Bundesfamilienministerin Schröder provoziert Streit um Finanzierung des U3-Ausbaus

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Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
gestern und heute gibt es eine Fülle von Berichten in den Medien, dass Bund und Länder sich um den Gesetzentwurf über die zusätzlichen Mittel für den U3-Ausbau streiten. Bundesfamilienministerin Schröder behauptet, die Länder würden aus parteitaktischem Kalkül den U3-Ausbau gegen die Wand fahren wollen, was natürlich absoluter Unsinn ist. Ich habe darauf bereits gestern mit der unten angefügten Pressemitteilung reagiert.
Beim Streit über die Medien gibt es aber eine ganze Reihe von Hintergründen, die in der Berichterstattung nur am Rande oder gar nicht auftauchen. Das sind z.B. die Inhalte des Gesetzentwurfs selbst, die nur Kopfschütteln auslösen können. Daher habe ich den Gesetzentwurf und die Stellungnahme einmal angefügt. Zur Hintergrundinfo und zum besseren Auffinden der entscheidenden Stellen hier einige Hinweise meinerseits.
1.      Ohne die rot-grünen Bundesländer gäbe es gar nicht mehr Geld zum U3-Ausbau. Wir haben unsere Zustimmung zum europäischen Fiskalpakt im Juni u.a. davon abhängig gemacht, dass der Bund mehr Geld für den U3-Ausbau gibt. Wer der Meinung ist, das sei ein „Kuhhandel“, hat vollkommen recht! Ich bin aber trotzdem froh, dass wir 126 Millionen Euro für die Kommunen in NRW erhalten werden.
2.      Nachdem der Bund die Mittel im Juni zugesagt hat, haben Kristina Schröder und ihr Ministerium erst mal 2 Monate nichts gemacht und im August einen anderen Verteilschlüssel auf die Länder vorgeschlagen (bisher nach der Zahl der U3-Kinder). Das haben die Länder abgelehnt und sich durchgesetzt.
3.      Darüber war Schröder dann sauer und hat sich für den Gesetzentwurf ein paar neue Ideen ausgedacht, über die im September mit den Ländern verhandelt wurde. Zum einen sollen die Bundesmittel in drei Tranchen gezahlt werden (Seite 14 der Datei) und bei Nicht-Verausgabung z.B. in bereits gut ausgebauten Ländern (z.B. in Ostdeutschland oder Stadtstaaten) durch Umverteilungen zwischen den Bundesländern neu aufgeteilt werden. Zum anderen soll nachgewiesen werden, dass bei Einsatz von höchstens 54% Bundesmitteln auch mindestens 46% Mittel von Trägern, Kommunen oder des Bundeslandes eingesetzt werden (Seite 15). Ich finde den ersten Punkt in Ordnung, bei Punkt 2 mit dem Einsatz von Träger/Kommunal/Landesmitteln wird es zu bürokratisch. Dennoch haben die Länder all dies noch mitgetragen, obwohl langsam deutlich wurde, dass die Regelungen das Ziel der Umverteilung von Ost nach West haben und mehr Bürokratie bedeuten. Denn ostdeutsche Flächenländer haben nur noch so geringe Ausbaubedarfe, dass diese je nach Bundesland auch allein mit Bundesmitteln finanziert werden könnten.
4.      Doch dann wurde der tatsächliche Gesetzentwurf mit zusätzlichen „Überraschungen“ im Bundeskabinett beschlossen und anschließend in den Bundesrat eingebracht. In § 7, Absatz 3 des Gesetzentwurfs (Seite 15 der Datei) ist nachzulesen, dass die Ausgabenverteilung zwischen Bundesmitteln und Landes/Kommunal/Trägermitteln gleich drei Mal nachgewiesen werden muss. Ein echter Hammer ist aber § 9, Absatz 1 (Seite 16): Monatlich soll ab Januar 2013 über „die Anzahl der geplanten, der bewilligten und der neu eingerichteten zusätzlichen Betreuungsplätze in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege sowie die hierfür aufgewendeten Bundes- und Landesmittel, getrennt nach Landesmitteln, kommunalen Mitteln und sonstigen Mitteln“ berichtet werden.
Das war der Punkt, an dem alle 16 Bundesländer im Bundesrat erklärt haben, dass nun das Fass übergelaufen ist.
5.      Die Stellungnahme des Bundesrats ist ein üblicher Bestandteil eines Gesetzgebungsverfahrens und führt daher nicht zu irgendwelchen Zeitverlusten. In seiner Stellungnahme hat der Bundesrat die Punkte aufgeführt und mit Änderungsvorschlägen aufgeführt, die bei den Verhandlungen im September bereits mit dem Bund strittig waren oder die als „Bürokratiemonster“ neu im Gesetzentwurf aufgeführt sind. Streichen will der Bundesrat die unter 4. genannten unzähligen Berichte, wobei es natürlich dennoch einen Bericht mit den notwendigen Nachweisen geben will. Außerdem will der Bundesrat die Verausgabung der investiven Mittel bis Mitte 2015 ermöglichen statt Mitte 2014. In den Fiskalpaktverhandlungen hat der Bund auch eine höhere Beteiligung an den Betriebskosten zugesagt, will sie jetzt aber erst ab 2014 halb und 2015 komplett auszahlen. Die Zusage des Bundes war aber für 2013 gegeben worden für 30.000 zusätzliche Plätze, was bundesweit 75 Millionen Euro entspricht.

Wie geht’s weiter?

Hätte man auf Basis der langjährig geltenden Spielregeln weitegemacht, wäre das Gesetz längst durch. Bei allen politischen Spielchen ist auch sicher, dass das Gesetz verabschiedet werden wird. Wenn der Bund auf die Stellungnahme der Länder, die ja z.T. auch CDU regiert sind, eingeht, kann dies sogar ohne Zeitverlust geschehen.
Für NRW ist der Streit was die Verausgabung der Mittel angeht ohnehin zunächst bedeutungslos, weil wir schon auf Grundlage des Kabinettbeschlusses der Bundesregierung den Kommunen die 1. Tranche der Bundesmittel zugeteilt haben – inklusive der Möglichkeit des vorzeitigen Maßnahmenbeginns. Falls sich der Bund aber durchsetzt, werden in den Jugendämtern, den Landesjugendämtern aber auch bei Trägern und im Familienministerium derart große und häufige Berichtspflichten entstehen, dass das bisher mit dem U3-Ausbau beschäftigte Personal nicht ausreichen wird oder die Arbeitszeit mit Berichten verbringt, statt mit der Projektierung von Ausbaumaßnahmen.

Politische Bewertung

Bekanntlich tritt der Rechtsanspruch 2013 im Monat vor der Bundestagswahl in Kraft. Das allein erklärt bereits den Hintergrund vergangener, gegenwärtiger und mit Sicherheit auch noch kommender Streitigkeiten. Die große Kontrahentin von Kristina Schröder ist auf SPD Seite Manuela Schwesig, die als Sozialministerin Mecklenburg-Vorpommerns gleichzeitig auch noch eine Vertreterin der ostdeutschen Länder ist. Das macht die Sache nicht einfacher. Dennoch ziehen die CDU-regierten westdeutschen Länder aus Sachgründen voll mit – gegen die vom Bund geplanten Neuregelungen.
Ein regelrechtes Trauerspiel ist das Verhalten der NRW FDP, die in einer Pressemitteilung die NRW Landesregierung bezichtigt hat, nicht zu wissen, wie sie das ganze Bundesgeld ausgeben soll. Dass dieses Geld schon längst auf die Kommunen verteilt wurde, haben die nicht mal mitbekommen.
Mit herzlichen Grüßen
Andrea Asch

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