Arbeitsmarktpolitik Januar 2015

Newsletter

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
zunächst allen ein frohes Neujahr mit den besten Wünschen für Ihre/Eure persönlichen und beruflichen Anliegen.
Ich möchte Sie/Euch mit diesem 1. Newsletter im neuen Jahr einstimmen auf die gemeinsamen Aufgaben, die auch weiterhin vor uns liegen. Hier: einen sozialen und inklusiven Arbeitsmarkt für gehandicapte und langzeitarbeitslose Menschen und dem weiteren Ausbau von Produktionsschulen in NRW.

Antwort von Bundesministerin Nahles

Ich habe vor einigen Tagen bereits eine Antwort von Frau Nahles auf einen gemeinsamen Brief mit grünen ArbeitsmarktpolitikerInnen in verschiedenen Bundesländern und dem Bundestag erhalten, über den ich im letzten Newsletter berichtet habe. Nach meiner Einschätzung enthält das Schreiben von Frau Nahles leider wenig Neues, aber die Antwort möchte ich selbstverständlich nicht vorenthalten.
Frau Nahles hat sicherlich bis zu einem gewissen Grad Recht, wenn sie sagt, dass es nicht den Königsweg zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit und zur Finanzierung von Strategien und Maßnahmen gibt. Die von ihr genannten Wege sind aber aus meiner Sicht deutlich weniger zielführend als der Passiv-Aktiv-Transfer (PAT)[1]. Durch eine vernünftige Regelung zum PAT auf Bundesebene könnte aus meiner Sicht relativ einfach ein Weg gefunden werden, um Menschen, die aus vielen unterschiedlichen Gründen schon lange gesellschaftlich auf dem Abstellgleis stehen, wieder durch „echte“ Arbeit würdig in die Gesellschaft zu integrieren.
Selbstverständlich sollte bei allen Maßnahmen das Ziel sein, Menschen dauerhaft in Arbeit zu bringen, ohne von Transferleistungen abhängig zu sein. Es ist jedoch auch kein Geheimnis mehr, dass es Lebensumstände gibt, bei denen eine Arbeitsmarktintegration ohne dauerhafte, kontinuierliche Förderung gar nicht möglich sein wird.
Menschen werden derzeit oft von einer Maßnahme in die nächste geschickt, da die Förderhöchstdauer in der Regel nur ein paar Monate bis höchstens zwei Jahre beträgt.
Hier besteht die Chance, durch den Passiv-Aktiv-Transfer diese „Schleifen“ zu durchbrechen. NRW ist bereit, die auslaufende 2-jährige Förderung durch ESF-Mittel zu verlängern. Dies ist jedoch leider nur ein Hilfskonstrukt.
Es muss eine bundesweite Lösung für den PAT gefunden werden, der eine langfristige, kontinuierliche Verlässlichkeit für Betroffene und Träger bietet. Viele Menschen leben über 5-10 Jahre ohne Arbeit und Teilhabe, da reichen 2 Jahre Förderung nicht aus.
Hierzu ist leider die Bundesministerin für Arbeit, Frau Nahles, nicht bereit. Leider war es auch die SPD nicht. Ein sozialer Arbeitsmarkt findet sich im Koalitionsvertrag der GROKO nicht.

Runder Tisch: Produktionsschulen

Bezogen auf ein von mir initiiertes Fachgespräch zum Thema Produktionsschulen im Januar 2014 hat es nun im Dezember 2014 einen runden Tisch auf Einladung des Ministeriums für Arbeit gegeben.
TeilnehmerInnen des Runden Tischs:
Staatssekretär Dr. Schäffer und Frau Schleimer aus dem MAIS, Vertreter aus dem Jugend- und Schulministerium, die Geschäftsführung und Abteilungsleitung der Regionaldirektion, Abgeordnete der SPD- und Grünen-Landtagsfraktionen, die GiB, Vertreter der Wohlfahrtspflege sowie der Landesverband Produktionsschulen.
Sachstand:
In NRW gibt es derzeit 85 Produktionsschulstandorte, die, abgesehen von den Regionen Warendorf, Euskirchen, Remscheid und Hochsauerlandkreis, wo es noch keinen Produktionsschulstandort gibt, in NRW verteilt liegen.
Für das neue Maßnahme Jahr 15/16 liegen Bedarfsmeldungen für 2.862 Plätze vor. Davon 48 Prozent aus dem Rechtskreis des SGB III, 50 Prozent aus dem Rechtskreis des SGB II und 2 Prozent aus dem SGB VIII. Das Land wird hierfür mehr als 20 Mio. Euro bereitstellen.
Ergebnisse
Auffällig ist die erheblich zu hohe Abbrecherquote (bis zu 60 Prozent). Die meisten Jugendlichen brechen in den ersten 4 Wochen der Zuweisung ab. Hier ist sicherlich mehr Aufklärung und Information über den Produktionsschulansatz notwendig.
Leider ist aus Sicht der Regionaldirektion eine vom Landesverband Produktionsschulen vorgeschlagene Probezeit nicht möglich.
An der Finanzierung wollen Regionaldirektion und MAIS derzeit nichts ändern. Die vom Landesverband vorgeschlagene Erhöhung der Mindestbesetzungsquote auf 75 Prozent wurde abgelehnt. Derzeit erhalten die Maßnahme Träger 50 Prozent der Zuschüsse als feste Pauschale, im Weiteren wird spitz abgerechnet. Für die Maßnahmeträger bedeutet dies ein hohes Risiko, da Sie mit 100 Prozent planen müssen, ohne zu wissen, ob alle Plätze besetzt werden. Auch wenn derzeit die Besetzungsquote bei etwa 85 Prozent liegt, gibt es die Befürchtung, dass mancher Maßnahmeträger in Zukunft möglicherweise keine Produktionsschule aufgrund des Risikos mehr anbietet.
Die weitere Entwicklung hinsichtlich der Finanzierung muss weiter beobachtet werden.
Weiterhin ist es möglich ein Produktionsschul-Entgelt aus den erzielten Einnahmen zu zahlen. Es wird aber keine Richtlinie des Landes hierzu geben.
Auch im Bereich der angebotenen Berufsfelder gibt es Optimierungsbedarf. Die Regionaldirektion hat hier für BvBpro angekündigt, künftig in den Regionen eine weitergehende Abstimmung über die konkreten Berufsfelder zu ermöglichen, die die arbeitsmarktlichen wie die Umsetzungspotenziale mit berücksichtigt.
Der nachträgliche Schulabschluss ist aus Sicht der Landesregierung kein vorrangiges Ziel im Rahmen der Produktionsschulen NRW, bleibt jedoch weiterhin Bestandteil des BvBpro-Fachkonzeptes.
Der Vorschlag, Handlungsempfehlungen zur Kooperation mit den Berufskollegs herauszugeben, damit nicht jede Produktionsschule bei der Abstimmung auf sich allein gestellt ist, wurde vom Schulministerium positiv aufgenommen, und soll demnächst umgesetzt werden. Auch eine landesweite Evaluation der Produktionsschulen wird es im nächsten Jahr geben.
Es wurde deutlich, dass die Startphase teilweise „hackelig“ verlief. Jedoch alle Beteiligten wollen sich weiterhin für ein Gelingen der Produktionsschulen in NRW einsetzen und auch zukünftig im Rahmen von „runden Tischen“ einen Erfahrungsaustausch gewährleisten.
In diesem Sinne freue ich mich über weitere Erfahrungen, Informationen und Anregungen Ihrer-/Eurerseits.
Mit den besten Grüßen
Martina Maaßen


[1] Passiv-Aktiv-Transfer, was ist das eigentlich? Die Leistungen, die ein ALG II Empfänger zum Leben erhält bezeichnet man als passive Leistungen. Das sind die Kosten für Unterkunft und Heizung (KdUH) und der Regelsatz für alles, was man zum Leben braucht, wie Nahrung, Kleidung, aber auch Bedarfe für die Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen usw. Es sind passive Leistungen, weil für den Anspruch keine Gegenleistung erforderlich ist, sondern Voraussetzung ist im Wesentlichen: Armut.
Durch den PAT soll den Menschen echte Arbeit angeboten werden, die auch ganz normal vom Arbeitgeber vergütet wird. Arbeitgeber*innen erhalten dabei aus den passiven Leistungen einen Ausgleich, weil die Arbeitnehmer*innen aus unterschiedlichen Gründen nicht von Anfang an die volle Leistung erbringen können, sei es, weil man sich nach Jahren der Arbeitslosigkeit schlicht erst wieder an ein geregeltes Leben gewöhnen muss, sei es, weil gesundheitliche Gründe schlicht eine volle Leistungsfähigkeit nicht zulassen. 

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