Kinder- und Familienpolitik Januar 2013

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Liebe Freundinnen und Freunde,
auch in diesem Jahr möchte ich Euch wieder über alles Wichtige aus der Kinder- und Familienpolitik des Landes informieren.
Wie bereits in den letzten Jahren ist der Haushaltsentwurf 2013 im Kinder- und Familienbereich vom Volumen her stark angestiegen. Ursache hierfür sind selbstverständlich die Kosten des U3-Ausbaus und vor allem die Entlastung der Kommunen bei den Betriebskosten für diese Plätze über das Belastungsausgleichsgesetz. Dennoch musste an der einen oder anderen Stelle auch im Kinder/Familienhaushalt gespart werden, um das Sparziel des Landes von 150 Millionen Euro bei den Förderprogrammen zu erreichen. Unter dem Strich und nach Abzug aller Sondereffekte, enthält das Kapitel der Kinder- und Jugendhilfe (angefügt) aber am Ende 74,34 Millionen Euro mehr als 2012.

U3-Ausbau im Haushaltsentwurf 2013

Aus dem Landesinvestitionsprogramm 2010 – 2013 in Höhe von insgesamt 440 Millionen Euro enthält der Haushaltsentwurf 2013 noch 90 Millionen Euro an Zuschüssen zum U3-Ausbau.
Aus dem im November 2013 verabschiedeten Belastungsausgleichgesetz erscheint im Entwurf eine Zahlung von 163 Millionen. Diese Summe muss aber noch um 75 Millionen Euro reduziert werden, die die Kommunen bereits im Dezember erhalten haben. Ab August steigt der Landesanteil an den Betriebskosten von U3-Plätzen dann dauerhaft von durchschnittlich 35 auf 55%, unabhängig von der Platzzahl. Hierfür ist der dann verbleibende Betrag von (163 – 75) 88 Millionen Euro vorgesehen.
Das Sondervermögen zum U3-Ausbau des Bundes 2008-2013 ist seit Dezember 2012 vollständig bewilligt und wird gerade verbaut.
Für zusätzliche Bundesmittel, die rot-grün der Bundesregierung in den Fiskalpaktverhandlungen abgerungen hat, ist zwar im Haushaltsentwurf 2013 eine Position vorgesehen (Seite 1, unterste Zeile), die Höhe ist aber noch nicht beziffert, weil sie im Bundestag noch nicht verabschiedet war bei Drucklegung des Haushalts. Das bedeutet für NRW 126 Millionen Euro zusätzlich für die Haushaltsjahre 2013 und 2014. Diese Mittel müssen bis Ende 2014 verbaut sein!
Wichtig:  Das Land beteiligt sich an allen von den Kommunen gemeldeten U3-Plätzen entsprechend der gesetzlichen Vorgaben, auch wenn die im aktuellen Haushaltsgesetz für das Kindergartenjahr 2013/2014 festgesetzten 144.000 Plätze überschritten werden sollten. Wir sind zuversichtlich, das landesdurchschnittliche Ausbauziel von 32% zu erreichen. Vielerorts wird es ja schon heute übertroffen.
Ebenfalls wichtig: Die Medien haben eine weggefallene Position im Haushalt von 8,7 Millionen Euro problematisiert, dem gegenüber stehen zwei neue Positionen (siehe oben „1.“ und „2.“), deren Gesamtvolumen im Haushaltsentwurf 253 Millionen Euro erreichen. Davon sind 75 Millionen Euro bereits ausgezahlt.

Betriebskostenzuschüsse des Landes

Die sonstigen Betriebskostenzuschüsse des Landes in der Kindertagebetreuung steigen deutlich aufgrund der zusätzlichen U3-Plätze, der jährlichen Dynamisierung und steigender Mietkostenbeteiligungen aufgrund der vielen neu im Bau befindlichen Kitas. Erstmals seit Jahren steigt auch die Zahl der über dreijährigen Kinder leicht an, da eine höhere Inanspruchnahme besonders bei Dreijährigen festzustellen ist.

Familienzentren

Für 2013 sind 100 zusätzliche Familienzentren vorgesehen. Vor allem Familien brauchen diese Unterstützung, daher sollen die neuen Familienzentren wieder vor allem dort entstehen, wo Kinder und Eltern besondere Unterstützungsbedarfe haben.

Kleinere Haushaltsänderungen

Es gibt im Haushalt weitere Kürzungen, die Anpassungen an den Bedarf sind, z.B. in der Schwangeren(konflikt)beratung aufgrund zurückgehender Fallzahlen. Das Modellprojekt „Erzieherische Hilfen für jugendliche Sexualstraftäter“ ist ausgelaufen und daher gestrichen worden. Das „Begrüßungsgeld“ für Drillingsgeburten ist gestrichen worden, SGB II Empfänger kam das Geld nicht zu Gute, da es auf den Regelsatz angerechnet wurde. Aus der Haushaltsposition zum Kinderschutz wurde ein Zuschuss an die Peter-Maffay-Stiftung gestrichen, die auf einer Finca auf Mallorca traumatisierten Kindern Aufenthalte ermöglicht. Das ist landeshaushaltsrechtlich höchst bedenklich, weil es sich formal um eine kommunale Aufgabe handelt, wenn eine Kommune das als Erziehungshilfe ansehen sollte.

Folgen der Nichterfüllung des Rechtsanspruchs

Inzwischen sind in zwei Gutachten die Folgen der Nichterfüllung des Rechtsanspruchs veröffentlicht worden. Der Deutsche Städtetag hat die Zusammenfassung des Gutachtens eines der führenden deutschen Jugendhilferechtlers Prof. Dr. Dr. Reinhard Wiesner veröffentlicht, die angefügt ist. Darüber hinaus wurde ein mit Mitteln des Bundesfamilienministeriums mitgefördertes Gutachten des DIJuF (Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht) veröffentlicht. Die Zusammenfassung ist ebenfalls angefügt.
An dieser Stelle noch einmal einige rechtliche Grundlagen:
Ab 1. August besteht ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für ein- und zweijährige Kinder und auf einen Kita-Platz für Kinder ab drei Jahre. Der Betreuungsplatz kann also auch in der Kindertagespflege angeboten werden. Der Anspruch richtet sich gegen das zuständige Jugendamt. Etwaige kommunale Kosten bei Nichterfüllung des Betreuungsplatzes können weder auf das Land noch auf den Bund abgewälzt werden. Solche Kosten entstehen, wenn Eltern private Betreuungsangebote in Anspruch nehmen müssen (Kostenerstattung durch das Jugendamt) oder aufgrund des fehlenden Betreuungsplatzes an der Aufnahme der Berufstätigkeit gehindert werden (Schadenersatz = Verdienstausfall, der vom Jugendamt zu tragen ist)
Bundesrechtlich ist der örtliche Träger der Jugendhilfe für die Bereitstellung von Betreuungsplätzen ebenso verantwortlich wie für die Einhaltung und Sicherung der Qualität (§ 22a, Absatz 1, SGB VIII). Für die kommunalen Jugendämter gibt es und gab es noch nie ein Ausbauziel von 32%, vielmehr muss der örtliche Bedarf ermittelt und dann durch entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden. Das können also auch 22% oder 45% sein. Die 32% landesdurchschnittliches Ausbauziel hat der Bundesgesetzgeber aufgrund von Studien für NRW 2006 ermittelt. Die Grüne Forderung nach Daten-Aktualisierung hat schwarz-gelb im Bundestag stets abgelehnt, um sich finanziell nicht an höheren Ausbaubedarfen beteiligen zu müssen.
Ab welcher Betreuungszeit  zählt ein Platz als Platz, der den Rechtsanspruch sicher stellt? Der zeitliche Umfang hängt vom individuellen kind- und elternbezogenen Bedarf ab, sowie von der Beachtung des Kindeswohls. Daher kann keine konkrete Stundenzahl benannt werden. Plätze in Spielgruppen sind keine Betreuungsplätze im Sinne des Bundesgesetzes (§ 22 ff SGB VIII). Wir gehen für NRW davon aus, dass die im Kinderbildungsgesetz vorgesehene Mindestzeit von 25 Stunden immer ausreicht, um den Rechtsanspruch zu erfüllen.
Voraussetzung für einen U3-Platz ist eine rechtzeitige Anmeldung bis zu 6 Monaten vor geplanter Inanspruchnahme des Platzes. Das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern bezüglich der pädagogischen Vielfalt der Angebote ist stark eingeschränkt, der Rechtsanspruch bezieht sich auf vorhandene  Angebote, unabhängig davon, wer z.B. Kita-Träger ist.
Das DIJuF-Gutachten behauptet, objektiver Fachkräftemangel könne unter engen Voraussetzungen das Verschulden des Jugendamts an fehlenden Betreuungsplätzen aufheben, wenn die Plätze an sich da sind und man sich nachhaltig erfolglos um Fachkräfte bemüht habe. Das Gutachten Prof. Wiesners behandelt diesen Punkt nicht.
Bei Geltendmachung von Kostenerstattungen/Schadensersatz durch Eltern, die keinen Betreuungsplatz erhalten haben, gilt der Grundsatz der Schadenminderungspflicht. Eltern müssen den Schaden gering halten und sich dauerhaft um einen Betreuungsplatz bemühen. In einem nicht öffentlichen Gutachten für die grüne Bundestagesfraktion durch den parlamentarischen Gutachterdienst heißt es, dass nur die durchschnittlichen Kosten eines öffentlichen Betreuungsplatzes durch das Jugendamt ersetzt werden müssen.
Unter folgendem Link findet Ihr das Gutachten des DIJuF in Langfassung: http://www.dijuf.de/tl_files/downloads/2011/2012/DIJuF-Thesen_Rechtsanspruch%20U3_11-01-2013.pdf Die Langfassung des Gutachtens von Prof. Wiesner liegt den örtlichen Jugendämtern im Einzugsbereich des Städte- und Gemeindebundes vor. Dieses Gutachten nimmt auch Stellung zum Thema Platz-Sharing und erhebt gravierende Bedenken aufgrund bundesrechtlicher Bestimmungen, die ich für das Landesrecht (also KiBiz) teile: Landesgesetzlich definierte Qualitäten bei Personalausstattungen/schlüsseln und Raumausstattungen dürfen auch bei Provisorien grundsätzlich nicht unterschritten werden. Als Grüne stehen wir für Qualität in der Kindertagesbetreuung auch in Zeiten, in denen es mit den Plätzen knapp wird.

Forschungsprojekt „Kommunale Bedarfserhebungen U3“

Zur Bestimmung der notwendigen U3-Platzzahlen muss der Bedarf vor Ort festgestellt werden. Hierzu bietet die Technische Universität Dortmund/Deutsches Jugendinstitut im Rahmen eines Forschungsprojekts den Kommunen Unterstützung an. Im angefügten Infoblatt findet ihr alle notwendigen Informationen. Kosten entstehen lediglich für den Postversand, da die Befragung schriftlich stattfindet. Wenn sich kommunale Jugendämter bewerben wollen, ist es höchste Zeit. Es können nur noch wenige Jugendamtsbezirke in das Forschungsprojekt aufgenommen werden. Der Ansprechpartner bei der TU Dortmund ist im Infoblatt angegeben.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Asch

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