Eileen Woestmann: Newsletter der Grünen Abgeordneten im Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie des NRW-Landtags

Portrait Lena Zingsheim-Zobel
Portrait Dagmar Hanses
Portrait Eileen Woestmann
Portrait Norika Creuzmann

Liebe Freundinnen und Freunde,

das erste Quartal dieses Jahres ist vorüber und gerne möchten wir euch mit diesem Newsletter von aktuellen Entwicklungen rund um das Themenfeld “Kinderschutz und Inklusion”, dem Wahlalter für die Europawahl, der antisemitismuskritischen Jugendarbeit und der geplanten Legalisierung von Cannabis im Kontext des Jugendschutzes berichten.
Außerdem stellen wir euch die Studie „Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe. Bestand, Lücken, Gewinnung, Bedarfe in NRW“ des Forschungsverbundes DJI/TU Dortmund mit Blick auf den Bereich der frühkindlichen Bildung vor, zeigen erste Erkenntnisse auf und erläutern die bisherigen Maßnahmen des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Gleichstellung, Flucht und Integration (MKJFGFI) zur Entgegnung des Fachkräftemangels.

Wir möchten euch zudem alle herzlich zu dem Jugendkongress der Grünen Landtagsfraktion am 20. April 2024 einladen! Kommt vorbei und lasst uns gemeinsam mit Jugendlichen die Jugendpolitik in unseren Fokus setzen. Weitere Informationen zur Veranstaltung findet ihr auf unserer Homepage. Hier könnt ihr euch anmelden.

Viel Spaß beim Lesen!
Eure Eileen, Norika, Dagmar und Lena

 

Save the date

Uns ist es wichtig mit Expert*innen zum Thema Kinderschutz mit seinen verschiedenen Facetten im Gespräch zu sein. Daher findet am 11.06.2024, von 17-19 Uhr, im Landtag Norika Creuzmanns Auftaktveranstaltung „Zwei Jahre Landeskinderschutzgesetz – Erkenntnisse & Perspektiven“ ihrer Veranstaltungsreihe „Gelingender  Kinderschutz“ statt.

Kinderschutzgipfel in Köln

„All means all – Kinderschutz inklusiv gestalten“ lautete der Titel des Kinderschutzgipfels, der am 19. Januar 2024 in der Katholischen Hochschule in Köln ein wichtiges Zeichen setzte. Prof.in Dr. Barbara Schermaier-Stöckl hatte dazu Expert*innen sowie Vertreter*innen aus Politik und Verwaltung eingeladen. Ein Thema war dabei die Frage nach der verbindlichen Aufnahme des Kinderschutzes in die akademische Ausbildung. Als ein Instrument wurde das Sozialberufe-Anerkennungsgesetz identifiziert. Das Thema „Kindeswohlgefährdung bei Kindern mit Behinderung – Besonderheiten bei der Gefährdungseinschätzung“ war eins von sechs Panels, das eine thematische Vertiefung bot. Es braucht viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl, um bei Kindern mit Behinderung ein mögliches Alarmsignal überhaupt zu erkennen. Auch hier ist eine Qualifizierung der Fachkräfte das A und O, lautete das gemeinsame Fazit.

Übergriffe auf Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen

„Übergriffe auf Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen“ lautete das Thema einer Anhörung der Kinderschutzkommission am 18. Januar 2024. Professorin Dr. Sibylle Banaschak (Institut für Rechtsmedizin Köln), Professorin Dr. Heike Wiemert (Katholische Hochschule Köln), Maya Goltermann (Mädchenhaus Bielefeld) und Kathrin Huth (Lebenshilfe Heilpädagogische Sozialdienste gGmbH) gaben vor Ort bzw. zugeschaltet ihre Statements zu zahlreichen Fragen ab. Die aktuelle Situation, besonders gefährdende Umstände, Präventionsmöglichkeiten, Handlungsbedarfe und Sensibilisierung standen dabei besonders im Mittelpunkt. Denn: Kinder und Jugendliche mit Behinderung haben ein drei- bis viermal größeres Risiko, Opfer von körperlicher oder sexualisierter Gewalt zu werden. Die Aufklärung von Kindern und Eltern sowie Schutzkonzepte wurden als zentrale Maßnahmen gegen derartige Übergriffe angesehen. Beratungsstellen, Weiterbildung des pädagogischen Personals, die Einrichtung von Schutzplätzen sowie eine differenzierte Forschung lauteten unter anderem die Forderungen an die Bundes- und Landespolitik.

Studie zur Fachkräftesituation in der frühkindlichen Bildung in NRW und ein Blick auf den aktuellen Sachstand der Fachkräfteoffensive des MKJFGFI

Mit der Veröffentlichung der Studie „Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe. Bestand, Lücken, Gewinnung, Bedarfe in NRW“ des Forschungsverbundes DJI/TU Dortmund liegt erstmals eine solide Datenlage zur Fachkräftesituation in der Kinder- und Jugendhilfe bezogen auf NRW vor. Die Studie wurde vom MKJFGFI in Auftrag gegeben und gefördert.

Welche Erkenntnisse können aus der Studie gezogen werden?

Die Sozial- und Erziehungsberufe befinden sich in den letzten Jahren konstant an der Spitze der Wachstumsberufe. In dem Zeitraum 2011 bis 2022 haben wir allein im Kita-Bereich einen Fachkräftezuwachs von 59% verzeichnet. Derzeit arbeiten so viele Fachkräfte wie noch nie zuvor in diesem Berufsfeld. Zusätzlich sehen wir einen Zuwachs in den Ausbildungszahlen. Die Kita ist demnach ein attraktives Arbeitsfeld. Das ist eine positive und wichtige Nachricht. Gleichzeitig haben wir jedoch eine schlechter werdende Angebots-Nachfrage-Dynamik. Das heißt, der Personalzuwachs kann die Nachfrage an Fachkräften nicht decken.
Die Studie gibt bereits Hinweise auf mögliche Stellschrauben, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Besonders sticht eine sehr hohe Drop-Out-Quote bei den Ausbildungen zur Kinderpflege und Sozialassistenz sowie eine hohe Diskrepanz bei den Anfänger*innen und Absolvent*innen im Studium der Sozialen Arbeit und der Ausbildung zum*zur Erzieher*in hervor. Zudem kehren pro Jahr ca. 1% der Fachkräfte aus dem Kita-System diesem Berufsfeld den Rücken. Erhöhte Krankheitsstände bei den Fachkräften im System verschärfen zusätzlich die Situation vor Ort. Maßnahmen zur Fachkräftebindung, die bereits frühzeitig in Ausbildungszeiten greifen, stellen demnach einen wichtigen Faktor dar, um mehr Personal in der Kinder- und Jugendhilfe verfügbar zu machen.
Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass mit bis zu 20.200 fehlenden Kräften der Fachkräftemangel uns bis mindestens 2030 weiterhin begleiten wird. Zu berücksichtigen ist, dass insgesamt eine prekäre Arbeitsmarktsituation vorliegt. Derzeit sind über 200 Berufsfelder Engpassberufe und unterliegen demnach einem starken Mangel an Fachpersonal.

Wie begegnet das MKJFGFI dem Fachkräftemangel?

Die eine Lösung zur sofortigen Überwindung des Fachkräftemangels gibt es nicht. Es braucht ein Zusammenspiel und ein Ineinandergreifen von verschiedenen Stellschrauben. Und es braucht ein Bündnis und eine gemeinsame Verantwortung aller betroffenen Landesministerien, den Kommunen und den Trägern.
Das MKJFGFI hat bereits Maßnahmen zur Entgegnung des Fachkräftemangels auf den Weg gebracht und zugesagt, diese auf die vorliegenden Daten der o.g. Studie hin zu überprüfen, auszuwerten und darauf aufbauend weitere zielgenaue Maßnahmen für die Fachkräfteoffensive zu entwickeln.
Das MKJFGFI setzt bei bereits bestehenden Maßnahmen auf unterschiedliche Säulen wie z.B. der Verbesserung der Ausbildungsstrukturen und Informationszugänge, Personalgewinnung, Optimierung von Verfahren, Aufbau von partizipativen Arbeits- und Kommunikationsstrukturen und Modernisierung und Flexibilisierung von Berufszugängen. Konkret bedeutet dies zum Beispiel die Verlängerung des Alltagshelfer-Programms bis 2026 und perspektivische Verstetigung im KiBiz, Ausweitung des Programmes der Integrationsbegleiter*innen mit dem Ziel, diesen Menschen eine Ausbildungsperspektive zu schaffen, ein besseres Matching von Ausbildungswilligen und Ausbildungsplätzen, ein qualifizierter modularer Quereinstieg, die seit Dezember 2023 veröffentlichte Personalgewinnungskampagne „What The Future“ mit dem Ziel, diese auf weitere Zielgruppen auszuweiten, eine Vereinfachung und Verbesserung der Anerkennung ausländischer Abschlüsse und eine ASD-Vertiefungsspur.
Weitere und konkrete Ausführungen zu den Sofortmaßnahmen sowie den kurz- und mittelfristigen Maßnahmen können der Vorlage des MKJFGFI „Sachstandsbericht: Fachkräfteoffensive Sozial- und Erziehungsberufe“ (18/2289) entnommen werden.

Endlich! Wahlalter 16 für Europa!

Es ist noch nicht überall angekommen, dass der Deutsche Bundestag den Weg frei gemacht hat, damit bei der bevorstehenden Europawahl bereits 16- und 17-jährige wahlberechtigt sind. Diese Änderung markiert einen signifikanten und wichtigen Schritt in der Bemühung, die politische Beteiligung und das Interesse an Europa unter jüngeren Wähler*innen zu fördern und wirkliche Partizipation zu ermöglichen. Bereits jetzt setzen wir in NRW auf mehr Partizipation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen – auch wir werden das Wahlalter auf 16 bei Landtagswahlen zeitnah absenken!
Diese Europawahl ist richtungsweisend für die demokratische Mehrheit im Europaparlament! Um Jugendliche dort abzuholen, wo sie stehen,  ist es an uns Politiker*innen gelegen, in den nächsten Monaten einen Fokus auf politische Bildung auch in den sozialen Netzwerken zu legen. Ein guter Social-Media-Auftritt von Akteur*innen der politischen Bildung ist jetzt unerlässlich und auch die Algorithmen der verschiedenen Plattformen müssen in den Blick genommen werden. Angesichts der weiten Verbreitung von Desinformation, Fake News und demokratiefeindlichen Inhalten, die durch Algorithmen bevorzugt werden, ist es wichtig, ein demokratisches Gegenangebot in sozialen Medien zur Verfügung zu stellen.
Hier setzt der Landtag jetzt fraktionsübergreifend an! In den letzten Wochen beschäftigte sich der Landtag damit, diese Kanäle, die gerade junge Menschen ansprechen, aktiv zu fördern. Ergänzend zu den bestehenden Projekten werden nun über die digitalen Kanäle der Landeszentrale für politische Bildung verstärkt auch Informationsangebote zur Europawahl in sozialen Medien bereitgestellt, die auf die jeweilige Plattform und Zielgruppen zugeschnitten sind. Dabei sollen auch digitale Beteiligungs- und Diskussionsformate entwickelt und Barrierefreiheit auch im Netz miteinbezogen werden.

Über den Kinder- und Jugendförderplan des Landes NRW wird antisemitismuskritische Jugendarbeit gefördert

Antisemitismuskritische Jugendarbeit ist in der aktuellen Zeit von besonderer Bedeutung. Eine  kritisch hinterfragende Jugendarbeit stärkt die Demokratie, indem sie aktiv gegen Diskriminierung und Hass vorgeht und für Menschenrechte sowie gegenseitigen Respekt eintritt.

Die neue Fachstelle bei der Kölnischen Gesellschaft für Christlisch-Jüdische Zusammenarbeit soll jüdisches Leben in Nordrhein-Westfalen sichtbarer machen, um Vorurteile abzubauen und so dazu beizutragen, Antisemitismus vorzubeugen und zu bekämpfen. So wird in NRW der 10-Punkte-Plan im Kampf gegen Antisemitismus weiter umgesetzt! Schwerpunkte der neuen Fachstelle werden Angebote für junge Menschen im Rahmen der Kinder- und Jugendarbeit sein, Angebote für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus den Handlungsfeldern der Kinder- und Jugendarbeit sowie die Netzwerkarbeit mit Trägern und entsprechenden Einrichtungen. Der Schwerpunkt des zweiten neu geförderten Projektes bei IDA-NRW als Träger der Fachstelle liegt darin, Fachkräften und Ehrenamtlichen ein breiteres Spektrum an Informations- und Weiterbildungsangeboten zur Verfügung zu stellen. Das Projekt zielt darauf ab, Antisemitismuskritik und Rassismuskritik zusammenzudenken. Zum Schutz jüdischen Lebens in Nordrhein-Westfalen und der Stärkung der außerschulischen politischen Bildung und Jugendarbeit vergibt das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration insgesamt 220.000 Euro für diese beiden Projekte.

Jugendschutz im Cannabiskonsumgesetz

Das Cannabiskonsumgesetz, das nun im Bundestag von den Ampelfraktionen beschlossen wurde, ist längst überfällig gewesen! Es zielt auch darauf ab, den Jugendschutz im Kontext des Cannabisgebrauchs zu verstärken, indem es den Zugang für Minderjährige streng reguliert, den Schwarzmarkt bekämpft und präventive Maßnahmen fördert, um die Gesundheitsrisiken insbesondere für junge Menschen zu minimieren.
Drogenkonsum im jugendlichen Alter ist nach wie vor ein Problem. Ungefähr 4,5 Millionen Erwachsene zwischen 18 und 59 Jahren und gut 340.000 Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren haben in den letzten 12 Monaten bei mindestens einer Gelegenheit Cannabis konsumiert.[1]   Der Konsum von Cannabis wiederum beeinflusst das Gehirn im Wachstum. Kinder und Jugendliche müssen deshalb besonders geschützt werden. Mit der legalen Abgabe an Erwachsene können zugleich einfacher präventive Regelungen zum Schutz von Minderjährigen getroffen werden. Denn kriminelle Dealer*innen verkaufen Cannabis auch an Kinder und Jugendliche. Zudem verbreiten sie auch verunreinigte Cannabinoide. Daher ist unter anderem die Eindämmung des Schwarzmarkts wichtig. Durch die legale, nichtkommerzielle Abgabe in den Clubs fallen finanzielle Anreize und Mechanismen des Schwarzmarktes weg: Das Cannabis kann frei von Streckmitteln, Verunreinigungen und gefährlichen synthetischen Cannabinoiden angeboten werden.
Zum Kinder- und Jugendschutz gehört, dass ausschließlich erwachsene Personen Mitglieder in einer Anbauvereinigung werden und diese betreten dürfen. Die Abgabe von Cannabis an Kinder und Jugendliche bleibt weiterhin strafbar. Anbauvereinigungen, die Cannabis an Jugendliche abgeben, verlieren ihre Erlaubnis. Es gilt ein Mindestabstand von 100 Metern zu Kitas, Schulen und anderen Kinder- und Jugendeinrichtungen. In Sichtweite solcher Einrichtungen ist der Konsum verboten.
Darüber hinaus gilt ein allgemeines Werbe- und Sponsoringverbot für Konsumcannabis und für Anbauvereinigungen. Für Erwachsene unter 21 Jahren gelten abgesenkte THC-Grenzen und Abgabemengen. So wird die Gesundheit der Konsument*innen geschützt.
Ein zentraler und wichtiger Punkt in  der Präventionsarbeit sind zusätzliche Angebote: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) wird vermehrt Präventionsangebote anbieten. Ausführliche Informationen für Jugendliche, Eltern und Fach- und Lehrkräfte stellt die BZgA bereits jetzt zur Verfügung.
Die Bundesregierung plant einen umfassenden Katalog zur Prävention bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Zum einen wird ein Mustercurriculum zur Schulung der Präventionsbeauftragten der Anbauvereinigung erstellt und den Ländern zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus sollen Weiterbildungsangebote im Bereich der Suchtprävention sowie Leitfäden für die Erstellung eines Gesundheits- und Jugendschutzkonzeptes in den Anbauvereinigungen zur Verfügung gestellt werden. Ein zielgruppenorientiertes Beratungsangebot im digitalen Raum soll ebenfalls erstellt werden.

[1] https://datenportal.bundesdrogenbeauftragter.de/cannabis

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