Matthi Bolte-Richter: Newsletter Wissenschaftspolitik – Dezember 2018

Newsletter

Liebe Freundinnen und Freunde,
sehr geehrte Damen und Herren,
es war ein abwechslungsreiches und turbulentes zweites Halbjahr. Wir haben uns intensiv an den schwarz-gelben Ideen für eine Reform des Hochschulgesetzes abgearbeitet, aber am Ende hat die Landesregierung doch einen Gesetzentwurf vorgelegt, der weiterhin zu Lasten von Studierenden, Beschäftigten, Mitbestimmung, Arbeitsbedingungen und staatlicher Verantwortung für Hochschulen geht. 2019 wird in dieser Hinsicht ein Jahr des Protestes.
CDU und FDP einen unreifen Vorschlag für Quotenärzte auf dem Land durch das Parlament gepeitscht, ohne jegliche Kritik, auch der Sachverständigen, zu berücksichtigen. Dazu haben wir ein erstes Gegenkonzept vorgelegt.
Der Wissenschaftsetat 2019 ist ein Vergehen an unserer Zukunft. Schwarz-Gelb hat insgesamt 6,7 Milliarden Euro mehr zur Verfügung, als es zu rot-grünen Zeiten der Fall war, aber es fehlen nennenswerte Impulse für die Hochschulfinanzierung.
Wir sind darüber hinaus eingetreten für eine angemessene und differenzierte Berücksichtigung der Studierendenschaft in ihrer gesamten Vielfalt und haben eine steuerliche Forschungsförderung für kleine und mittlere Unternehmen sowie Startups gefordert.
Abschließend habe ich noch einen Lesetipp für mehr Pluralität in den wirtschaftswissenschaftlichen Theorien.
Ich wünsche ihnen und euch schöne, erholsame Feiertage und einen guten Rutsch in ein politisch spannendes Jahr 2019.
Mit besten Grüßen
Matthi Bolte-Richter

Studierendengängelungsgesetz: Ein Angriff auf Freiheit, Mitbestimmung und gute Beschäftigungsbedingungen
Die Landesregierung hat am 18. Dezember den Regierungsentwurf für die Reform des Hochschulgesetzes vorgelegt. Die Änderungen gegenüber dem vorherigen Entwurf sind marginal – wie es bereits die Antworten auf unsere Große Anfrage erahnen ließen. Das Gesetz wird weiterhin zu Lasten von Studierenden und Beschäftigten gehen.
Mit ihren Plänen zur Reform des Hochschulgesetzes bringen CDU und FDP ihre ideologiegetriebene Retro-Politik zurück an die Hochschulen. Da macht der nun vorliegende Regierungsentwurf keinen Unterschied zum vorherigen Entwurf.
Wir wollen, dass Studierende ihr Studium selbstbestimmt gestalten können. Wir wollen kritisches und kreatives Denken an den Hochschulen stärken. Studierende sollen Querdenker sein statt Credit-Point-Produzenten. Mit neuen Anwesenheitspflichten und verbindlichen Studienverlaufsvereinbarungen, die im Studierendengängelungsgesetz vorgesehen sind, nimmt die Landesregierung den Studierenden diese Freiheit. Schwarz-Gelb macht aus der Verpflichtung der Hochschulen, gute Lernbedingungen anzubieten, eine Verpflichtung für Studierende, Lernleistungen abzuliefern.
Zudem schwächt Schwarz-Gelb die Demokratie an den Hochschulen – Mitbestimmung für Studierende und Beschäftigte wird massiv eingeschränkt. Wir brauchen gerade jetzt demokratische Hochschulen, an denen es mehr Mitbestimmung für Studierende und Beschäftigte gibt. CDU und FDP wollen aber das Rad zurückdrehen und die Macht der Rektorate und Professor*innen über die Maße stärken.
Gute Arbeitsbedingungen der Beschäftigten sind für uns keine unnötige Bürokratie. Wir wollen ihre Rechte stärken, statt sie abzubauen. Wir wollen Lehrende ohne Kettenbefristungen und eine bessere Vertretung für studentische Hilfskräfte.
Zum Weiterlesen:
·         Meine Pressemitteilung zur Vorstellung des Gesetzentwurfs
·         Bericht des WDR
·         Bewertung der Antworten auf unsere Große Anfrage zum Hochschulgesetz
·         Gesetzentwurf der Landesregierung / Gesetzentwurf mit Änderungshinweisen
Wissenschaftsetat 2019: Das ist ein Vergehen an unserer Zukunft
Wo wollen CDU und FDP mit der Wissenschaftspolitik eigentlich hin? Was ist eigentlich ihre wissenschaftspolitische Vision für diesen Bereich? Der Wissenschaftsetat für 2019 lässt erkennen, dass sich die Koalition nicht durch große Visionen hervortut.
Wir freuen uns grundsätzlich auch, dass der Wissenschaftsetat 2019 erneut gestiegen ist und erkennen durchaus an, dass sowohl im Bereich Digitalisierung als auch im Bereich der Medizin mehr Geld an die Hochschulen geht. Aber einen klaren Plan hat Schwarz-Gelb nicht und an vielen Stellen fehlt es, trotz der guten Haushaltslage, an notwendigen Investitionen in Forschung, Lehre und Innovationen.
Ministerin Pfeiffer-Poensgen kümmert sich intensiv um den Kulturbereich und kann dort die Mittel verdoppeln. Aber die Wissenschaft speißt sie mit dem allernotwendigsten ab. CDU und FDP sind letztes Jahr mit einem populistischen Wahlkampf gestartet und scheitern jetzt an Ihren eigenen Ansprüchen.
Die Studierenden haben bei dieser Regierung keine Lobby. Weder bekommen die Studierendenwerke die notwendige Erhöhung der allgemeinen Zuschüsse – hier haben uns die Koalitionsfraktionen sogar belogen und am Ende doch keinen Antrag gestellt –, noch gibt es ausreichende Programme für Sanierung und Neubau von Studierendenwohnheimen. Und die Zeche zahlen die Studierenden durch höhere Sozialbeiträge.
Die Betreuungsrelation wurde bisher nicht verbessert, die Qualitätsverbesserungsmittel nicht angehoben.
Die Grundmittel der Hochschulen werden nur um das Mindestmaß nach Hochschulvereinbarung angehoben. Schwarz-Gelb hat insgesamt 6,7 Milliarden Euro mehr zur Verfügung, als es zu rot-grünen Zeiten der Fall war, aber es fehlen nennenswerte Impulse für die Hochschulfinanzierung.
Unsere Änderungsanträge wurden natürlich von CDU, FDP und AfD abgelehnt. Wir hatten vor ein Institut für Digitalisierung zu fördern, die Forschung in den Bereichen Frieden/Konflikte, Rechtsextremismus und -populismus sowie Neosalafismus zu stärken, das Graduierteninstitut der Fachhochschulen bedarfsgerecht und dauerhaft zu finanzieren, von Schwarz-Gelb verursachte Finanzierungslücken für zukunftsweisende Studiengänge an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe zu schließen sowie das Studienangebot Lehramt Sozialpädagogik an Berufskollegs auszubauen. Forderungen zu Programmen für Sanierung und Neubau von Studierendenwohnheimen, die Sanierung von Hochschulen und die Dynamisierung der Qualitätsverbesserungsmittel finden sich in unserem Entschließungsantrag, der aber ebenfalls abgelehnt wurde.
Zum Weiterlesen:
·         Meine Rede zum Wissenschaftsetat 2019
·         Grundsatzrede von Monika Düker zum Landeshaushalt 2019
·         Unser Entschließungsantrag zum Landeshaushalt 2019
Steuerliche Forschungsförderung für KMU und Startups einführen
Am letzten Plenartag 2018 haben wir einen Antrag in den Landtag eingebracht, in dem wir die Landesregierung auffordern, sich gegenüber der Bundesregierung für die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung einzusetzen. Der Antrag wird im neuen Jahr zuerst in den Ausschüssen beraten.
Ziel ist ein Forschungsbonus in Form einer Steuerermäßigung von 15 Prozent aller Ausgaben für Forschung und Entwicklung für alle Unternehmen bis 249 Mitarbeiter*innen und einem Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro sowie Startups, um die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit dieser zu verbessern und die Arbeitsplätze von morgen schon heute zu sichern.
Die Steuergutschrift soll zusätzlich zur bestehenden Projektförderung eingeführt werden. Dieser Forschungsbonus soll zu einer Verbesserung der internen Finanzierungsmöglichkeiten führen und eine erhebliche mobilisierende Wirkung für zusätzliche Investitionen in Forschung und Entwicklung von KMU und Startups haben.
KMU sollen dabei unterstützt werden, ihre Innovationsaktivitäten in Kooperation mit Startups durchzuführen bzw. dafür zu werben, als Teil der Digitalisierungsstrategie des
Unternehmens Startups zu gründen. Bei der Entwicklung dieses Innovationskonzepts sollen die DWNRW-Hubs einbezogen werden.
Der Antrag bekräftigt unsere bereits 2015 beschlossene Forderung und führt sie näher aus. Er wird im neuen Jahr zuerst in den Ausschüssen für Innovation, Wissenschaft und Wirtschaft beraten. Zuvor hatte die GRÜNE-Bundestagsfraktion einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt.
Zum Weiterlesen:
·         Unser Antrag
·         Gesetzentwurf der Bundestagsfraktion
Mehr Vielfalt, mehr Aufstieg: Der Grüne 6-Punkte-Plan für Bunte Hochschulen
Mitte September haben wir unseren Antrag „Studienerfolg einer vielfältigen Studierendenschaft sichern“ in den Landtag eingebracht. Am 16. Januar wird dazu eine umfangreiche Anhörung im Wissenschaftsausschuss durchgeführt.
NRW ist ein Land der Vielfalt. Hier leben Menschen mit den unterschiedlichsten Lebensentwürfen, Biografien und Hintergründen. Aus ihren Herkünften, Interessen und Identitäten ergeben sich einzigartige Potenziale für unser Land. Diese Vielfalt sorgt auch in Forschung und Lehre für wichtige Impulse und neue Perspektiven.
Viele Hochschulen in NRW haben die Bedeutung der Diversität erkannt und unterstützen besonders die studentische Vielfalt. Das ist gut so, denn für uns gilt, dass Hochschulen die Breite der Gesellschaft widerspiegeln müssen. Wir wollen die Öffnung der Hochschulen unterstützen. Studierende haben unterschiedliche Lebensrealitäten, sind unterschiedlichen Diskriminierungen ausgesetzt und haben unterschiedliche Bedürfnisse. Deshalb brauchen sie eine umfassende und individuelle Förderung.
Wir Mitte September unseren 6-Punkte-Plan für bunte Hochschulen vorgelegt. Denn wo Vielfalt ist, ist auch Aufstieg. NRW ist ein Land des Bildungsaufstiegs, und diese Chance wollen wir allen Menschen in unserem Land zuteilwerden lassen. Und das ist auch der Unterschied zur schwarz-gelben Landesregierung. Von CDU und FDP kommen Misstrauen, Standesdünkel und Studiengebühren. Aufstiegserzählungen sind blanke Rhetorik. Dem stellen wir unseren konkreten Plan gegenüber: Mehr Aufstieg, mehr Vielfalt, mehr Chancen.
Zum Weiterlesen:
·         Der Antrag
·         Bereits vorliegende Stellungnahmen zur Anhörung
Quotenärzte lösen Versorgungsprobleme nicht
Die Landesregierung hatte im Juli ihren Entwurf für ein Landarztgesetz vorgelegt. Das Gesetz wurde mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD im Dezember beschlossen. Die Sachverständigen in der Anhörung von Wissenschafts- und Gesundheitsausschuss hatten zahlreiche Kritik vorgetragen, die auch wir in einem Entschließungsantrag geäußert haben.
Das Landarztgesetz überzeugt nicht. Es blieben rechtliche Ungenauigkeiten und Regelungslücken. Doch der Gesetzentwurf wurde letztlich ohne Änderungen beschlossen. Und eine Landarztquote alleine reicht nicht. Eine flächendeckende Gesundheitsversorgung muss durch attraktive Rahmenbedingungen gesichert werden.
Die medizinische Versorgung auf dem Land muss sichergestellt werden. Hierzu bedarf es in allen Regionen einer wohnortnahen ärztlichen, pflegerischen und psychosozialen Betreuung.
Eine frühe Festlegung der Studierenden auf den späteren Abschluss und Einsatzort ist für die Studierenden nicht sinnvoll. Stattdessen muss die Attraktivität der Allgemeinmedizin gestärkt werden. Dazu brauchen Ärzt*innen gute Rahmenbedingungen für ihren Beruf und ein auch persönliche Belange erfüllendes Arbeitsumfeld.
Hochschulen und Universitätskliniken können durch eine attraktive Studiengestaltung und Weichenstellungen beim Personal dazu beitragen, dass mehr Menschen Medizin studieren und sich für die Allgemeinmedizin entscheiden.
Zum Weiterlesen:
·         Unser Entschließungsantrag
·         Gesetzentwurf der Landesregierung
Lesetipp: für mehr Vielfalt in den wirtschaftswissenschaftlichen Theorien
Zur Pluralität in der Wissenschaft gehört für uns GRÜNE auch, dass die Vielfalt wissenschaftlicher Theorien, beispielsweise in den Wirtschaftswissenschaften, in der Lehre adäquat abgebildet wird. Das Forschungsinstitut für gesellschaftliche Weiterentwicklung – das von der schwarz-gelben Landesregierung leider nicht mehr weiterfinanziert wird – hat sich in einer kurzen Ausführung über neues ökonomisches Denken mit der Online-Lernplattform für plurale Ökonomik „Exploring Economics“ befasst.
„Gegenwärtig dominiert der neoklassisch geprägte Mainstream die Forschung und Lehre an den Hochschulen. Das breite Spektrum an alternativen volkswirtschaftlichen Ansätzen kommt in den Vorlesungen in der Regel nicht vor. Das Projekt hat deshalb zum Ziel, eine Internetplattform zu etablieren, die Studierenden und Wissenschaftler_innen sowie auch politischen und ökonomischen Entscheidungsträger_innen und interessierten Bürger_innen die Möglichkeit bietet, sich über alternative Ansätze der Volkswirtschaftslehre zu informieren. Die Webseite sammelt und verlinkt Materialien, die bereits im Internet verfügbar sind und stellt zudem zehn ökonomische Theorieschulen vor. Des Weiteren bietet die Webseite Studierenden der VWL die Möglichkeit, sich strukturiert mit vielfältigen Ansätzen und mit Themenschwerpunkten wie der Finanz- und Wirtschaftskrise, Ökologie oder Ungleichheit jenseits der neoklassischen Betrachtungsweise zu befassen.“
Zum Weiterlesen:
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