Der Haushaltsplanentwurf für 2025 macht mehr als deutlich, dass die Haushaltslage auch in NRW sehr angespannt ist. Hohe Einsparvorgaben von rund 3,6 Milliarden Euro stellen alle Ministerien vor Herausforderungen und führen zu schmerzlichen Kürzungen. Ein wichtiges Signal ist daher, dass wir auch im Haushalt 2025 eine Priorität auf Kinder und Jugendliche und ihre Bildung legen und diese Bereiche von Kürzungen geschont werden – zulasten der anderen Bereiche. Dennoch machen die Einsparungen nicht in Gänze im Einzelplan für Familie, Kinder und Jugend halt. Die finanziellen Ressourcen sind begrenzt und Gestaltungsspielräume sind kleiner als wir es uns wünschen würden, sodass die zur Verfügung stehenden Mittel leider nicht mehr für alle vormals angesetzten Vorhaben ausreichen werden.
Dennoch ist für uns zentral, dass die soziale Infrastruktur für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt und Teilhabe, für das soziale Miteinander und unsere Demokratie unerlässlich ist. Daher haben wir mit viel Kraftanstrengung eine erhebliche Verbesserung für die soziale Infrastruktur erwirken können. Insgesamt werden wir rund 43 Millionen Euro mehr für den sozialen Bereich zur Verfügung stellen als im Haushaltsentwurf zunächst vorgesehen war. Dies erfolgt durch Umschichtungen im Haushaltsentwurf, Projekte über den Europäischen Sozialfonds sowie durch den Präventionsbereich im Maßnahmenpaket nach Solingen.
Im Einzelplan für die Bereiche Familie, Kinder und Jugend war es uns ein besonderes Anliegen, die Familienbildungs- und Familienberatungsstruktur von den angesetzten Kürzungen zu entlasten. Dies ist uns gelungen, sodass wir durch unseren Änderungsantrag 2 Millionen Euro mehr für die Familienbildung und –beratung sowie die Kooperation mit den Familienzentren zur Verfügung stellen werden. Zusätzlich stärken wir die Schuldnerberatung mit knapp 287.000 Euro.
Über das Maßnahmenpaket stellen wir unteranderem für das Landesprogramm “Teilhabe, Demokratiebildung und Extremismusprävention für junge Geflüchtete” 3,7 Millionen Euro zur Verfügung, auch wird mit 1,3 Mio Euro die Präventionsangebote für junge Geflüchtete und unbegleitet minderjährige Geflüchtete gestärkt.
Für uns als Grüne ist es besonders wichtig, dass wir eine verlässliche Partnerin für die soziale Infrastruktur bleiben!
In der kommenden Plenarsitzung am 18. Und 19. Dezember erfolgt die dritte Lesung des Haushaltes und die finale Abstimmung.
Im Folgenden findet ihr weitere Informationen zu den aktuellen Gegebenheiten in den Bereichen Kinder, Jugend und Familie.
Wir wünschen euch entspannte Weihnachtsfeiertage und einen guten Rutsch in das neue Jahr!
Eure
Eileen, Norika, Dagmar und Lena
Abschlussbericht zur Umsetzung der Pilotphase von § 8 Landeskinderschutzgesetz NRW
Wir haben hier schon öfter über das Landeskinderschutzgesetz NRW, ein bundesweit einmaliges Gesetz, berichtet.
Der §8 des Gesetzes sieht ein Qualitätsentwicklungsverfahren für Jugendämter vor, dass auf zwei Säulen fußt: der Fallanalyse und der Strukturanalyse.
Das Deutsche Jugendinstitut in Kooperation mit dem Institut Sozialer Arbeit e.V. Münster sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft der Kinderschutz-Zentren e.V. haben nun die Ergebnisse der ersten Pilotphase vorgestellt (siehe „Abschlussbericht des Projektes QUEK pilot „Pilotprojekt Fallanalysen im jugendamtlichen Kinderschutz NordrheinWestfalen“).
Ziel war es, ein praxistaugliches Verfahren zur Qualitätsentwicklung zu erarbeiten. Es wurde eine hohe Akzeptanz seitens der Jugendämter vernommen, sich auf diesen Prozess einzulassen. Für die Pilotphase wurden 18 Jugendämter aus einem Pool von 40 freiwilligen Jugendämtern ausgewählt. Die eingebrachten Fälle haben die Verteilung von Kinderschutzfällen repräsentativ widergespiegelt. Durchweg wurden Fälle seitens der Jugendämter ausgewählt, die Schwierigkeiten mitbringen.
Innerhalb der Fallanalyse wurde z.B. deutlich, dass es insgesamt ein hohes Engagement der Mitarbeiter*inne gibt, sich den Aufgaben des Kinderschutzes zu stellen. Positiv sind die Begleitung und Kooperationen hervorgetreten. Als Entwicklungsaufgaben wurden insbesondere die Bereiche der Beteiligung der Kinder, Elternarbeit im Widerstand, das stetige Einfordern und Durchsetzen von Kooperation, z.B. mit dem Gesundheitswesen, benannt.
Im Rahmen der Strukturanalyse wurden die Dienstanweisungen, Konzepte, Instrumente zur Gefährdungseinschätzung hinsichtlich ihrer Konsistenz, Aktualität, Umsetzbarkeit und den Empfehlungen der Landesjugendämter analysiert. Alle beteiligten Jugendämter haben einen Aufgabenkatalog für die nächsten fünf Jahre anhand der Analysen erhalten, um die Qualität der Kinderschutzarbeit zu verbessern.
Es hat sich gezeigt, dass sich die Zusammenarbeit mit den Jugendämtern durchweg konstruktiv gestaltet hat und dass die dortigen Mitarbeitenden die Chancen des Qualitätsentwicklungsverfahren wahrnehmen.
Eine der wichtigsten Erkenntnisse und Empfehlungen der Pilotphase ist, dass die zweisäulige Anlage im Gesetz umsetzbar und erfolgsversprechend ist, um die Arbeit in den Jugendämtern zu verbessern. Siehe hierzu auch den Bericht des Ministeriums.
Neue Personalverordnung für die Kindertageseinrichtungen
Der eklatante Fachkräftemangel und zusätzliche Krankheitswellen in den Wintermonaten führen in den Kindertageseinrichtungen zu lang- und kurzfristigen Personalausfällen, was oftmals (Teil-)Gruppenschließungen nach sich zieht. Unser Ziel ist es, die Kita-Landschaft personell zu stabilisieren und Verlässlichkeit für alle Beteiligten, Träger, Fachkräfte, Kinder und Eltern, zu ermöglichen. Die neue überarbeitete Personalverordnung stellt hierfür einen Baustein dar und wurde im Einvernehmen mit der Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege und den kommunalen Spitzenverbänden aufgestellt und greift wesentliche Forderungen aus der Praxis auf.
Die neue PersonalVO ist letzte Woche in Kraft getreten. Hier kann man sie einsehen.
Die zentralen Änderungen im Überblick:
- Bei einem ungeplanten Ausfall einer Fachkraft kann die Kita-Gruppe unter dem Einsatz einer zusätzlichen Ergänzungskraft geöffnet bleiben. Der Fachkraft-Kind-Schlüssel bleibt davon unberührt. Es müssen weiterhin zwei pädagogische Kräfte in der Gruppe anwesend sein (z.B. zwei Kinderpfleger*innen). Zusätzlich muss eine Mindestanzahl an Fachkräften in Relation zu der Anzahl von Kindern in der Einrichtung im Dienst sein. Diese Ausnahmeregelung gilt für akute Personalnotsituationen und ist nur für einen befristeten Zeitraum von 6 Wochen im Jahr und nur unter Einbezug von den zuständigen Jugendämtern und dem zuständigen Landesjugendamt möglich. Ergänzungskräfte wie z.B. Kinderpfleger*innen verfügen über eine 2-jährige pädagogische Ausbildung, die sie zu der Arbeit mit Kindern qualifiziert und die sich bereits seit längerem in Kitas etabliert haben.
- Der Einsatz von profilrelevanten Kräften wird als Ergänzung zur Arbeit von pädagogischen Kräften ermöglicht. So können Kitas mit der Einstellung von z.B. Musiker*innen, Handwerker*innen ihre pädagogische Schwerpunktsetzung stärken.
- Fachkräfte mit einem ausländischen gleichwertigen pädagogischen Abschluss können bereits mit dem Sprachniveau B1 eingestellt werden. Die Erweiterung der Deutschkenntnisse zum Sprachniveau B2 ist während der Tätigkeit innerhalb von 24 Monaten zu erbringen.
- Studierende aus pädagogischen Studiengängen können mit fortschreitendem Studium nicht mehr nur als Ergänzungskräfte, sondern als pädagogische Fachkräfte in den Kitas eingesetzt werden.
- Die Personalverordnung wurde grundsätzlich in ihrer Lesbarkeit und Verständlichkeit vereinfacht, damit sie für alle Beteiligten in ihren umfassenden Möglichkeiten umsetzbar wird.
Uns ist hierbei wichtig zu betonen, dass die Überarbeitung der Personalverordnung eine Reaktion auf den anhaltenden Fachkräftemangel ist. Deshalb ist es wichtig, pragmatische Lösungen zu finden und hierbei nutzen wir gezielt bereits im System befindliche Potentiale, wie den verstärkten Einsatz von z.B. Kinderpfleger*innen, jedoch unter ausgewählten Rahmenbedingungen und Voraussetzungen. Die Personalverordnung ermöglicht damit Verlässlichkeit auch in akuten Situationen von Personalnot, stellt jedoch keine Verpflichtung für Träger dar.
Die weiterführenden Arbeiten an langfristigen Maßnahmen zur Entgegnung des Fachkräftemangels bleiben davon unberührt und werden selbstverständlich fortgeführt, denn wir wissen um die Notwendigkeit einer qualitativen frühkindlichen Bildung.
Anhörung zu einem potenziellen Kern- und Randzeiten-Modell in den Kindertageseinrichtungen
Zum Antrag der FDP-Fraktion „Ohne Betreuung kein Wirtschaftswunder – Keine pauschale Reduzierung der Betreuungszeiten von Kindertagesstätten und Kindertagespflege!“ haben wir am 31.Oktober 2024 eine Anhörung (zum Protokoll) durchgeführt.
Dabei haben sich die geladenen Sachverständige positiv gegenüber einem Kern- und Randzeitenmodell in den Kitas ausgesprochen. Ein solches Modell würde konkret bedeuten, dass es eine Kernzeit gibt, in welcher die Bildungsarbeit im Vordergrund steht und entsprechend in der personellen Besetzung der Schwerpunkt auf sozialpädagogische Fachkräfte gelegt wird. In den Randzeiten würden vorrangig Entspannung und Betreuung im Vordergrund stehen, sodass hierbei die personelle Besetzung mittels des verstärkten Einsatzes von Ergänzungskräften wie z.B. Kinderpfleger*innen sichergestellt werden könnte. Von Seiten der Sachverständigen wurde betont, dass Kinder auch Entspannungszeiten brauchen und Kinder insbesondere in Randzeiten wie z.B. frühmorgens oder im späten Nachmittag weniger empfänglich für Bildungsarbeit sind und dieser Aspekt zu diesen Zeiten weniger im Fokus steht.
Gleichzeitig ist klar, dass auch Ergänzungskräfte eine pädagogische Ausbildung absolvieren und auch diese für die Arbeit mit den Kindern qualifiziert sind. Auch wurde seitens der Sachverständigen berichtet, dass die Praxis bereit dazu sei, das Potential der Kinderpfleger*innen zu heben. Hierbei sei es jedoch wichtig, dass solche Prozesse von Leitungskräften intensiv begleitet werden.
Ein solches Modell könnte in Zeiten vom akuten Fachkräftemangel eine Möglichkeit darstellen, um die Fachkraftstunden zu bündeln und gezielt einzusetzen, sodass mehr Verbindlichkeit und Verlässlichkeit ermöglicht werden. Dabei ist klar, dass der tatsächliche Betreuungsbedarf der Eltern abgedeckt werden und insbesondere Zielgruppen wie z.B. Alleinerziehende einen ihrem Bedarf entsprechenden Stundenvertrag abschließen können müssen.
Das Kern- und Randzeitenmodell bleibt zunächst ein theoretisches Modell, dass wir innerhalb der Anhörung diskutiert haben. Mit Blick auf den eklatanten Fachkräftemangel, der uns leider auch noch viele weitere Jahre begleiten wird, ist es jedoch wichtig, verschiedene und kreative Möglichkeiten mit Expert*innen erörtern zu können.