Untersuchungsausschuss WestLB stets versucht, die wichtigsten Hintergründe des Niedergangs der WestLB zu rekonstruieren und die zentralen Komplexe aufzuarbeiten. Dabei haben wir auch nicht vor der Befragung prominenter Zeug*innen zurückgeschreckt.
Dazu gehörten ehemalige Ministerpräsidenten wie zum Beispiel Dr. Jürgen Rüttgers, der jedoch erst knapp ein Jahr nach seiner Ladung vor dem Ausschuss aussagte, der ehemalige Finanzminister Dr. Helmut Linssen, der in einer Vernehmung zunächst die Aussage verweigerte, der ehemalige NRW-Finanzminister, NRW-Ministerpräsident und spätere SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, der umfangreich Rede und Antwort stand, sowie amtierende Amtsinhaber*innen, wie zum Beispiel Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Hinzu kamen noch viele unbekanntere Zeug*innen, etwa (ehemalige) Mitarbeiter*innen aus den Ministerien und etliche Bankenvorstände. Letztere wiesen in fast allen Aussagen die Zuständigkeiten jeweils von sich.
Der Untersuchungsauftrag
Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss II sollte die Gründe für den Niedergang der WestLB herausfinden. Es war zu untersuchen, inwieweit das Ende der Bank auf eventuell fehlerhaftes oder möglicherweise sogar rechtswidriges Verhalten Einzelner, fehlerhaftes Management, fehlende Kontrollorgane/unzureichende Kontrolle oder auf direkte, möglicherweise von sachfremden Erwägungen geleitete politische Einflussnahme zurückzuführen ist. Die Herausforderung war von Beginn an, dass der Untersuchungsauftrag sehr weit gefasst wurde: mit einem Untersuchungszeitraum von 1980 bis zur Einsetzung des PUA 2013, ebenso mit den 16 Einzelkomplexen – von der „Entwicklung zur Großbank“ bis hin zur „Abwicklung der WestLB AG“. Wir haben den Umfang des Fragenkatalogs seit Beginn kritisiert. Am Ende konnten wir uns in vier Jahren intensiver Arbeit mit 10 der 16 Komplexe befassen. Trotz dieser Schwierigkeiten ist es uns gelungen, wichtige Erkenntnisse zu erarbeiten.
Die Ergebnisse
Aus unserer Sicht ist die WestLB im Wesentlichen an Folgendem gescheitert:
- Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung
- erschwerten Aufsichtsmöglichkeiten bei Großkonzernstrukturen
- eher geringer politischer Einflussnahme auf Vorstandsentscheidungen
- einem immer mehr überforderten Management
- anscheinendem Größenwahn des Vorstandes
- einem zuletzt fehlenden Geschäftsmodell und zunehmend riskanten und fehlgeschlagenen Investitionen
Der Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung führte zu immensen Ratingverschlechterungen. In der Übergangszeit wurden daher viele riskante Investitionen getätigt. Die Finanzkrise 2007 verschärfte die Situation, so dass keine Hoffnung auf eine positive Entwicklung mehr vermittelt werden konnte. Umso mehr verwunderte die Aussage des ehemaligen Chefs der Staatskanzlei unter schwarz-gelber Regierungsverantwortung Boris Berger, dass man sich zunächst um die Umsetzung der Wahlversprechen gekümmert habe und die WestLB erst 2007 ein Thema war. Trotz aller Bemühungen von Rot-Grün, die vielen Arbeitsplätze zu retten, war am Ende nur noch eine Abwicklung möglich. Den vielen Gegner*innen und Mitbewerber*innen der WestLB war der Untergang der Bank nur Recht.
Wir GRÜNE haben die Entwicklung der WestLB zur Großbank mit internationalem Anspruch von Anfang an kritisch gesehen. Doch unsere und andere Warnungen wurden nicht ernst genommen. Zu Unrecht wie wir heute wissen. Geschäftsfelder wie TV-Leasing in Großbritannien, Flugzeugleasing oder die Vorhaltung von weltweiten Niederlassungen auch an vielen Offshore-Standorten in Steuerparadiesen passen nicht zum Charakter einer öffentlich-rechtlichen Landesbank. 2012 war dann auch nach gescheiterten Fusions- und Verkaufsbemühungen Schluss mit der WestLB AG. Die Grundsatzfrage: „Muss oder soll eine Landesbank als weltweit tätige Geschäftsbank agieren?“ wurde aber nie wirklich infrage gestellt, da die Satzung Bankgeschäfte aller Art vorsah.
Heute gibt es noch die Portigon AG (als Rechtsnachfolgerin der WestLB AG) und die Erste Abwicklungsanstalt (EAA), die mit der Abwicklung der „Schrottpapiere“ beschäftigt sind. Die HELABA hat das Verbundbankgeschäft übernommen und ist damit auch in NRW die Zentralbank für die Sparkassen. Eine klassische Landesbank gibt es nicht mehr, lediglich die landeseigene Förderbank NRW.Bank.
Mein abschließender Dank gilt allen Mitwirkenden im Untersuchungsausschuss, besonders meinem Kollegen Norwich Rüße und unseren stellvertretenden Mitgliedern Andrea Asch und Rolf Beu sowie unseren Mitarbeiter*innen Kathrin-Rosa Rose und Rainer Lagemann.
Bei Nachfragen zum Thema stehe ich natürlich gerne zur Verfügung. Auf Wunsch komme ich auch gerne zu vor Ort-Terminen und stelle anhand einer kurzen Präsentation die Arbeit im Untersuchungsausschuss und die untersuchten Themenkomplexe genauer vor.
Mit Grünen Grüßen
Gudrun Zentis