Flüchtlingspolitische Nachrichten August 2015

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Liebe Freundinnen und Freunde,
auch für Euch zur Information meine aktuellen Flüchtlingspolitischen Nachrichten. Nach aktueller Prognose werden in diesem Jahr 800.000 Menschen erwartet, die vor Verfolgung und aus Not nach Deutschland fliehen. Das wären viermal so viele wie im Vorjahr. Entgegen des um sich greifenden Alarmismus ist das für ein wohlhabendes Land wie Deutschland keine Katastrophe. Es ist sehr wohl eine enorme logistische Herausforderung den starken Anstieg zu bewältigen und sie bringt derzeit alle an den Rand der Leistungsfähigkeit, aber es ist zu schaffen, wenn alle staatlichen Ebenen ihrer Verantwortung gerecht werden und nicht mit populistischen Forderungen wie nach der Ausweitung der Sicheren Herkunftsstaaten von den Dingen ablenkt, die eigentlich zu tun wären und die wirklich helfen. Mein Appell ist daher, die Debatte zu versachlichen, Probleme klar zu benennen aber auf Schwarze-Peter-Spiele zu verzichten und gemeinsam das zu tun, was die Lage tatsächlich verbessern kann.

Die Lage in NRW

Zu Spitzenzeiten kommen momentan bis zu 1500 Personen am Tag in NRW an. Neu ist dabei nicht nur der unerwartet starke Anstieg, sondern, dass bereits seit dem Frühsommer und nicht erst im Herbst so viele Menschen kommen. Dieser Anstieg warf das Land bei der Planung im Hinblick auf eine bessere Unterbringung der Flüchtlinge in den Landeseinrichtungen wieder zurück. Denn hatten wir bis zum erneuten Anstieg der Zahlen erreicht, dass die mögliche Aufenthaltsdauer in den Landeseinrichtungen wieder anstieg, müssen die Menschen nun aufgrund der fehlenden Kapazität schneller in die Kommunen überführt werden, mit den daraus resultierenden Problemen. Gleichzeitig steigt der Antragsstau beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge weiter an und leider auch die Zahl der Asylsuchenden, die ohne eine  Antragsstellung in den Kommunen ankommen.
Als Reaktion auf den Anstieg hat das Land mit zusätzlichen Notunterkünften reagiert und die Kommunen im Wege der Amtshilfe angewiesen Unterbringungsmöglichkeiten für die Erstaufnahme zur Verfügung zu stellen. Derzeit bringen wir in NRW die Menschen in insgesamt 121 Unterbringungseinrichtungen unter: Wir haben 5 Erstaufnahmeeinrichtungen, 21 Zentrale Unterbringungseinrichtungen und 95 Notunterkünfte (die 15.621 Plätze umfassen).

Die entstandene Vielzahl kleinerer Unterbringungseinrichtungen brachte wiederum auch die Betreuungsverbände an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. Sie können aktuell nicht mehr genug Personal stellen, um in allen Einrichtungen auch mit genügend Personen vor Ort die Betreuung sicher zu stellen. Es werden nunmehr größere Einrichtungen benötigt, da dort die Betreuung der Geflüchteten mit deutlich weniger Personal möglich ist. Daher werden in NRW an derzeit geplanten acht Standorten Großeinrichtungen errichtet. In beheizbaren Zelthallen mit festem Boden sollen jeweils um die 1000 Flüchtlinge – teilweise auch mehr – untergebracht werden. Die bereits bestehenden und geplanten Großeinrichtungen (s.u.) sind leider aktuell nicht ausreichend.


Die niedrigen Standards der Unterbringung der zu uns Geflüchteten können nur aufgrund der aktuellen äußerst angespannten Lage akzeptiert werden. Umso wichtiger ist es für mich, dass wir neben dem notwendigen Krisenmanagement nicht vergessen weiter an der perspektivischen Neukonzeptionierung der Erstaufnahme des Landes unter den Bedingungen der dauerhaft höheren Zugangszahlen zu arbeiten. Das beinhaltet sowohl die Aufnahmeverfahren als auch die Festlegung von Qualitätsstandards, sowie die Berücksichtigung der Bedürfnisse der besonders Schutzbedürftigen.
Die meisten der Menschen, die aktuell zu uns kommen werden bleiben, daher ist es jetzt umso wichtiger auch im Bereich Integration und Bildung weiterhin die Weichen richtig zu stellen. Auch für die ebenfalls stark ansteigende Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge wollen wir Verbesserungen erreichen, so dass sie nicht mehr in wenigen – dadurch dann überforderten – Kommunen unterkommen müssen. Hierbei muss aus GRÜNER Perspektive das Kindeswohl aber stets an erster Stelle stehen. In Umsetzung des geplanten Bundesgesetzes werden wir in NRW darauf ein besonderes Augenmerk haben.

Bund-Länder-Verhandlungen

Auch wenn das Land sich jetzt entschlossen hat, die Kommunen durch die Aktualisierung des Stichtags im Flüchtlingsaufnahmegesetz deutlich zu entlasten, bleibt eine Unterfinanzierung insbesondere der Kommunen bestehen.
Die Länder und Kommunen drängen daher seit langem auf eine strukturelle finanzielle Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der Aufnahme, Versorgung und Integration der Geflüchteten. Die sogenannte „Flüchtlingsmilliarde“, die in diesem Jahr vom Bund zur Verfügung gestellt wird, ist ein Tropfen auf den heißen Stein und stellt keine dauerhafte Entlastung dar. Zur Verbesserung der Lage der Flüchtlinge braucht es aber nicht nur mehr Geld, Asylanträge müssen auch deutlich schneller bearbeitet werden. Was hilft und was nicht, ist im Gutachten von Dietrich Thränhardt für den Mediendienst Integration nachzulesen.
Darüber hinaus müssen wir weiter den Druck aufrecht erhalten, um möglichst vielen Geduldeten durch die neue Bleiberechtsregelung einen sichern Aufenthaltsstatus zu verschaffen und die Asylsuchenden möglichst schnell in die sozialen Sicherungssysteme mit den damit verbundenen Verbesserungen bei der Versorgung und den Integrationsmöglichkeiten zu bringen. Die GRÜNmitregierten Bundesländer haben sich jetzt auf eine gemeinsame Positionierung als Grundlage für die Verhandlungen mit der Bundesregierung geeinigt. Das Positionspapier und weitere Infos finden sich hier.
Alle Menschen aus dem Flüchtlingsbereich, ehrenamtlich und beruflich Tätige, die Verwaltungen in den Kommunen, die Landesregierung und auch mein Abgeordnetenbüro arbeiten derzeit mit Hochdruck daran die Lage für die Menschen, die zu uns kommen, weil sie Schutz brauchen, zu verbessern. Ich wünsche uns allen dafür viel Energie und einen langen Atem. Vor allem wünsche ich mir aber, dass wir diese Menschen hier angemessen unterbringen und all jenen, die eine riskante und beschwerliche Flucht hinter sich haben, ein faires Aufnahme- und Asylverfahren bieten können.
Mit herzlichen Grüßen
Monika Düker MdL

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