Geplante Änderungen von Schwarz-Gelb beim Kommunalwahlrecht

Komunalinfo

Liebe Freundinnen und Freunde,
die Anhörung zur von der schwarz-gelben Landesregierung geplanten Kommunalwahlrechtsänderung und der damit einhergehenden Abschaffung der Stichwahl für die Hauptverwaltungsbeamt*innen am 15.02.2019 war für die Regierungsfraktionen eine schallende Ohrfeige. Als Konsequenz haben CDU und FDP das Gesetz nun doch nicht in diesem Monat durchgepeitscht, sondern die Verabschiedung in den April verschoben. Speziell von juristischen Expert*innen wurden massive Zweifel geäußert, ob die Gesetzesänderung verfassungsrechtlich belastbar wäre. Zwar hatte der Landesverfassungsgerichtshof NRW 2009 die damalige Abschaffung der Stichwahl als mit der Verfassung des Landes vereinbar bewertet, allerdings gleichzeitig auch deutlich gemacht, dass ein solcher Schritt eine klare und nachvollziehbare argumentative Begründung enthalten muss. Wörtlich heißt es im Urteil:
„Der Gesetzgeber ist gehalten, die Wahlverhältnisse daraufhin im Blick zu behalten, ob das bestehende Wahlsystem den erforderlichen Gehalt an demokratischer Legitimation auch zukünftig zu vermitteln vermag“.
Die Rechtswissenschaftler*innen waren sich in der Anhörung einig, dass dieser Leitsatz bislang weder von den antragstellenden Fraktionen noch von der Regierung in irgendeiner Weise angemessen berücksichtigt wird. Das belegen übrigens auch die Antworten des NRW-Innenministers auf zwei kleine Anfragen zu den Ergebnissen der Kommunalwahlen 2009 ohne Stichwahl und 2014 mit Stichwahl von meinem Kollegen Horst Becker und mir. Sollten die Regierungsfraktionen nicht zur Vernunft kommen und die Abschaffung der Stichwahl aufgeben, werden wir das Landesverfassungsgericht NRW anrufen, um die Zulässigkeit dieses Vorhabens zu klären.
Gemeinsam für den Erhalt der Stichwahl!
Solltet Ihr in Euren Räte und Kreistagen Resolutionen für den Erhalt der Stichwahl gefasst haben, bin ich für entsprechende Hinweise sehr dankbar. Außerdem wäre es gut, wenn Ihr darauf drängt, dass die Resolutionen nicht nur der Regierung, sondern auch dem Landtag als Zuschrift oder Stellungnahme zugestellt werden. Zudem freue ich mich über jede Person, die den Aufruf zum Erhalt der Stichwahl unterzeichnet, dem auch wir als Fraktion beigetreten sind.
Problematische Änderungen bei der Wahlkreiseinteilung geplant
Ein weiterer brisanter Aspekt der geplanten Änderungen am Kommunalwahlrecht spielt bislang öffentlich nur eine Nebenrolle, obwohl er die Kommunen vor große Schwierigkeiten stellen könnte: CDU und FDP wollen bei der Ermittlung der Einwohnerzahl zur Einteilung der Kommunalwahlkreise künftig nur noch diejenigen Menschen berücksichtigen, die Deutsche im Sinne von Artikel 116 Absatz 1 des Grundgesetzes oder Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates der Europäischen Gemeinschaft sind.
Das würde den Zuschnitt von Wahlgebieten deutlich verändern. Bisherige Wahlkreise mit hohem Anteil an Nicht-Wahlberechtigten würden zukünftig größer geschnitten werden. Die Zahl der Wahlberechtigten würde sich zwar nicht signifikant ändern, aber die Zahl der innerhalb dieser Wahlbezirke lebenden Menschen und die Fläche dieser Bezirke würden größer. Diese erheblichen Auswirkungen auf die Wahlkreiszuordnung bedeuten einen massiven Mehraufwand für die Kommunalverwaltungen. Trotzdem sind die Regierungsfraktionen nicht bereit, das Inkrafttreten ihres Vorhabens so anzupassen, dass Kommunalverwaltungen und Parteien ausreichend Zeit haben, um sich vernünftig auf die Änderungen vorzubereiten. Bislang war es üblich, schwerwiegende Veränderungen beim Wahlrecht zu Beginn einer Wahlperiode vorzunehmen oder das Inkrafttreten erst für die übernächste Wahl vorzusehen.
Eine Änderung wie diese, die auf kommunaler Ebene nachvollzogen werden muss, anderthalb Jahre vor der Kommunalwahl zu beginnen, ist eindeutig zu kurzfristig. Schließlich haben viele Kreisverbände schon mit den ersten Überlegungen und Planungen für die Wahl begonnen. Wir stellen Euch deshalb mit diesem Kommunalinfo eine Musteranfrage zur Verfügung, mit der Ihr Eure Verwaltungen fragen könnt, ob sie bereits Kenntnisse den schwarz-gelben Plänen haben und wie sie mit diesen umgehen. Auch hier wäre ich über eine Rückmeldung – insbesondere wenn die Antworten vorliegen – sehr dankbar.
Für weitere Nachfragen steht Euch auch unser wissenschaftlicher Mitarbeiter für Kommunales, Marc Schulz (marc.schulz@landtag.nrw.de, 0211 884 2862), gerne zur Verfügung.

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