Mehrdad Mostofizadeh: Landeshaushalt 2019 – Soziales und Gesundheit

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Liebe Freundinnen und Freunde,
an den letzten Plenartagen in diesem Jahr wurde im Landtag der Haushalt für 2019 verabschiedet. Ich möchte Euch gerne über einige Eckpunkte aus dem Bereich Soziales und Gesundheit informieren.
Kürzungen bei der Freien Wohlfahrtspflege zurückgenommen
Die Landesregierung hatte in ihrem Haushaltsentwurf die Mittel bei der Landesförderung für die Beratungs- und Koordinierungsarbeit der Freien Wohlfahrtspflege in Höhe von 2 Mio. gekürzt. Wir hatten diese Kürzung bei den Ausschussberatungen kritisiert und einen Änderungsantrag vorgelegt, der die Rücknahme der Kürzung vorsah. Bei den Beratungen im Sozialausschuss hatten CDU/FDP die Kürzung durch die Landesregierung noch verteidigt. In der 2. Lesung im Finanzausschuss haben sie aber der Rücknahme dieser Kürzung zugestimmt. Dies können wir sicher als Erfolg verbuchen.
Mittel für Wohnungslose werden angehoben
Wir haben für die Bekämpfung von Armut eine Anhebung der Haushaltsmittel um 1 Mio. Euro beantragt, insbesondere für Hilfen in Wohnungsnotfällen sowie für bedürftige Kinder und Familien in den Stadtteilen und Quartieren. Bereits im Sommer haben wir einen umfassenden Antrag zur Wohnungslosigkeit im Landtag eingebracht, der ein umfassendes Paket an Maßnahmen beinhaltet. Mit Hilfe des Landesprogramms „Wohnungslosigkeit vermeiden – dauerhaftes Wohnen sichern“ konnte bisher eine Vielzahl an wichtigen Projekten der Wohnungslosenhilfe in den Kommunen aufgebaut werden. Die steigende Zahl wohnungsloser Menschen zeigt aber, dass in vielen Bereichen der Wohnungsnotfallhilfe die Angebote deutlich ausgebaut werden müssen. Hierzu zählen die

  • medizinischen Hilfen und aufsuchende ärztliche Versorgung
  • frauengerechte flächendeckende Wohnungsnotfallhilfe
  • Wohn- und Hilfeangebote für alte und pflegebedürftige wohnungslose Menschen
  • Hilfeangebote für Menschen mit Migrationshintergrund
  • präventive Wohnungslosenhilfe für den ländlichen Raum
  • aufsuchende Hilfen für von Wohnungsverlust bedrohte Familien;
  • begleitende Sozialberatung und Straßensozialarbeit im Wohnquartier

„Housing first“ ausbauen
„Housing first“ steht für ein Hilfeangebot, bei dem Wohnungslosen mit komplexen Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen ohne Vorbedingungen an Therapieteilnahme oder Abstinenz normaler Wohnraum und intensive persönliche und gesundheitliche Hilfe vermittelt wird. Das Land fördert bereits eine Landeskoordinierungsstelle hierzu. Wir wollen diesen „Housing first“-Ansatz über das bestehende Projekt hinaus ausbauen.
Am 6. Februar wird unser Antrag „Wohnungslosigkeit entgegen wirken – Hilfeangebote ausbauen – Ursachen beseitigen“ im Rahmen einer Anhörung beraten.
Im Nachgang zu unserem Haushaltsantrag haben die Regierungsfraktionen nachgelegt und zusätzlich 3 Mio. Euro für den Haushalt bereitgestellt.
Berufliche Integration von Menschen mit Behinderung stärken
Angesichts der überdurchschnittlich hohen Zahl von erwerbslosen Menschen mit Behinderung wollen wir die Maßnahmen und Angebote zur Stärkung der Teilhabe am Arbeitsleben weiter auszubauen. Menschen, die in Werkstätten arbeiten, muss der Übergang auf den ersten Arbeitsmarkt erleichtert werden, etwa durch eine Verbesserung des „Budget für Arbeit“ als einen dauerhaften Lohnzuschuss.
Auch die Neugründungen und Erweiterungen von Integrationsunternehmen müssen weiterhin im Fokus stehen. Schon seit vielen Jahren beteiligt sich das Land im Rahmen des Landesprogramms „Integration unternehmen!“ zu 50 % an der investiven Förderung von Integrationsprojekten, jährlich werden rd. 2,6 Mio. Euro zur Verfügung gestellt.
Diesen Anteil wollen wir kontinuierlich erhöhen, so wie wir es auch schon in der vergangenen Legislaturperiode getan haben. Mittlerweile sind über 7.000 Menschen mit und ohne Behinderung in NRW in einem Integrationsunternehmen beschäftigt. Mit den zusätzlichen Mitteln soll insbesondere die Teilhabe am ersten Arbeitsmarkt gestärkt und der Ausbau des Angebotes an Integrationsunternehmen erweitert werden. Hierfür haben wir 1 Mio. Euro zusätzlich beantragt.
HIV-Gesundheitsprävention und Krebsberatung ausbauen
Mit zusätzlichen 800.000 Euro (davon 500 T€ für 2019 und 300 T€ für 2020) wollen wir die HIV-Prävention stärken. Insbesondere der Ausbau der zielgruppenspezifischen Präventions- und Hilfeangebote ist wichtig, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Hier bedarf es auch einer kontinuierlichen Weiterentwicklung der zielgruppenspezifischen Strategien. Mit den zusätzlichen Mitteln soll dieser Ansatz weiter gestärkt werden.
Für 2017 wurden im Haushalt Fördermittel für die ambulanten Krebsberatungsstellen in Höhe von 500.000 Euro bereitgestellt, ebenso für 2018. Auch im kommenden Jahr ist diese Summe wieder im Haushalt ausgewiesen. Mit den von uns zusätzlichen beantragten Mitteln sollten in 2019 dann insgesamt 1.500.000 Euro zur Förderung der ambulanten Krebsberatungsstellen bereit stehen. CDU/FDP haben diese Erhöhung aber abgelehnt.
Hürden zwischen ambulanter und stationärer Versorgung abbauen
Eine sektorübergreifende Gesundheitsversorgung, bei der die Träger ambulanter und stationärer Angebote eng zusammenwirken, wird in Zukunft immer wichtiger. Derzeit gibt es aber immer noch hohe Hürden wenn es darum geht, gemeinsame Angebote in der medizinischen Versorgung zu planen und zu betreiben. Deshalb haben wir 900.000 Euro für die Versorgungsforschung und Strukturentwicklung zur wohnortnahen Gesundheitsversorgung und Gesundheitsplanung beantragt. Hiermit soll eine wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung durch neue kooperative Angebote entwickelt werden.
Wohnortnahe psychiatrische Versorgung verbessern
Die Landesregierung hat die Haushaltsmittel für den Landespsychiatrieplan stark zusammengestrichen. Wir haben deshalb zusätzlich 2,5 Mio. Euro hierfür beantragt. Damit sollten weitere Fördermaßnahmen für die gemeindenahe psychiatrische Versorgung auf den Weg gebracht werden. Uns geht es insbesondere darum die
•          ambulante Krisenhilfe auszubauen und zu vernetzen,
•          sektorübergreifende Versorgung sowie Patientenorientierung in der Behandlung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu verbessern,
•          Angebote und Unterstützung für ältere psychisch kranke Menschen zu verbessern
•          Hilfeplanung und regionale Steuerung zu optimieren,
•          Selbsthilfe und Partizipation zu fördern, und schließlich auch
•          Zwangsmaßnahmen zu minimieren, diese möglichst zu vermeiden und das Beschwerdewesen auszubauen.
Kürzungen bei Alter und Pflege verhindern – 4 Mio. Euro zusätzlich gefordert
Der finanzielle Rahmen für den Landesförderplan Alter und Pflege ist von der Landesregierung erheblich gekürzt worden. Förderprojekte der ehrenamtlichen und professionellen Quartiersarbeit werden sukzessive gestrichen. So wird bereits mit Ablauf 2018 die Förderung aller Quartiersprojekte eingestellt. Im kommenden Jahr beabsichtig das Sozialministerium auch die Landesförderung der ZWAR-Stellen einzustellen. Ebenso sieht die Landesregierung für das Institut für Gerontologie in Dortmund im kommenden Jahr keine Landesmittel mehr vor.
Mit den von uns beantragten zusätzlichen Haushaltsmitteln über 4 Mio. Euro wollen wir u.a. eine Weiterförderung der ZWAR-Stellen, wie auch eine weitere Förderung des Programms Quartiersförderung zur Entwicklung altersgerechter Quartiere auf den Weg bringen.
Schulkostenpauschale in der Altenpflege anheben
Im Haushaltsentwurf war eine Anhebung der Schulkostenpauschale bei der Altenpflegeausbildung auf 380 Euro vorgesehen. Mit den zusätzlichen Haushaltsmitteln haben wir eine weitere Anhebung der Schulkostenpauschale auf 500 Euro pro Schüler*in eingefordert. Damit wäre annähernd eine Angleichung der Finanzierung der Ausbildungsstätten in der Höhe, wie sie auch die in der Krankenpflegeausbildung gewährt wird, erfolgt. CDU/FDP haben dies jedoch abgelehnt.
Altenpflegeausbildung für Geflüchtete ausbauen
In vielen Regionen Nordrhein-Westfalens herrscht bereits Fachkräftemangel. Auf der anderen Seite suchen viele geflüchtete Menschen eine berufliche Perspektive in Deutschland. Ein Teil von ihnen hat bereits Erfahrung in Gesundheitsberufen oder Interesse an einer solchen Tätigkeit. Ihnen wollen wir durch berufsbezogene Deutschkurse die Altenpflegefachkraftausbildung ermöglichen. Zunächst soll mit 400 Plätzen im ersten Jahrgang begonnen werden. Bei den Haushaltsberatungen haben wir hierfür für die kommenden drei Jahre insgesamt 6,8 Mio. Euro beantragt. CDU/FDP lehnten allerdings ab.
GRÜNE Anträgen zum Haushalt 2019 für den Bereich Arbeit Gesundheit Soziales

Kapitel Titel und Inhalt Höhe der Forderung

(in Euro)

11 042

Titel 684 11

Sozialpolitische Maßnahmen

Freie Wohlfahrtspflege

– Kürzung der Pauschale für Beratungs- und Koordinierungsarbeit zurücknehmen

+ 2.000.000

 

(auf 6.100.000 €)

11 042

TG 95

Sozialpolitische Maßnahmen

Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung

– Ausbau der Wohnungslosenhilfe

+ 1.000.000

 

(auf 6.120.000 e)

11 050

TG 86

Inklusion

Förderung von Maßnahmen zur beruflichen Integration von Menschen mit Behinderungen

– Stärkung der Teilhabe am Arbeitsmarkt, Ausbau Integrationsunternehmen

+ 1.000.000

 

(auf 8.651.000 €)

11 080

TG 64

Maßnahmen Gesundheitswesen

HIV/Aids

– zielgruppenspezifische Prävention und Hilfe ausbauen

+ 500.000

 

(auf 1.932.000 €)

(2020: +300.000 VE)

11 080

TG 75

Maßnahmen Gesundheitswesen

Versorgungsforschung etc.

– Sektorübergreifende Gesundheitsversorgung fördern, Hürden zwischen ambulanter und stationärer Versorgung abbauen

+ 900.000

 

(auf 5.000.400 €)

11 080

TG 81

Maßnahmen Gesundheitswesen

Gesundheitsförderung / Krebsberatung

– Ausbau der Förderung der Krebsberatungsstellen

+ 1.000.000

 

(auf 1.500.000)

11 080

TG 83

Maßnahmen Gesundheitswesen

Psychiatrische Versorgung

– Wohnortnahe psychiatrische Versorgung verbessern

+ 2.500.000

 

(auf 4.284.000 €)

11 090

TG 90

Pflege Alter demographische Entwicklung

Landesförderung Alter und Pflege

– Kürzungen durch die Landesregierung rückgängig machen

– u.a. Weiterförderung der ZWAR-Stellen, weitere Förderung des Programms Quartiersförderung

– Entwicklung altersgerechter Quartiere auf den Weg bringen

+ 4.000.000 Euro

 

(auf 15.260.000 €)

11 090

TG 60

Pflege Alter demographische Entwicklung

Pflegeausbildung Schulkostenpauschale

– Schulkostenpauschale in der Altenpflege auf 500 € pro Schüler*in anheben

+ 17.000.000

 

(auf 102.500.000)

11 090

TG 60

neu

Pflege Alter demographische Entwicklung

Pflegeausbildung Geflüchtete

– Altenpflegefachkraftausbildung für Geflüchtete ausbauen

+ 6.800.000

(verteilt auf 2019-2021)

Die Beschlussempfehlung des Haushalts- und  Finanzausschusses mit unseren Anträgen und den der anderen Fraktionen findet ihr hier: http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-4411.pdf
Für Rückfragen stehen unser wissenschaftlicher Mitarbeiter Harald Wölter (harald.woelter@landtag.nrw.de, 0211/884 2878) und ich gerne zur Verfügung.

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