Landesregierung setzt den Gewässerschutz aufs Spiel

Kommunalinfo

Liebe Freundinnen und Freunde,
diese Woche hat die Landesregierung ihren Entwurf für ein neues Landeswassergesetz (Vorlage 17/3633) in den Landtag eingebracht. In den kommenden Wochen werden wir diesen im parlamentarischen Verfahren beraten.
Der Entwurf umfasst eine Vielzahl von Änderungen, mit denen eine Rückabwicklung wichtiger Gewässerschutzmaßnahmen droht. Viele dieser Maßnahmen wurden erst durch die Novelle in 2016 eingeführt und haben sich seitdem bewährt. Auch in den Reihen der Wasserwirtschaft, der Naturschutz- und Fischereiverbände, hat der Gesetzentwurf für großen Unmut gesorgt.
Mit den beabsichtigten Änderungen am Landeswassergesetz höhlt die Landesregierung den Wasserschutz massiv aus. Gerade angesichts der knapper werdenden Wasservorräte vor dem Hintergrund des Klimawandels, schlägt dieser Gesetzentwurf eine völlig falsche Richtung ein. Anstatt den sich auftuenden Nutzungskonflikten um die schwindende Wasserressource entschieden zu begegnen, belebt die Landesregierung alte Konflikte, wie beispielweise jene in den Abbauregionen am Niederrhein. Der geplante Wegfall des Abgrabungsverbots für Rohstoffe in Wasserschutzgebieten steht dabei im besonders eklatanten Widerspruch zum Kerngedanken des Wasserschutzes.
Auch dem in den letzten Jahren viel diskutierten Rückgang der Artenvielfalt wird in diesem Gesetz nicht Rechnung getragen – im Gegenteil. Durch die Abschaffung der Gewässerrandstreifen nimmt die Landesregierung fahrlässig eine Gefährdung unseres Trinkwassers, unseres Lebensmittels Nummer 1, in Kauf. Einmal mehr zeigt sich, dass Schwarz-Gelb zugunsten der Interessen einzelner Unternehmen den Schutz unserer Umwelt massiv vernachlässigt.
Die Klimakrise ist in NRW durch die anhaltende Trockenheit, verdorrte Wälder und das Thema Wasserknappheit so präsent wie nie. Wir möchten Euch daher einen Überblick über die größten und aus unserer Sicht gravierendsten Änderungen des Landeswassergesetzes geben:
§ 31 Gewässerrandstreifen
Die äußerst hilfreiche Schutzwirkung von Gewässerrandstreifen gegen Gewässereinträge wird faktisch abgeschafft. Pflanzenschutzmittel, Nitrat und Phosphorverbindungen können somit wieder einfacher in die Gewässer eingetragen werden. Die Landesregierung argumentiert, dass die neue Düngeverordnung ausreichen werde, um die Nitratproblematik zu lösen. Im Bereich der Pestizidreduktionen seien ebenfalls die Bemühungen der Bundesregierung ausreichend. Der Aktionsplan der Bundesregierung enthält allerdings vor allem unverbindliche und wenig konkrete Maßnahmen. Damit setzt die Landesregierung nicht nur den Gewässerschutz, sondern auch den Insektenschutz fahrlässig aufs Spiel.
§ 35 Bodenschatzgewinnungsverbot in Wasserschutzgebieten
Das Abgrabungsverbot in Wasserschutzgebieten wird ersatzlos gestrichen – der Rohstoffabbau in Wasserschutzgebieten zukünftig also möglich. Der Abbau von Rohstoffen beseitigt oder vermindert die Grundwasserüberdeckung. Diese ist aber notwendig, um das Grundwasser vor schädlichen Einträgen zu schützen. Mit dem Verlust oder der Verminderung dieser Filter- und Pufferfunktion der Grundwasserüberdeckung geht folglich eine Gefährdung des Grundwassers einher. In Wasserschutzgebieten hat dies wiederum unmittelbaren Einfluss auf die Qualität des Trinkwassers. Wir sehen hier nicht nur einen Widerspruch zum Gewässerschutz, sondern auch zum angestrebten Vorrang der öffentlichen Trinkwasserversorgung (§ 37).
§ 37 Wasserentnahmen zur öffentlichen Trinkwasserversorgung
Der öffentlichen Trinkwasserversorgung wird Vorrang vor anderen Nutzungen eingeräumt. Die Betonung eines Rangverhältnisses zwischen den Wasserentnahmearten zugunsten der öffentlichen Trinkwasserversorgung begrüßen wir grundsätzlich vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Nutzungskonflikte. Jedoch ist nicht geregelt, wie dieser Vorrang sichergestellt werden kann und welche Anpassungen dazu beispielsweise im Bereich der Wasserentnahme vorgenommen werden müssen. Hier gibt es noch einen erheblichen Konkretisierungsbedarf. Die Landesregierung stützt sich bei ihrer gesamten LWG-Novelle argumentativ einzig und allein auf diesen vergleichsweise positiven Änderungsvorschlag.
§ 52 Kanalnetzübernahme
Mit dieser Änderung wird das Aufgabenspektrum zur Übertragung des Kanalnetzes seitens der Gemeinden auf sondergesetzliche Wasserverbände erweitert. Bislang ging es bei der Übertragung der Aufgaben nur um die Pflicht zum Sammeln und Fortleiten des Abwassers. Durch diese Änderung wird auch die Aufgabe des Behandelns und Einleitens von Niederschlagswasser von den Gemeinden auf den Wasserverband übertragen. Damit wird ohne Not in eine funktionierende Struktur eingegriffen.
§ 73 Vorkaufsrecht
Das Vorkaufsrecht des Landes von Flächen zugunsten der naturnahen Gewässerentwicklung wird ersatzlos gestrichen. Damit wird die Chance vertan, Fortschritte bei der Flächeninanspruchnahme im Rahmen der Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie zu erzielen.
§ 83 Festsetzung und vorläufige Sicherung von Überschwemmungsgebieten
Mit dieser Änderung wird die Regelung gestrichen, dass Flächen, die dem Hochwasserschutz dienen, vor entgegenstehenden Nutzungen zu schützen sind. Die Landesregierung argumentiert hier mit „Deregulierung“, ändert damit aber eine bedeutende Regelung des vorsorgenden Hochwasserschutzes. Der in Aussicht gestellte Schutz dieser Flächen durch die Raumordnungspläne hat sich bewährt, ist somit sinnvoll und notwendig. Mit der geplanten Änderung wird die rechtliche Möglichkeit zur Rückgewinnung von potenziellen Retentionsflächen geschwächt. Die Streichung der Regelung sendet das falsche Signal an die Vollzugsbehörden.
Mit dieser Übersicht haben wir einige zentrale, aber nicht alle geplanten Änderungen dargestellt. Wenn darüber hinaus noch Rückfragen aufkommen, stehen Euch unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Umweltpolitik, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, Anna von Spiczak (0211/884-2826, anna.von.spiczak@landtag.nrw.de) und ich gerne zur Verfügung.

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