Auslaufen der Bilanzierungshilfe NKF-CUIG für die kommunalen Haushalte

Portrait Robin Korte

Ein Thema, das vor allem die Haushaltspolitiker*innen unter Euch in den vergangenen Jahren immer wieder beschäftigt hat, ist die sogenannte „Bilanzierungshilfe“ aus dem „Gesetz zur Isolierung der aus der COVID-19-Pandemie und dem Krieg gegen die Ukraine folgenden Belastungen der kommunalen Haushalte im Land Nordrhein Westfalen“ (NKF-CUIG). Mit dieser Kommunalinfo wollen wir Euch über die aktuelle Gesetzeslage informieren und was das für Eure Haushaltsaufstellung ab 2024 bedeutet. Denn die mit dem NKF-CUIG verbundene haushaltsrechtliche Ausnahmeregelung wird mit dem Jahr 2023 auslaufen.

Was ist die Bilanzierungshilfe?

Die während der Corona-Pandemie 2020 eingeführte und mit dem Haushaltsjahr 2023 auf Belastungen infolge des Kriegs gegen die Ukraine ausgeweitete Bilanzierungshilfe wurde als vorübergehende Ausnahme von den Regeln des kommunalen Haushaltsrechts konzipiert. Damit wurden krisenbedingte Einnahmeausfälle (z.B. bei Steuern oder Gebühren) und Mehraufwendungen (z.B. Energiekosten oder höhere Sozialkosten infolge eines erwarteten Wirtschaftseinbruchs) aufgefangen, die aufgrund der Corona-Pandemie bzw. des Krieges gegen die Ukraine entstehen. So wurde allen Städten und Gemeinden eine Planungsgrundlage für einen genehmigungsfähigen Kommunalhaushalt gegeben, um die Handlungsfähigkeit der Kommunen in dieser besonders krisenhaften Zeit aufrechtzuerhalten.

Diese Belastungen werden in einer Nebenrechnung des Haushaltes separiert (= „Isolierung“) und einem fiktiven Anlagevermögen auf der Aktiv-Seite der Bilanz gegenübergestellt. Dieses muss ab 2026 über maximal 50 Jahre abgeschrieben werden. Mit Beginn dieser Abschreibung wird die gebildete Bilanzierungshilfe also zukünftige Haushalte jährlich in Höhe der vorzunehmenden Abschreibungen belasten.

Mithilfe der Bilanzierungshilfe konnten inmitten der Corona- und Energiekrise, deren weiterer Verlauf bis zum vergangenen Winter kaum absehbar war, die Genehmigungsfähigkeit der kommunalen Haushalte und damit die Handlungsfähigkeit unserer Städte und Gemeinden kurzfristig gesichert werden. Ohne diese Hilfestellung wären viele Städte und Gemeinden Anfang 2023 in die sogenannte „Vorläufige Haushaltsführung“ nach § 82 Gemeindeordnung NRW geraten. Gleichwohl werden strukturelle Probleme der kommunalen Haushalte mit der Bilanzierungshilfe nicht gelöst, die Belastungen des Haushalts durch die Abschreibungen auf zukünftige Jahre verschoben.

Das Ende der Bilanzierungshilfe

Von Beginn an bestand Einigkeit darin, dass es sich bei der Bilanzierungshilfe nur um ein vorübergehendes Instrument handeln kann, das nur vor dem Hintergrund einer außergewöhnlichen Krisenlage und kurzfristiger Planungsunsicherheit bei der Aufstellung der kommunalen Haushalte haushaltspolitisch zu rechtfertigen und zu begründen ist. Denn die Abschreibungen auf die so gebildeten Bilanzierungshilfen werden wie bereits erwähnt mit jedem weiteren Jahr der Anwendung größer und schränken damit die Handlungsspielräume in zukünftigen Jahren weiter ein.

Bundesregierung und Bundestag haben sich, unter Berücksichtigung der sich durch den russischen Angriffskrieg auf die gesamte Ukraine nicht nur kurzfristig, sondern dauerhaft und strukturell veränderten gesamtwirtschaftlichen Lage, entschieden, die in den vorangegangenen Jahren festgestellte außergewöhnliche Notsituation 2023 nicht erneut zu verlängern. Dies hat unter anderem zur Folge, dass die grundgesetzliche Schuldenbremse zwingend einzuhalten ist. Während der Bund sich maximal in Höhe von 0,35 Prozent des BIP strukturell neu verschulden darf, müssen die Länder die durch die Krisen hervorgerufenen zusätzlichen Belastungen grundsätzlich ganz ohne Nettoneuverschuldung in den jährlichen Haushalten strukturell und dauerhaft abdecken. Die Landesregierung hat im Juni ihren Entwurf für den Haushalt 2024 vorgestellt, der ebenfalls keine außergewöhnliche Notsituation mehr feststellt, sodass auch für das Land NRW ein Haushaltsausgleich ohne Nettoneuverschuldung vorgegeben ist.

Auch in Anlehnung an diese vom Bund gesetzten Rahmenbedingungen kann eine Verlängerung der kommunalen Bilanzierungshilfe also nicht mehr länger begründet werden.

Aus diesen Gründen wird die Ausnahmeregelung des NKF-CUIG mit dem Jahr 2023 auslaufen, so wie es jetzt schon im Gesetz vorgesehen ist. Nach gründlicher Prüfung haben wir uns in der Regierungskoalition von CDU und Grünen entschieden, dass wir sie nicht über den derzeit gesetzlich geregelten Zeitraum hinaus verlängern werden.

Was bedeutet das für Eure künftigen Jahresabschlüsse und Haushaltsaufstellungen?

Es bleibt bei der aktuellen Gesetzeslage. Die Isolierung der krisenbedingten Belastungen darf für das Haushaltsjahr 2023 letztmalig im Haushaltsplan und im Jahresabschluss dargestellt werden. Bei der Haushaltsplanaufstellung 2024 darf die Bilanzierungshilfe also nicht mehr angewendet werden, auch wenn sie in der mittelfristigen Finanzplanung des Haushaltsplans 2023 noch enthalten war.

Für Kommunen, die einen Doppelhaushalt für die Haushaltsjahre 2023/2024 aufgestellt haben, stellt sich die Lage etwas anders dar: Hier durfte die Bilanzierungshilfe, zum Zwecke der Genehmigungsfähigkeit und in Analogie zur mittelfristigen Finanzplanung, auch für das Haushaltsjahr 2024 im Haushaltsplan vorgesehen werden. Gleichwohl müssen auch hier die isolierten Beträge im Jahresabschluss 2024 ergebniswirksam dargestellt werden. Um einen ausgeglichenen Jahresabschluss zu erreichen, müssen die Belastungen, die 2024 tatsächlich (im IST) eintreten, durch entsprechende Einnahmen (bzw. Einsparungen) gedeckt werden bzw. verbleibende Defizite über das kommunale Eigenkapital (Ausgleichsrücklage, Allgemeine Rücklage) ausgeglichen werden.

Ausblick

Als Landtagsfraktion ist uns bewusst, dass der Ausstieg aus der sogenannten „Isolierung“ viele Städte und Gemeinden bei der Haushaltsaufstellung vor Herausforderungen stellt. Denn die real eingetretenen Belastungen werden von den öffentlichen Haushalten in Bund, Land und Kommunen nunmehr dauerhaft zu schultern sein.

Deshalb ist es jetzt umso mehr geboten, strukturelle Antworten auf die gewachsenen und weiter wachsenden Herausforderungen zu finden. Die tatsächlichen Belastungen der Kommunen nicht offenzulegen, sondern weiterhin durch Bilanzierungshilfen zu kaschieren, würde bestehende Probleme nicht lösen. Es würde vielmehr dazu führen, dass sich die Belastungen für spätere Haushaltsjahre und zukünftige Generationen weiter aufsummieren.

Die Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte für Daseinsvorsorge und Zukunftsinvestitionen langfristig zu sichern, ist eine Gemeinschaftsaufgabe und kann Bund, Ländern und Kommunen nur gemeinsam gelingen. Als GRÜNE im Landtag NRW sind wir uns unserer Verantwortung für eine auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen bewusst und arbeiten daran, diese zu verbessern. Dazu bringen wir in einer finanzpolitisch äußerst herausfordernden Lage die seit fast zwanzig Jahren diskutierte Altschuldenlösung auf den Weg und sorgen unter anderem mit einem sechs Milliarden Euro umfassenden Investitionsprogramm dafür, dass alle Kommunen in den kommenden Jahren die Möglichkeit haben werden, in Klimaschutz und Klimaanpassung zu investieren.

Selbstverständlich werden wir auch darüber hinaus und gemeinsam mit Euch vor Ort nach dauerhaft tragfähigen Lösungen für die rasant wachsenden Aufgaben und Kosten suchen. Ich möchte Euch gerne dazu einladen, hieran mitzuarbeiten, über entsprechende Beteiligungsformate werden wir Euch in den kommenden Wochen informieren.

Für Rückfragen stehen unser Referent für Kommunalpolitik, David Schichel (david.schichel@landtag.nrw.de), und ich gerne zur Verfügung. Ich bitte um Verständnis, dass die Antwortzeit ferienbedingt etwas länger sein kann als üblich.