In der vergangenen Woche haben wir im Landtag eine endgültige Entscheidung zum langjährigen Konflikt um die Straßenausbaubeiträge getroffen. Mit dem „Gesetz zur Abschaffung der Beiträge für den Ausbau kommunaler Straßen im Land Nordrhein-Westfalen“ beenden wir einen jahrzehntelangen Streit um die Straßenausbaubeiträge. Er wurde insbesondere zwischen den Immobilienbesitzer*innen und ihren Kommunen ausgetragen und hat neben den Verwaltungsgerichten auch viele Kommunalpolitiker*innen in ihrer ehrenamtlichen Arbeit stark belastet. Als GRÜNE lösen wir mit der gesetzlichen Abschaffung eine Zusage ein, die wir bereits in der vergangenen Wahlperiode gegeben und mit dem Koalitionsvertrag erneuert haben.
Gesetz schafft Rechtssicherheit und Planbarkeit für alle Betroffenen
Mit dem Gesetz schaffen wir endgültige Rechtssicherheit für Anlieger*innen kommunaler Straßen, die bislang für Straßenausbaumaßnahmen beitragspflichtig waren. De facto waren die Anlieger*innen bereits vorher für alle Maßnahmen, die ab dem 1. Januar 2018 beschlossen wurden, durch ein Förderprogramm des Landes entlastet worden. Ein Rechtsanspruch auf diese Förderung bestand jedoch nie. Für alle kommunalen Straßenausbaumaßnahmen, die ab dem 1. Januar 2024 beschlossen wurden oder in Zukunft beschlossen werden, gilt nun ein klares und rechtssicheres Beitragserhebungsverbot. Damit können sich Anlieger*innen darauf verlassen, zukünftig nicht mehr für Maßnahmen, auf deren Durchführung sie selbst keinen Einfluss hatten, zu oft fünfstelligen Beitragssummen herangezogen zu werden, was insbesondere Rentner*innen und junge Familien in nicht wenigen Fällen finanziell überfordert hat.
Einnahmeausfälle werden den Kommunen voll erstattet
Auch für die Kommunen bringt das Gesetz wichtige Verbesserungen. Sie erhalten mit dem Gesetz einen Rechtsanspruch auf die Erstattung der entgangenen Beiträge durch das Land NRW. Die Erstattung soll sich an der Musterbeitragssatzung des Städte- und Gemeindebunds NRW orientieren. Da einige Kommunen Anlieger*innen bis zu 80 Prozent an den Kosten beteiligt haben, wird auch das Land künftig bis zu 80 Prozent der Ausbaukosten einer Straßenausbaumaßnahme kompensieren, die neben Fahrbahnerweiterungen auch die Neuanlage eines Radwegs, Straßenbeleuchtung oder Grünanlagen umfassen kann. Damit wird der Erstattungssatz des Landes in vielen Kommunen oberhalb der bislang tatsächlich erhobenen Beiträge liegen, die Konnexität entsprechend gewährleistet und die Kommunen de facto sogar von Kosten entlastet.
Entlastungen für die kommunale Bürokratie
Mit dem Gesetz machen wir zahlreiche Gerichtsstreitigkeiten überflüssig und vereinfachen die Kostenerstattung für die Kommunen gegenüber dem bisherigen Förderprogramm. Darüber hinaus enthält das Gesetz weitere Bausteine zur Entbürokratisierung. So entfallen für alle Maßnahmen ab 1. Januar 2024 auch das bislang zu erstellende Straßen- und Wegekonzept sowie die gesetzliche Pflicht zur Durchführung von Anliegerversammlungen. Diese konnten bislang selbst bei kleinsten Maßnahmen, wie der Erneuerung/Verbesserung eines Kanals, erforderlich werden. In Summe wird damit in den Kommunen eine Vielzahl an Personalstellen, die bisher für die Abrechnung von Straßenausbaubeiträgen gebraucht wurden, für andere Tätigkeiten im Bereich Tiefbau und Verkehrswende frei.
Kommunale Grundstücke werden zukünftig in einem vereinfachten Verfahren herausgerechnet
Anders als andere (private und öffentliche) Anlieger*innen mussten Kommunen nach dem bisherigen Recht für ihre eigenen Grundstücke keine Straßenausbaubeiträge entrichten. Folgerichtig entsteht für diese Grundstücke zukünftig auch kein Erstattungsanspruch. Damit die Abgrenzung dieser Kostenanteile zukünftig nicht den gleichen Aufwand wie die frühere Beitragsabgrenzung auslöst, hat die Landesregierung unseren Vorschlag aufgegriffen und angekündigt, die Abgrenzung der kommunalen Grundstücke anhand der Länge der angrenzenden Frontmeter vorzunehmen. Damit genügt zukünftig ein Auszug aus dem Straßenkataster, eine aufwendige Betrachtung von Grundstücksgrößen, Bebauung, Nutzung etc. oder Hinterliegergrundstücken hingegen entfällt.
Achtung: Stichtage bleiben bestehen – Altfälle können weiterhin auftreten
Wie bereits angeklungen ist, bleiben zwei Stichtagsregelungen bestehen: Für alle zwischen dem 1. Januar 2018 und dem 31.12.2023 beschlossenen Straßenausbaumaßnahmen gilt weiterhin das bisherige Förderprogramm nach dem früheren §8a Kommunalabgabengesetz NRW (KAG NRW), über das die Anlieger*innen auf Antrag der Kommune zu 100 Prozent entlastet werden können. Für alle Maßnahmen ab dem 1. Januar 2024 gilt das neu eingeführte Beitragserhebungsverbot. Damit bleibt für alle Maßnahmen, die noch vor 2018 beschlossen oder im Haushalt einer Stadt oder Gemeinde etatisiert wurden, die frühere gesetzliche Beitragspflicht ohne Fördermöglichkeit bestehen. Angesichts der angespannten Finanzlage des Landes konnten wir Forderungen nach einer Ausweitung des Stichtags oder einem Härtefallfonds für frühere Maßnahmen nicht nachkommen.
In nicht wenigen Kommunen schlummern jedoch nach wie vor einige „Altfälle“ von vor 2018 beschlossenen Straßenausbaumaßnahmen in den Haushalten und Investitionsplanungen. Wenn diese alten Beschlüsse schließlich irgendwann zur Umsetzung gelangen, kann nach wie vor eine Beitragspflicht entstehen – mit den erwähnten Härten für die betroffenen Anwohner*innen. Vor diesem Hintergrund rate ich Euch dazu, Euch einen Überblick darüber zu verschaffen, ob in den Investitionsplanungen Eurer Kommune solche „Altfälle“ zu finden sind und mit Euren Kommunen zu klären, wie mit diesen Maßnahmen verfahren werden soll. Dabei ist es selbstverständlich möglich, früher getroffene Baubeschlüsse für Straßenausbaumaßnahmen auch wieder aufzuheben.
Bei Rückfragen zu diesem und allen anderen Aspekten des Gesetzes könnt Ihr Euch wie immer gerne an unseren Referenten für Kommunalpolitik, David Schichel, oder mich wenden.