Kommunalinfo: Parlamentarischer Untersuchungsausschuss „Silvesternacht 2015“ legt Abschlussbericht vor

Kommunalinfo

Liebe Freundinnen und Freunde,
in der heutigen Plenarsitzung wurde dem Landtag der Abschlussbericht über die Arbeit des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu den Ereignissen in der Silvesternacht 2015/2016 in Köln vorgelegt.
In jener Silvesternacht wurden im Bereich des Bahnhofs und des Kölner Doms sowie der Hohenzollernbrücke insbesondere zahlreiche Frauen Opfer von Sexual- und Eigentumsdelikten. Diese wurden in der Nacht nicht von der Polizei verhindert, da die Übergriffe von den Ordnungs- und Sicherheitskräften größtenteils nicht in der Masse der Menschen erkannt und bemerkt wurden.
In den folgenden Tagen und Wochen kam es zu insgesamt 1.222 Anzeigen, von denen sich 513 auf den Vorwurf eines sexuellen Übergriffs beziehen. Dabei sind 1310 Personen Opfer einer Straftat geworden, 662 Personen davon Opfer eines sexuellen Übergriffs.
Nur in einem sehr geringen Teil der Fälle konnten Täter ermittelt und ein Strafrechtsverfahren eingeleitet werden.
Aufgabe und Arbeit des PUA
Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss hatte die Aufgabe, die schrecklichen Ereignisse der Silvesternacht und die politischen Verantwortlichkeiten zu untersuchen. Schwerpunkte des Ausschusses waren die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Silvesternacht seitens der Sicherheits- und Ordnungsbehörden (Ordnungsamt der Stadt Köln, Landespolizei und Bundespolizei). Daneben ging es aber auch um die Themen Personalsituation der Polizei, Lehren aus „HoGeSa“ (gewalttätige Demonstration der Gruppe „Hooligans gegen Salafisten“ 2014 in Köln) und Loveparade, Gewalt gegen Polizeibeamt*innen, sexualisierte Gewalt gegenüber Frauen, rechtsfreie Räume und Kleinkriminalität und deren Bezug zu den Ereignissen der Silvesternacht.
Der Ausschuss hat sich intensiv der Aufklärung der Ereignisse gewidmet: In den vergangenen 13 Monaten wurden in 61 intensiven Sitzungen 180 Zeug*innen angehört, davon waren 96 Polizist*innen.
Grüne Schwerpunkte waren neben der Aufklärung der Ereignisse vor allem die Aufarbeitung der Sexualstraftaten im Zusammenhang mit den Opferhilfestrukturen für Opfer von Sexualisierter Gewalt sowie die Organisations- und Fehlerkultur der Polizei und die Zusammenarbeit mit der Bundespolizei.
Die zum Teil sehr differenzierte Gemengelage, die dazu geführt hat, dass Landes- und Bundespolizei und Ordnungsbehörden die Straftaten nicht in dem Maße erkannt und die Frauen geschützt haben, werden im Bericht ausführlich erläutert. Ihr könnt ihn hier herunterladen.
Opposition missbraucht PUA als Wahlkampf-Plattform
Der Ausschuss ist verständlicher- und richtigerweise auf großes öffentliches Interesse gestoßen. Leider war die Arbeit im Ausschuss nicht von einem allseitigen Aufklärungswillen im Sinne der Geschädigten geprägt. Vielmehr nutzten Teile der Opposition dieses parlamentarische Gremium als Plattform für den Wahlkampf und vermeintliche persönliche Profilierung. Bereits zu Beginn wurden vertrauliche Akten herausgegeben – darunter auch sehr persönliche Daten von Opfern von sexualisierter Gewalt. Ihren letzten Tiefpunkt fand dieses absolut unparlamentarische Verhalten im Durchstechen eines Entwurfs des Abschlussberichts des Ausschussvorsitzenden Peter Biesenbach (CDU), der ausschließlich dessen persönliche Wertung enthielt. Die Arbeit an einem sachlichen und einem den Umständen und Opfern angemessenen Bericht wurde dadurch massiv gestört.
Uns ging es neben der Aufklärung der Geschehnisse in der Silvesternacht 2015/2016 stets auch immer darum, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie verhindert werden kann, dass sich derartige Ereignisse wiederholen. Dabei haben wir den Fokus insbesondre auf die Arbeit der Polizei und deren Umgang mit Opfern von sexualisierter Gewalt gelegt. Wir haben daher eine Reihe von Handlungsempfehlungen entwickelt. Die wichtigsten sind:

  • Wir wollen bei Einsatzlagen, bei denen die gesetzliche Zuständigkeit mehrerer Sicherheitsbehörden (Landespolizei, Bundespolizei, kommunale Ordnungsbehörden) gegeben ist, eine engere Zusammenarbeit bei Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung gewährleisten.
  • Wir wollen darauf hinwirken, dass die Defizite bei der deliktischen Einordnung von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, der nicht ausreichenden Sensibilisierung bei der Aufnahme von Strafanzeigen und der weiteren Bearbeitung dieser Strafanzeigen durch ausreichende Schulungen beseitigt werden.
  • Der Ausschuss empfiehlt eine Sensibilisierung auch der operativen Kräfte im Umgang mit Opfern von sexualisierter Gewalt durch Fort- und Weiterbildung und eine generelle Sensibilisierung für spezifische Lageentwicklungen oder Anlässe mit erhöhtem Risiko für derartige Deliktsarten, beispielsweise durch Aufnahme in die Einsatzvorbereitung und die Einsatzvorbesprechungen. Wir wollen sicherstellen, dass – auch im Rahmen von Besonderen Aufbauorganisationen – besonders qualifizierte Beamtinnen zur Anzeigenaufnahme bei Sexualdelikten zur Verfügung stehen.
  • Die Maßnahmen der sozialraumorientierten Polizeiarbeit in Kriminalitätsschwerpunkten sollten durch gemeinsame Projekte mit den sozialen Trägern, der Agentur für Arbeit u.a. ergänzt, verstetigt und evaluiert werden. 

Die vollständigen Handlungsempfehlungen gibt es hier zum Nachlesen, hier meine heutige Rede.
Wir bedanken uns bei unseren Kolleg*innen und stellvertretenden Mitgliedern Andrea Asch und Martin-Sebastian Abel sowie unserem wissenschaftlichen Mitarbeiter Oliver Niermann und unserem Berater Hubert Wimber für die Unterstützung und Zusammenarbeit.
Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.