Bundesteilhabegesetz – NRW regelt die Zuständigkeiten für die Eingliederungshilfe

Kommunalinfo

Liebe Freundinnen und Freunde,
in den Plenarsitzungen im Juli wurde auch das Ausführungsgesetz des Landes NRW zum Bundesteilhabegesetz verabschiedet. Dies war notwendig, da sich mit der Verabschiedung des neuen Bundesteilhabegesetzes im Jahr 2016 auch die gesetzliche Grundlage für die Eingliederungshilfe verändert hat. Deshalb müssen auch die Träger für die Leistungen der Eingliederungshilfe in den Bundesländern jeweils neu bestimmt werden. Mit dem neuen Ausführungsgesetz für Nordrhein-Westfalen wird die Zuständigkeit für die Fachleistungen der Eingliederungshilfe (SGB IX) bei den überörtlichen Trägern, also den beiden Landschaftsverbänden liegen. Für die existenzsichernden Leistungen sind jetzt die örtlichen Träger, also die Kommunen und Kreisen zuständig.
Eine zentrale Auseinandersetzung im Beratungsverfahren zu dem Ausführungsgesetz war die Frage, wer die Zuständigkeit für minderjährige Menschen mit Behinderung erhält. Die Sozial- und Behindertenverbände wie auch die Freie Wohlfahrtpflege haben sich deutlich dafür ausgesprochen, den Landschaftsverbänden die sachliche Zuständigkeit für alle Leistungen der Eingliederungshilfe für minderjährige Menschen mit Behinderung zu übertragen. Zur Schaffung einheitlicher Lebensverhältnisse für alle Kinder und Jugendliche mit Behinderung haben wir diese Position unterstützt und entsprechende Änderungen beantragt. Diese wurden im Landtag aber mehrheitlich abgelehnt.
Verlagerung der Zuständigkeit für die Frühförderung auf die Landschaftsverbände
Schon im Entwurf zum Gesetz war eine Übertragung der Zuständigkeit für die Frühförderung, die bislang bei den Kommunen liegt, auf die Landschaftsverbände vorgesehen. Wir GRÜNE haben dies unterstützt, da die derzeitige Situation völlig unbefriedigend ist. So gibt es in den Kommunen aktuell sehr  unterschiedliche Leistungsangebote. Es fehlt an einheitlichen Mindeststandards bei der Leistungserbringung. Trotz mehrfacher Initiativen, auch des Landtags, ist es den kommunalen Spitzenverbänden bisher nicht gelungen, eine landesweite Rahmenvereinbarung abzuschließen. Da dies den betroffenen Eltern und Kindern nicht weiter zuzumuten ist, haben wir die Verlagerung der Zuständigkeit unterstützt; wohlwissend, dass es auch eine Reihe von Kommunen und Kreisen gibt, die in diesem Bereich bereits gute Angebote geschaffen haben. Deshalb müssen wir auch darauf achten, dass es dort nicht zu Verschlechterungen und Brüchen bei der Leistungsgewährung kommt. Eine Verlagerung ist insgesamt gesehen aber sinnvoll, damit Eltern und Angehörige darauf vertrauen können, unabhängig vom Wohnort ein qualitativ gutes und nach einheitlichen Maßstäben erbrachtes Leistungsangebot der Frühförderung in Anspruch nehmen zu können.
Kommunen bei der Umsetzung mit einbeziehen
Über eine gesicherte und landesweit einheitliche Leistungsgewährung hinaus bedarf es auch einer Infrastruktur in den Kommunen, die eine Inklusion befördert. Dabei ist eine gute Zusammenarbeit zwischen den Trägern der Eingliederungshilfe und der Kommune wichtig. Zugleich geht es auch um eine verbindliche Einbeziehung der Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen und der Schaffung von inklusiven Beteiligungsmöglichkeiten. Daher ist es notwendig, die Inklusion von Menschen mit Behinderung auch in andere kommunale Planungsfelder und -prozesse einzubeziehen. Hierzu gehören beispielsweise die Quartiersplanung, Wohnen, Schulen oder inklusive Beteiligungskonzepte. Für die Städte und Gemeinden ist daher eine partizipative Arbeitsstruktur wichtig, die alle bedeutenden  Akteure wie die Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen, Vertretungen der lokalen Einrichtungen, Dienste, Verwaltung und Sozialpolitik an einen Tisch bringt und damit die notwendigen Prozesse für eine inklusive örtliche Entwicklung berät.
Gruppe der Interessenvertretungen erweitern
Das Gesetz sieht vor, dass die Landesverbände der Menschen mit körperlichen, seelischen, geistigen oder Sinnesbeeinträchtigungen zu beteiligen sind. Diese Aufzählung umfasst allerdings weder alle wesentlichen Formen der Beeinträchtigungen noch alle Lebensbereiche, in denen eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe in NRW erreicht werden soll. Durch eine Ergänzung im Beratungsverfahren wurden zwar noch die Sozialverbände mit aufgeführt, dennoch bleiben wichtige Verbände als Interessenvertretungen außen vor. Deshalb haben wir eine entsprechende Ergänzung beantragt, die allerdings abgelehnt worden ist.
Regionale Arbeitsgemeinschaften aller Reha-Träger nach 94 Abs. 4 SGB IX
Die Rehabilitationsträger und ihre Verbände sollen zur gemeinsamen Wahrnehmung von Aufgaben zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen regionale Arbeitsgemeinschaften bilden [§ 25 Abs. 2 SGB IX]. Dies ist allerdings in NRW bis heute nicht erfolgt. Deshalb wollten wir dies im neuen Ausführungsgesetz verankern. Doch auch das hat keine Mehrheit im Parlament gefunden.
Regelung für das Budget für Arbeit
Das Bundesteilhabegesetz sieht die Möglichkeit vor, dass der vorgesehene Lohnkostenzuschuss im Budget für Arbeit in den einzelnen Bundesländern angehoben werden kann. Wir halten es für notwendig hiervon Gebrauch zu machen, da mit der bislang vorgesehen Höhe von derzeit 1.218 Euro allenfalls das Mindestlohnniveau abgesichert werden kann. Wir hatten daher beantragt, das „Budget für Arbeit“ um 20 Prozent besser auszustatten als es im Bundesrecht als Minimum vorgesehen ist. Auch dieser Antrag hat leider keine Mehrheit gefunden.
Unser Positionspapier zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in NRW sowie unseren Änderungsantrag findet Ihr hier.
Für Rückfragen stehen unser wissenschaftlicher Mitarbeiter für Gesundheit und Soziales Harald Wölter (harald.woelter@landtag.nrw.de, 0211/884 2878) und ich gerne zur Verfügung.
Herzliche Grüße
Mehrdad Mostofizadeh