Landtag beschließt Landesentwicklungsplan

Kommunalinfo

Liebe Freundinnen und Freunde,
kurz vor Jahresende wurde nach sechs Jahren intensiver Arbeit nun endlich der neue Landesentwicklungsplan (LEP) final vom Landtag beschlossen. Der neue LEP ist ein großer Erfolg für diese Landesregierung und für uns GRÜNE. Natürlich ist er wie die gesamte Raumordnung auf Ausgleich angelegt. Doch wir GRÜNE haben  viele Akzente für eine umweltfreundliche und nachhaltige Raumordnung gesetzt. So konnten wir beispielsweise Fracking für NRW rechtssicher ausschließen, den zweiten Nationalpark Senne als Ziel festschreiben und den landesweiten Biotopverbund planerisch umsetzen.
Den meisten von Euch wird der Landesentwicklungsplan (LEP) im täglichen Leben kaum direkt begegnen. Aber wer ein Naturschutz- oder Wasserschutzgebiet in seiner Umgebung hat oder den Ausbau der Erneuerbaren Energien vorantreiben  möchte, wer den Nationalpark Eifel schätzt oder die Vision eines Nationalparks Senne teilt, für den ist der Landesentwicklungsplan von zentraler Bedeutung. Denn er ist das zentrale Instrument des Landes um die Raumnutzung zu beschreiben und festzulegen. Voraussichtlich wird der neue LEP für 15 bis 20 Jahre gelten.
Da der Landesentwicklungsplan wenig bekannt aber sehr wichtig ist, möchte ich Euch im Folgenden einige grundsätzliche Aspekte sowie einige aus Grüner Sicht spannende Punkte im neuen LEP darstellen.
Grundsätzliches zum Landesentwicklungsplan (LEP)
Der LEP ist ein Raumordnungsplan des Landes. Raumordnung heißt: Er legt fest, wie Flächen genutzt und entwickelt werden sollen. Dabei geht es um alles, das den Raum prägt und somit „raumbedeutsam“ ist.
Der LEP regelt nur wenig direkt. Viele Festlegungen sind „Spielregeln“ für die unteren Ebenen, also für die Regionalplanung oder die Stadtplanung der Gemeinden. Der LEP gibt vor, wie diese ihre Planungen zu gestalten haben. Der LEP sagt beispielsweise, wie viele Flächen für Windenergie ausgewiesen werden sollen – er sagt aber nicht wo. Das regelt dann die Regionalplanung. Für Regionalplanung und Gemeinden sind die Regeln des LEP genauso verbindlich wie für andere Entscheidungen des Staates zum Beispiel bei der Genehmigung von Bauprojekten.
Rechtsgrundlage für den LEP und die Regionalpläne sind das Raumordnungsgesetz und das Landesplanungsgesetz NRW. Wichtig: Das Raumordnungsgesetz des Bundes schreibt landesweite Raumordnungspläne wie den LEP verbindlich vor.
Was ist die Regionalplanung?
Die Regionalpläne machen ganz konkrete Vorgaben für alle Flächen: Wo ist ein Hafengebiet? Wo soll einmal eine Straße langführen? Wo ist Wald zu entwickeln? Wo sollen Gebiete als Überschwemmungsbereich für Flüsse freigehalten werden? Das alles wird sowohl auf einer Karte dargestellt als auch mit Texten beschrieben. Dabei ist die Regionalplanung auf der Karte „unscharf“, das heißt sie ist nicht auf den Meter genau. Verbindlich ist sie dennoch.
Die Regionalpläne werden auf Ebene der Regierungsbezirke und des Regionalverbands Ruhr (RVR) erarbeitet und beschlossen. Am Ende entscheiden die Regionalräte beziehungsweise das Ruhrparlament.
Was ist der Unterschied zwischen einem Ziel und einem Grundsatz?
Im LEP und den Regionalplänen gibt es „Ziele“ und „Grundsätze“. Ziele sind verbindliche Regeln. Sie können nur durch ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren außer Kraft gesetzt werden. Die Grundsätze sind weicher und können nach Abwägung bei Entscheidungen auch übergangen werden. Ziele und Grundsätze werden im Text, manchmal mit Bezug auf Zeichnungen auf der Karte, festgelegt. Über die wichtigsten Ziele und Grundsätze haben wir Euch bereits nach der Kabinettsbefassung informiert. Warum brauchen wir einen neuen LEP?
Der noch gültige LEP ist von 1995. Die Welt hat sich seitdem geändert. Heute stehen wir vor großen Herausforderungen: Für Klimaschutz, nachhaltige Siedlungsstrukturen oder eine Verkehrswende braucht es einen neuen LEP. Im Jahr 2013 präsentierte die rot-grüne Landesregierung ihren ersten Entwurf für einen neuen LEP. Ab August 2013 fand ein umfangreiches Beteiligungsverfahren statt. Über 1.400 Stellungnahmen von Bürger*innen, Kommunen und Verbänden gingen zum ersten Entwurf ein. Daraufhin überarbeitete die Landesregierung den Plan und erstellte den zweiten LEP-Entwurf. Es folgte ein zweites Beteiligungsverfahren, das bis zum 15. Januar 2016 lief. Anschließend gab es erneut einige Änderungen, die aber nicht wesentlich sind, sodass keine weitere Beteiligung notwendig war. Die Landesregierung hat den neuen LEP für NRW am 5. Juli beschlossen. Nun hat am 14. Dezember 2016 der Landtag zugestimmt, sodass der neue LEP jetzt rechtskräftig wird.
Warum ist der LEP so wichtig für das Land?
NRW ist das mit Abstand am dichtesten besiedelte Flächenland. Hier gibt es Wohngebiete, Fabriken, Straßen, Felder und Natur auf engstem Raum. Gerade hier gibt es viele „Ansprüche“ an Flächen und verschiedene Nutzungen konkurrieren miteinander: Windrad oder Wohngebiet? Verkehrstrasse oder Naturschutz? Kiesgrube oder Wald? Deshalb ist es gerade hier wichtig, dass langfristig und vorausschauend geplant wird und ein Rahmen viele Einzelinteressen so zusammenfügt, dass am Ende eine gute Lösung für alle herauskommt, auf die man sich verlassen kann.
Grüne Botschaften im neuen LEP

  • NRW vor Fracking schützen:

Fracking gefährdet Mensch und Natur vor Ort und ist schlecht für den Klimaschutz. Anstatt auf das gefährliche Fracking setzen wir auf den Ausbau Erneuerbarer Energien. NRW legt im vorliegenden überarbeiteten Entwurf durch das Ziel 10.3-4 den Ausschluss von Fracking in unkonventionellen Erdgaslagerstätten fest. Dies wird damit begründet, dass Fracking Raum verändert sowie gefährdet und ein sehr großer Teil der Landesfläche geschützt und für andere Nutzungen vorgesehen ist.

  • Windenergie ausbauen:

Für die Energiewende wollen wir mehr Windenergieanlagen ermöglichen. Bis 2020 sollen mindestens 15 Prozent der NRW-Stromversorgung durch Windenergie und bis 2025 30 Prozent durch Erneuerbare Energien gedeckt werden. Der LEP regelt: Die Regionalplanung soll konkrete Flächen ausweisen, wo Windenergie möglich ist. Entgegen des ersten Entwurfs des Landesentwicklungsplans sind die konkreten Vorgaben von 54.000 ha nicht mehr als verbindliches Ziel, sondern (nur noch) als Grundsatz festgeschrieben worden. Dies erhöht im Einzelfall die Flexibilität vor Ort. Es gibt allerdings weiter die Pflicht, Raum für Windenergie auszuweisen.
Flächenfestlegung für Windenergienutzung:
Planungsgebiet Arnsberg:           18.000 ha
Planungsgebiet Detmold:            10.500 ha
Planungsgebiet Düsseldorf:         3.500 ha
Planungsgebiet Köln:                   14.500 ha
Planungsgebiet Münster:            6.000 ha
Planungsgebiet des RVR:             1.500 ha

  • Nationalparke entwickeln:

Es muss auch in NRW größere Gebiete geben, in denen Naturschutz weit vorne steht. Das sind die Nationalparke, von denen es bereits einen in der Eifel gibt. Der LEP gibt nun der Regionalplanung den Auftrag, die Ausweisung eines Nationalparks Senne (Ostwestfalen-Lippe) durch entsprechende Festlegungen zu sichern. Damit schaffen wir die Grundlage für einen zweiten Nationalpark in NRW.

  • Regionale Zusammenarbeit stärken:

Im ersten Entwurf war in Kapitel fünf noch von einer „Metropolregion Nordrhein-Westfalen“ als Format der Außendarstellung die Rede. Im Zuge der Debatten vor Ort kristallisierte sich heraus, dass Metropolregionen auch als Forum der regionalen Zusammenarbeit gesehen werden. Im zweiten Entwurf folgte daraufhin die Darstellung der Metropolregionen „Rheinland“ und „Ruhr“ im „Metropolraum Nordrhein-Westfalen“, was zu Protesten aus Westfalen-Lippe führte. Im endgültigen Beschluss werden nun auch die „mittelstandsgeprägten Wachstumsregionen in Westfalen-Lippe“ dargestellt. Damit geht das Land auf die Wünsche der Kommunen ein. Es gilt dennoch: Ob und in welcher Form die regionale Zusammenarbeit gelebt wird, ist und bleibt Aufgabe der beteiligten Kommunen.

  • Nachhaltige Siedlungsentwicklung:

Immer noch werden täglich viele Hektar Wiesen oder Felder mit Siedlungen und Straßen neu bebaut. Wir wollen diesen  Flächenverbrauch auf fünf Hektar täglich beschränken, heute sind es knapp zehn. Im ersten Entwurf war das noch als verbindliches Ziel geplant, jetzt wurde es als Grundsatz festgeschrieben. Allerdings gibt es nun ein stärkeres Monitoring sowie verbindliche und transparente landesweite Berechnungen zum Flächenverbrauch. So soll sichergestellt werden, dass zukünftig neue Bauflächen nur noch deutlich am Bedarf ausgerichtet ausgewiesen werden.

  • Siedlungsflächenbedarf passgenau ausweisen:

Wohnbaulandentwicklung beziehungsweise nicht-störendes Gewerbe vollzieht sich in der Regel in den „Allgemeinen Siedlungsbereichen“ (ASB), die im Regionalplan dargestellt werden. Der LEP macht hier Vorgaben, wie viele Flächen dafür ausgewiesen werden sollen. Dafür wird ein Flächenbedarf berechnet, der sich im Wesentlichen auf die Bevölkerungsprognose von it.NRW stützt. Somit gibt es eine landeseinheitliche Methode.
Es wird also ein Bedarf berechnet. Im Anschluss daran wird verglichen, welche Flächenreserven noch vorhanden sind. Am Ende ergibt sich daraus dann gegebenenfalls ein Neubedarf.
Es ist auch möglich, Flächen zu tauschen, das heißt nicht attraktive bestehende Ausweisungen zurück zu nehmen und dafür neue bessere Flächen zu wählen. So wird verhindert, dass Kommunen konkurrieren, deswegen zu viele Gebiete ausgewiesen werden und es zu ruinöser Konkurrenz und Leerständen im Bestand kommt.
Das Instrument ist flexibel für die Kommunen, hat aber klare Leitplanken.

  • Entwicklung in ländlichen Räumen:

Schon lange werden Siedlungen mit weniger als 2.000 Einwohnern nicht im Regionalplan als ASB dargestellt, das wird auch gar nicht im LEP geregelt. Der Vorwurf einer Vernachlässigung der ländlichen Räume im LEP-Entwurf trifft auch in diesem Fall  nicht zu.
Folgende Kaskade der Siedlungsentwicklung ist im LEP-Entwurf vorgesehen, wenn Bedarf besteht:
1.) Am Zentralort einer Kommune (Zentraler Allgemeiner Siedlungsbereich),
2.) Wenn 1. nicht geht: In einem anderen ASB der Kommune.

In Orten mit weniger als 2.000 Einwohnern ist die Siedlungsentwicklung in der Regel auf den Eigenbedarf beschränkt, das heißt kleine Erweiterungen sind zulässig, aber keine neuen großen Baugebiete.
Wichtig ist dabei zu beachten: Jede Kommune – egal wie groß – verfügt über mindestens einen zentralen Allgemeinen Siedlungsbereich, sodass grundsätzlich Entwicklungen möglich sind.
Zudem regelt der LEP, dass im Freiraum – also auf nicht bebauten Flächen – keine Sonderbauflächen erlaubt sind, mit denen diese Regeln ausgehebelt werden könnten. Die Ausnahmen sind sachlich identisch mit dem Baugesetzbuch des Bundes. Damit gibt der LEP flexible aber deutliche Leitplanken, um Entwicklungen auch im ländlichen Raum nicht zu behindern, aber gleichzeitig diese  im Sinne einer kompakten nachhaltigen Siedlungsstruktur zu steuern.

  • Gewerbeflächen bedarfsgerecht entwickeln:

Die Ausweisung von Gewerbeflächen erfolgt in den Regionalplänen als „Gewerbe- und Industriebereiche“ (GIB). Wie bei den Siedlungsflächen gibt es hier erstmals im LEP-Entwurf eine landeseinheitliche Bedarfsberechnung. Diese bezieht sich – mangels Alternativen – auf die Nachfrage der Vergangenheit, die hochgerechnet wird auf die Zukunft. Wenn eine Kommune zu wenig eigenständige Bedarfe hat oder sie auf ihrem Gebiet gar nicht erfüllen kann, besteht nun die Möglichkeit der Kooperation mit umliegenden Kommunen. Ziel des LEP ist es, wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen und einen Konkurrenzkampf der Kommunen mit massenhaften billigen Flächenausweisungen zu verhindern.

  • Flughafenentwicklung:

Der LEP unterscheidet landes- (Düsseldorf, Köln/Bonn, Münster/Osnabrück) und regionalbedeutsame Flughäfen (Weeze, Dortmund, Paderborn). Die Unterteilung ist nicht willkürlich. Sie findet sich im letzten Landesluftverkehrskonzept, in den Zuständigkeitsordnungen der Landesregierung und in den Einstufungen der Deutschen Flugsicherung. Für diese Bundeseinrichtungen sind nur die drei landesbedeutsamen Flughäfen auch „Internationale Verkehrsflughäfen“. Der LEP macht hier planerische Aussagen, dass die Genehmigungsbehörde die Entwicklung der regionalbedeutsamen Flughäfen mit der Entwicklung der landesbedeutsamen Flughäfen koordinieren kann. Es bedeutet nicht automatisch eine Benachteiligung kleinerer Flughäfen, sondern ermöglicht die Definition von Leitplanken für die Flughafenentwicklung.

  • Landesbedeutsame Häfen gesichert:

Im LEP werden dreizehn landesbedeutsame Hafenstandorte gesichert, die zum Teil mehr als einen Hafen umfassen. Diese sind entweder auf Grund ihres Umschlagvolumens, ihres wasserseitigen Containerumschlags oder auf Grund ihres Standorts von besonderer Bedeutung für NRW und den Güterverkehr auf dem Wasser. Deshalb sichert und schützt der LEP diese Standorte und Häfen direkt und ermöglicht auch zukünftig die Weiterentwicklung dieser Standorte. Ein zentrales Ziel dabei ist, dass die Häfen zu multimodalen Umschlagsterminals weiterentwickelt werden. Das heißt, die Binnenschifffahrt soll mit dem Güterverkehr auf Schiene und Straße einfacher vernetzbar werden. Durch die Sicherung der wichtigsten Standorte auf Landesebene wird auch gewährleistet, dass die Binnenschifffahrt in NRW als umweltfreundliches Verkehrsmittel gestärkt wird.
Neben diesen auf Landesebene gesicherten Standorten, die durch den LEP für alle Planungsebenen vorgegeben werden, besteht weiterhin die Möglichkeit, dass sich die Regionalplanungsbehörden und Kommunen entscheiden, im Regionalplan oder im Flächennutzungsplan Häfen zu sichern, wenn sie diese für bedeutsam halten.

  • Kiesabbau steuern:

In vielen Gegenden NRWs werden Bodenschätze wie Kies abgebaut – zulasten von Mensch und Natur. Dies soll über den LEP stärker gesteuert werden, vor allem durch weniger neue Abbauflächen. Die im ersten LEP-Entwurf erhaltenen „Tabugebiete“ (zum Beispiel Wasserschutzzonen) für Kies fallen weg. Dafür wurde eine Regelung ins Landeswassergesetz aufgenommen. Dort ist nun zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des Wasserhaushaltes und Rohwassers durch Nass- und Trockenabgrabung die oberirdische Gewinnung von Bodenschätzen, also von Kies, Ton, Quarz, Sand und Kalk in allen Wasserschutzgebiet verboten. Dabei gibt es für bereits gesicherte Bereiche für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze (BSAB) und für zugelassene Abgrabungen einen Bestandsschutz.

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