Arbeitsmarktpolitik / Sozialer Arbeitsmarkt Dezember 2014

Newsletter

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
die Zahl der Personen, die im Rahmen der „öffentlich geförderten Beschäftigung“ gefördert werden sinkt deutschlandweit immer weiter. Die Fördermittel wurden dramatisch gekürzt. Obwohl die Arbeitslosenzahlen sinken, hat dies kaum Auswirkungen auf die Anzahl der langzeitarbeitslosen Menschen. Im Gegenteil, soweit die Zahlen bisher bekannt sind, steigt die Zahl der Langzeitarbeitslosen in 2014 wieder deutlich.

Entwicklungen auf Bundesebene

Auch innerhalb Bundesregierung wurde diese Entwicklung bei den Langzeitarbeitslosen inzwischen scheinbar erkannt. Die Bundesarbeitsministerin hat Vorschläge für ein Förderprogramm präsentiert, die aus meiner Sicht allerdings so gut wie keine positiven Auswirkungen für die von Langzeitarbeitslosigkeit Betroffenen entfalten werden.
Das Problem: Es gibt kaum zusätzliches Geld. Die ohnehin schon geringen Fördermittel werden im Grunde nur anders verteilt. So will Frau Nahles in allen Jobcentern Aktivierungszentren einrichten, die Langzeitarbeitslose bei ihren spezifischen Problemen beraten. Die hierfür benötigten BeraterInnen/JobvermittlerInnen werden aber nicht etwa neu eingestellt, sondern aus dem auslaufenden Programm „Perspektive 50Plus“ übernommen. Ein passiv-aktiv Transfer von ALG II Leistungen, den die SPD in der vergangenen Legislatur noch selbst vorgeschlagen hatte, ist nicht vorgesehen. In einem gemeinsamen Brief haben wir grüne ArbeitsmarktpolitikerIinnen Frau Nahles aufgefordert, einen passiv-aktiv-Transfer von ALG II Leistungen zu ermöglichen, damit auch langzeitarbeitslose Menschen, die bisher kaum eine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben, endlich wieder eine Perspektive auf berufliche Teilhabe haben.

Entwicklungen in NRW-Modellprojekt „öffentlich geförderte Beschäftigung“

Durch das NRW Modellprojekt „öffentlich geförderte Beschäftigung“ werden seit Januar 2013 Menschen gefördert, die auf dem regulären Arbeitsmarkt ohne diese Förderung kaum eine Chance auf Arbeit hätten. In meinem Newsletter Februar 2013 hatte ich hierüber bereits informiert.
Die aktuelle Förderphase endet im September 2015 und mit diesem Newsletter möchte ich Euch über erste Ergebnisse und auch Änderungen berichten. Außerdem möchte ich Euch einen kurzen Ausblick über den NRW-Tellerrand nach Baden-Württemberg geben, wo ebenfalls Projekte zum sozialen Arbeitsmarkt angelaufen sind.
Im Juni 2014 wurden 1070 Personen durch das Projekt in NRW gefördert.
Seit Januar 2014 wurde die Zahl der möglichen förderfähigen Arbeitsstellen deutlich erhöht. Dies geschieht auf der Basis einer Richtlinie, in die erste Ergebnisse des Modellprogramms bereits einbezogen wurden:

  • Keine Stichtagsregelung mehr
  • Das Antragsverfahren wurde vereinfacht
  • Förderung auf der Basis von Festbeträgen
  • Zentrale Bausteine: Coaching, Qualifizierung und Projektkoordinierung werden fortgesetzt.
  • Voraussetzung für eine Förderung ist die aktive finanzielle und inhaltliche Mitwirkung der Jobcenter und Kommunen vor Ort.
  • Vorrangig werden Vorhaben von öffentlichen und gemeinnützigen Trägern werden gefördert, die einen Anteil der Lohnkosten tragen können
  • Privat-gewerbliche Anbieter können nachrangig gefördert werden.
  • Gewährung eines zeitlich befristeten individuellen Lohnkostenzuschusses im Anschluss an die Förderung mit Mitteln des Landes und des Europäischen Sozialfonds (ESF)
  • Die geplanten Gesamtkosten für das Projekt liegen bei 48 Millionen Euro.

Die Finanzierung des Modellprojektes erfolgt teilweise über den Passiv-Aktiv-Transfer aus Jobcenter-Leistungen, sowie Lohnkostenzuschüsse (mehr als 22 Millionen Euro) durch die Jobcenter. Hier sind insbesondere Fördermittel gem. § 16e SGB II und die eingesparten Kosten der Unterkunft zu nennen.
Ein weiterer Teil wird über Mittel des Landes NRW finanziert. Bei Bedarf kann nach Auslaufen der SGB II-Förderung für 12 Monate (eine weitere Verlängerung auf max. 24 Monate ist möglich) eine Förderung mit ESF-Mitteln eingesetzt werden. (insgesamt knapp 11 Millionen Euro)
Da es sich bei der Förderung um einen Minderleistungsausgleich handelt, sind als dritte auch die (Sozial-)Unternehmen in der Pflicht mindestens 25% der Lohn- und Betriebskosten durch Markteinnahmen/Umsatzerlöse zu finanzieren (gut 9 Millionen Euro).
Perspektivisch sollen die Fördermittel wegen des durch die Förderung gesteigerten „Wertes der Arbeitsleistung“ sinken.
Schwierig ist die Situation derzeit, weil noch nicht bekannt ist, wie es ab Oktober 2015 weiter geht. Verlängerungen der derzeit durchgeführten Modellprojekte sind momentan bis Ende September 2015 möglich.
Da das operationelle Programm NRWs für den ESF-Strukturfond bis Ende des Jahres bewilligt werden soll, können erste Bewilligungen im Rahmen der neuen Förderphase bzw. eine Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmebeginns frühestens ab Dezember 2014 erfolgen.

Ausblick nach Baden-Württemberg

Die Modellprojekte in Baden-Württemberg und NRW sind in vielen Bereichen ähnlich, unterscheiden sich in einigen Schwerpunkten aber auch erheblich.
Anders als in NRW sind in Baden-Württemberg insbesondere privatwirtschaftliche Arbeitgeber aufgerufen, langzeitarbeitslose Menschen zu beschäftigen.
Die Entlohnung in Baden-Württemberg ist in der Regel festgelegt auf einen Stundenlohn von 8,50 Euro. In NRW ist eine tarifliche oder ortsübliche Entlohnung vorgesehen.
Auch die Förderung unterscheidet sich zum Teil. Sowohl in NRW, als auch in Baden-Württemberg ist ein Minderleistungsausgleich in Höhe von bis zu 75 Prozent des berücksichtigungsfähigen Entgelts möglich. In NRW ist es möglich, dass nach Ablauf der zwei jährigen Förderung mit Mitteln des ESF für 12 Monate, längstens 24 Monate weiter gefördert werden.
In Baden-Württemberg erhält der Arbeitgeber weiterhin pauschal 400,- Euro pro Teilnehmer/Monat aus den ersparten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (KdU). Dieser Betrag dient nicht dem Minderleistungsausgleich, sondern soll einen Anreiz bieten, Langzeitarbeitslose mit mehreren Vermittlungshemmnissen zu unterstützen, und den gegebenenfalls höheren Verwaltungs- und Kostenaufwand des Arbeitgebers kompensieren. Es wird ferner eine Betreuungskraft, die den Arbeitgebern und den Beschäftigten  als Ansprechpartner begleitend zur Verfügung steht, gestellt.
Das Land Baden-Württemberg gewährt den Kreisen pro gefördertem Beschäftigungsverhältnis einen Zuschuss in Höhe von 300,- Euro als Betreuungspauschale, so wie zum Ausgleich pro gefördertem Beschäftigungsverhältnis monatlich 300,- Euro als monatlichen Pauschalzuschuss zum Kostenaufwand.
Erste Erkenntnisse aus den beiden Modellprojekten sind durchaus positiv, eine erste Evaluierung aus Baden-Württemberg zeigt aber auch, dass für die Betriebe der Einsatz von Langzeitarbeitslosen wegen des besonderen Bedarfs an Anweisung und Anleitung nur aufgrund der Förderung rentabel ist.
Eine nur befristete Förderung, wie sie derzeit  gewährt wird, wird für viele ProjektteilnehmerInnen daher wahrscheinlich nicht den Weg in das Arbeitsleben dauerhaft ebnen.
Auch in Hamburg haben die GRÜNEN einen Antrag „Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren –Hamburger Modellprojekt für Langzeitarbeitslose“ nach NRW/Baden-Württemberger Vorbild eingebracht. Ob dieser von der Hamburger Bürgerschaft auch beschlossen wird, bleibt abzuwarten.
Rückfragen beantworte ich gerne, und über Anregungen und Ideen, wie man den Sozialen Arbeitsmarkt weiter voranbringen kann, würde ich mich freuen.  
Martina Maaßen

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