Kommunalpolitik September 2012

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Liebe Freundinnen, liebe Freunde,
am vergangenen Donnerstag hat der Landtag auf Empfehlung des Ausschusses für Kommunalpolitik eine Reihe von Gesetzesänderungen beschlossen, die Eure unmittelbare Arbeit in den Kommunalparlamenten und Zweckverbänden berühren werden.
Nachfolgend findet ihr die von rot-grün vorgenommenen Gesetzesänderungen im kommunalen Bereich im Überblick!
Mario Krüger MdL, Kommunalpolitischer Sprecher

Änderung des Gesetzes zur Stärkung des Kommunalen Ehrenamtes:

Auf Initiative der GRÜNEN hatte der vorhergehende Landtag sich intensiv mit den Arbeitsbedingungen in den Kommunalparlamenten beschäftigt. Insbesondere mit der Situation von ehrenamtlichen Tätigkeiten in der Kommunalpolitik, die immer schwieriger mit den beruflichen Verpflichtungen zu vereinbaren sind. So müssen beispielsweise ArbeitnehmerInnen mit flexiblen Arbeitszeiten entstehende Fehlzeiten entweder im Voraus erbringen oder aber nachholen. Weiterhin hat das Oberverwaltungsgericht NRW im Oktober 2010 festgestellt, dass auch für Haushaltstätigkeiten in Familien die regelmäßige Arbeitszeit zu ermitteln ist und nur für diese Arbeitszeit eine Entschädigung gewährt werde kann. Ein aufwendiger Nachweis war die Folge.
Diese unbefriedigende Situation haben wir mit dem Gesetz zur Stärkung des kommunalen Ehrenamtes geändert. Konkret heißt das:

  • Bei flexiblen Arbeitszeiten wird für die Gleitzeit, die nicht zur Kernarbeitszeit gehört, ein Freistellungsanspruch von 50 % durch Zeitgutschrift auf das jeweilige Gleitzeitkonto gewährt.
  • Die bisherige Bindung der Hausarbeit an die „regelmäßige Arbeitszeit“ wird aufgegeben. Ein aufwendiger und möglicherweise umstrittener Nachweis zur Gewährung von Entschädigungszahlungen ist damit hinfällig.
  • Entschädigungen für Ausfallzeiten während der Arbeitszeiten können nunmehr auch für Gremien -z.B. Aufsichtsräte, Beiräte, LWL, VRS, RVR- geltend gemacht werden, deren MitgliederInnen vom Rat, Kreistag oder Umlageverband entsandt worden sind.
  • Zur Teilnahme an Bildungsveranstaltungen zur Ausübung der kommunalpolitischen Tätigkeiten wird ein Urlaubsanspruch von 8 Urlaubstagen je Wahlperiode eingeführt.
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-48.pdf http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-870.pdf

Gesetz zur Änderung des Umlagengenehmigungsgesetzes (UmlagenGenG)

Das Umlagengenehmigungsgesetz soll ein faires Miteinander von Kreisen und kreisangehörigen Gemeinden sowie zwischen Mitgliedskommunen und Umlageverbänden sichern. Durch die Gesetzesänderung sollen primär die Verfahrens- und Beteiligungsrechte der Umlagezahler gestärkt werden und darüber hinaus sichergestellt werden, dass sich die Umlageverbände auch weiterhin an den kommunalen Konsolidierungsanstrengungen entsprechend beteiligen (siehe hierzu Entschließungsantrag).
Um ein solchen Abstimmungsprozess auf Augenhöhe zwischen den kreisangehörigen Kommunen und den Kreis überhaupt sicherzustellen, ist künftig das Benehmen zwischen den Beteiligten herzustellen. Das Benehmen ist 6 Wochen vor Aufstellung des Kreishaushaltsentwurfes einzuleiten. Stellungnahmen der kreisangehörigen Kommunen sind dem Kreistag zur Kenntnis zu geben. Den Gemeinden ist Gelegenheit zur Anhörung im Kreistag zu geben. Über die Einwendungen der Gemeinden hat der Kreistag in öffentlicher Sitzung zu entscheiden.
Diese Regelungen gelten selbstverständlich auch im Binnenverhältnis zwischen kreisfreien Städten bzw. Landkreis zu Umlageverbänden wie dem Regionalverband Ruhr oder den Landschaftsverbänden. http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-46.pdf http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-868.pdf http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-869.pdf

Änderung des Gesetzes zum Neuen Kommunalen Finanzmanagemets (NKFWG)

Erfordernis von Haushaltssicherungskonzepten bei einer 5 %-igen Inanspruchnahme der Allgemeinen Rücklage:

Gegenüber dem früheren Gesetzesentwurf wollen wir an die bisherigen Regelungen zur Erfordernis eines Haushaltssicherungskonzepts festhalten. Bisher musste bei Fehlbeträgen > 5 % des Eigenkapitals in zwei aufeinanderfolgenden Haushaltsjahren ein Haushaltssicherungskonzept erstellt werden. Dieser Schwellenwert sollte auf 10 % angehoben werden. Nach Einschätzung diverser Kämmereien wird mit der faktischen Verdopplung des zulässigen Haushaltsdefizits der Konsolidierungsdruck genommen.
So wies der in 2011 eingebrachte Haushaltsplanentwurf 2012 der Stadt Bochum ein Defizit von rund 77 Mio. € aus. In einem schwierigen Abstimmungsprozess zwischen Politik, Bürgerschaft, kommunalen Unternehmungen und Verwaltung wurde in Bochum ein Sparpacket entwickelt, was bei einem 10 %-igen Schwellenwert für den Haushaltsplan 2013 obsolet wäre. Die Stadt hätte ein Defizit von rund 130 Mio. € in 2013 ausweisen können, ein Haushaltssicherungskonzept wäre nicht notwendig gewesen. Zu glauben, dass angesichts der bevorstehenden Kommunalwahlen die Verantwortlichen sich freiwillig auf einschneidende Maßnahmen verständigt hätten, ist naiv. Ein noch stärkerer Vermögensverzehr wäre die Folge gewesen.
Dieser Einschätzung haben wir uns angeschlossen, daher unser im Landtag beschlossener Änderungsantrag zum Festhalten am bisherigen Schwellenwert von 5%. Diese Änderung wird sowohl vom Deutschen Städtetag als auch vom Landkreistag begrüßt.

Änderungen in der Ergebnisrechnung gemäß Gemeindehaushalts-Verordnung:

Jetzt wird es kompliziert. Künftig sind Erträge und Aufwendungen aus dem Abgang und der Veräußerung von Vermögensgegenständen sowie Wertveränderungen von Finanzanlagen unmittelbar mit der allgemeinen Rücklage zu verrechnen. In der Konsequenz bedeutet das, dass der tatsächliche Ressourcenverbrauch bei Aufgabe oder Veräußerung von Grundstücken und Immobilien sowie notwendige Abwertungen oder Zuschreibungen von z.B. Aktienbeständen nicht mehr in der Ergebnisrechnung auftauchen. Damit geht Transparenz zur Vermögenslage der Kommune verloren. Ein Zugeständnis an die kommunalen Spitzenverbände.
Hintergrund ist der außerordentliche Abschreibungsbedarf der RWE-Kommunen. So hat die Stadt Mühlheim ihre 9,6 Mio. RWE-Aktien mit rund 700 Mio. €  bilanziert, der aktuelle Kurswert liegt demgegenüber bei rund 340 Mio. €. Eine Wertberichtigung müsste spätestens nach 5 Jahren erfolgen, das Tempo der Überschuldung würde sich erhöhen. Gleichzeitig haben wir auch Begründungen am Beispiel des Landschaftsverbandes Rheinland zur Erhöhung der Umlagezahlungen mit Hinweis auf den außerordentlichen Abschreibungsbedarf der vom LVR gehaltenen RWE-Aktien zur Kenntnis nehmen müssen.
Anderseits wird aber auch das Verschieben von z.B. Liegenschaften zu kommunalen Unternehmungen oder Sondervermögen -zum Teil in Kombination mit einer Rückmietung der veräußerten Objekte- und einer anschließenden Realisierung von Buchgewinnen zur Ergebnisoptimierung unterbunden. Beispiele kennen wir nicht nur aus Dortmund (Veräußerung des Rathauses an einer städtisches Sondervermögen mit anschließender Rückmietung oder Grundstücksverkäufe an die Dortmunder Stadtwerke).

Veröffentlichungspflicht von Jahresabschlüssen

Künftig sind nicht mehr dem Gemeinde-Haushaltsplan der Jahresabschluss und der Lagebericht von kommunalen Unternehmen an denen die Gemeinde mehr als 50 % der Anteile gehören, beizufügen. Stattdessen können entsprechende Informationen aus dem Beteiligungsbericht, welcher mit der Jahresschlussrechnung von der Gemeinde vorzulegen ist, entnommen werden.

Wir werden sehen, ob sich diese Änderungen in der Praxis bewähren. Nicht ohne Grund sprechen wir von einem „Ersten Gesetz zur Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements“. http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-47.pdf http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-871.pdf

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