Bund erlaubt Castor-Transporte – und bleibt Zwischenlager-Lösung weiter schuldig

Portrait Norika Creuzmann

Die Genehmigung für den Transport von 152 Castoren mit rund 300.000 Brennelementekugeln von Jülich nach Ahaus liegt jetzt vor: Am 25. August erteilte das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) die Freigabe für die umstrittenen Fahrten. Inzwischen geht die Umweltschutzorganisation BUND per Eilantrag gerichtlich gegen die Genehmigung vor (Stand 11.9.2025). Damit will der BUND erreichen, dass die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die vom BASE erteilte Transportgenehmigung wiederhergestellt wird.

Seit Jahren werben Grüne in NRW für einen Neubau eines Zwischenlagers in Jülich. Doch weder die zuständigen, FDP-geführten Bundesministerien für Forschung und für Finanzen in der vorherigen Bundesregierung noch die neue Bundesregierung haben dies unterstützt. Mit einer Bereitstellung von etwaigen Flächen und entsprechenden Mitteln im Landeshaushalt hat das Land NRW seinen Beitrag für einen Neubau in Jülich eingebracht. Wir bedauern, dass der Bund nicht die Option eines Zwischenlager-Neubaus in Jülich gewählt hat, das hätte die nun anstehenden Transporte unnötig gemacht. Klar ist, es braucht endlich eine Lösung für die Zwischen- und Endlagerung von Atommüll – der Bund muss dafür ein Konzept erarbeiten.

Was bedeutet die Entscheidung?
Über die Erteilung einer Beförderungsgenehmigung nach dem Atomgesetz hat allein das Bundesamt für die Sicherung der nuklearen Entsorgung (BASE) – das unter Fachaufsicht des Bundesministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUKN) steht – zu entscheiden. Es handelt sich um eine sogenannte gebundene Entscheidung, auf die wir in der Landespolitik keinen Einfluss haben. Das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes NRW war als Atomaufsicht des Landes lediglich im Zuge einer rein fachlichen Stellungnahme ohne politische Erwägungen im Rahmen der Behördenbeteiligung vom BASE zu den Transporten beteiligt. Die Entscheidung über die Genehmigung lag allein auf Bundesebene beim BASE.

Die Transporte könnten frühestens in einigen Wochen starten, denn zuvor müssen Abstimmungsgespräche zwischen den Behörden und dem Transportunternehmen stattfinden. Die Sicherheitsbehörden Nordrhein-Westfalens werden nun unter Einbindung des NRW-Wirtschaftsministeriums (als Landesatomaufsichtsbehörde) am konkreten Ablaufplan beteiligt. Schon im Vorfeld wurde für diesen Fall eine Frist von rund acht Wochen benannt, die insbesondere die Polizei für eine Umsetzung benötigt. Ende Oktober könnten dann die Transporte frühestmöglich auf die rund 180 Kilometer lange Strecke gehen.

Offen ist derzeit noch, ob jeweils ein Castor transportiert wird oder eine Bündelung möglich ist, sodass mehrere der speziellen Zugfahrzeuge gleichzeitig fahren können. So oder so werden wohl Jahre vergehen, bis der letzte Transport in Ahaus angekommen sein wird.

Warum kommt es zu dem Transport?
Die Castoren aus Jülich enthalten Brennelemente mit hochradioaktivem Thorium, die für den Forschungsreaktor in Jülich hergestellt wurden. Diese radioaktiven Abfälle werden bislang im Zwischenlager am Standort Jülich gelagert. Allerdings hat das BASE für dieses Lager keine weitere Genehmigung erteilt und beruft sich auf Sicherheitsfragen. Deshalb gibt es bereits seit 2014 eine Räumungsanordnung für das seit 2013 ungenehmigte Bestandslager. Vor diesem Hintergrund hat das BASE jetzt die Transporte nach Ahaus genehmigt.

Die Kernbrennstoffe müssen auf eine genehmigte Weise gelagert werden. In der Hauptverantwortung den Mangel zu beheben ist der Bund. Er ist Mehrheitsgesellschafter der Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen (JEN) und bestimmt dort die maßgeblichen Entscheidungen. Nur wenn das bestehende Zwischenlager in Jülich wieder eine Genehmigung erhalten hätte, hätte die Zeit bis zum Neubau eines Lagers am Standort überbrückt werden können. Wir haben uns für einen solchen Neubau stark gemacht. Aber das schließt die Genehmigungsbehörde BASE aus. Somit muss das bestehende, ungenehmigte Lager zur Herstellung einer genehmigten Lagerung der Brennelemente geräumt werden.

Darüber hinaus liegt auch die Genehmigung für den Transport von zwei Castor-Behältern aus dem Forschungsreaktor München II in Garching nach Ahaus vor. Bei diesen handelt es sich um insgesamt zehn Brennelemente aus hochangereichertem und damit waffenfähigem Uran. Diese Strecke ist über 720 Kilometer lang. Ziel der Transporte sowohl aus Jülich wie aus Garching ist die Zwischenlagerung des hochradioaktiven Abfalls, bis ein Endlager gefunden ist.

Bund will kein neues Zwischenlager in Jülich
Ein Verbleib der Brennelementekugeln in Jülich war rechtlich nicht mehr möglich, eine Räumungsverfügung liegt bereits seit langem vor. Die Landesregierung hatte sich zum Ziel gesetzt, einen Neubau in Jülich voranzutreiben. Das war nach unserer Auffassung die tragfähigere Alternative zu einem Transport, trotz der Mehrkosten. Das Land hat auch Haushaltsmittel zur Unterstützung des Neubaus eingeplant. Die  JEN hätte bereits die für einen Zwischenlager-Neubau seitens der Landesregierung bereit gestellten Flächen erwerben können.

Das Land NRW kann als Junior-Partner im Aufsichtsrat der JEN aber gegenüber dem Hauptzuwendungsgeber Bund diese Entscheidungen nicht treffen oder steuernd tätig werden. Ein Zwischenlagerneubau alleine aus Landesmitteln ist nicht finanzierbar und bildet die Verantwortlichkeiten nicht sachgerecht ab.

Das NRW-Wirtschaftsministerium hat ein FAQ zu den Hintergründen veröffentlicht.

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