Abzug der britischen Armee aus NRW/Konversion/BW-Strukturreform

Kommunalinfo

Liebe Freundinnen und Freunde,
mit diesem Kommunalinfo möchten wir Euch schnell und direkt über die aktuellen Entwicklungen zum Thema Konversion informieren. Der Begriff Konversion beschreibt in der Stadtplanung die Wiedereingliederung von Brachflächen in den Wirtschafts- und Naturkreislauf oder die Nutzungsänderung von Gebäuden sowie die Umnutzung von ehemaligen militärischen Anlagen für zivile Zwecke.
Am Dienstagabend (5.3.2013) hat die britische Regierung ihre endgültigen Abzugspläne aus der Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht. Nordrhein-Westfalen ist stark davon betroffen, da von den bundesweit 15.000 britischen Militärangehörigen und deren Familien rund 10.000 hier in NRW stationiert sind. Hinzu kommen 2.900 Zivilbeschäftigte. Flächenmäßig sind den britischen Streitkräften in NRW noch rund 18.556 ha bundeseigener Flächen völkerrechtlich überlassen. Durch den Abzug der britischen Streitkräfte wird ein erheblicher Kaufkraftverlust, der Leerstand von Wohnungen und Kasernenstandorten sowie freiwerdende Militärflächen mit evtl. Altlasten die Kommunen vor große Herausforderungen stellen. Komplettiert wird die Problematik durch die Bundewehrstrukturreform.
Von 41 Standorten der Bundeswehr in NRW werden zwei geschlossen, sechs verkleinert und acht signifikant reduziert werden. Der geplante Stellenabbau von 36600 auf 26600 Stellen und die Aufgabe von 25 Liegenschaften an 20 Standorten müssen mit berücksichtigt werden.
Die veröffentlichen Abzugspläne der britischen Armee sind insofern eine Überraschung, als dass der Rückzug nun wesentlich schneller vonstatten geht, als bisher angenommen. Hatte die britische Regierung noch im Oktober 2010 angekündigt, alle Truppen in Deutschland bis 2020 (anstatt bis zum Jahr 2035) zurückzuholen, ist seit gestern klar, dass noch weniger Zeit bleibt.
Die Pläne im Einzelnen:

  • Standort Herford – wird gegen Ende 2015 aufgegeben
  • Standort Niederkrüchten-Elmpt – wird bis Ende 2015 aufgegeben
  • Garnison Paderborn (einschließlich Sennelager) – Schließung wird nicht vor 2017 erwartet
  • Standort Bielefeld  – Schließung wird nicht vor 2017 erwartet
  • Gütersloh, Princess-Royal-Kaserne – wird bis Ende 2016 aufgegeben; das 1st Regiment Army Air Corps wird den Flugverkehr in Gütersloh bis Ende 2013 einstellen.
  • Gütersloh, Mansergh-Kaserne – Schließung wird nicht vor 2017 erwartet
  • Dülmen / Wulfen – man rechnet damit, dass das Depot in Dülmen und die Munitionslager in Wulfen mit Abschluss des Abzugs aus Deutschland geräumt werden.
  • Mönchengladbach, Ayrshire-Kaserne (Süd). Der weitere Bedarf für die Nutzung des Geländes zur Einlagerung von Fahrzeugen unterliegt getrennten Betrachtungen, wobei bis jetzt noch keine Entscheidung getroffen worden ist.

Bereits früher getroffene Änderungsentscheidungen:

  • Standort Münster – wird bis Ende 2013 aufgegeben
  • Militärkomplex Rheindahlen, JHQ – wird bis Ende 2013 aufgegeben
  • Standort Hameln – wird bis Ende 2014 aufgegeben.

Eine Übersicht über die betroffenen Standorte in NRW findet Ihr in der Anlage.
Der Abzug der britischen Streitkräfte und die Bundeswehrstrukturreform sind aber auch eine Chance. Die Nachnutzung bietet Potential für nachhaltige sozial-ökologische Lösungen. Durch die Konversionen der vergangenen Jahre verfügen die Kommunen in NRW bereits über vielfältige Kompetenzen, um auch die künftigen Veränderungen zu stemmen. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre beweisen: Wenn Betroffene der Konversion frühzeitig in die Planungen einbezogen und zu Beteiligten gemacht werden, lassen sich zukunftsgerichtete, innovative Nachnutzungskonzepte entwickeln, die den Ansprüchen aller Interessengruppen gerecht werden. Einige bereits bestehende Konversionsprojekte zeichnen sich durch ihren Modellcharakter aus, z.B. der „Park für erneuerbare Energien Elmpt“ oder die „Gartenstadt Gellersdorf“ in Rheine. Wichtig ist außerdem die regionale Kooperation und Verankerung der Projekte, um die Nachnutzungskonzepte in die regionale Struktur der Gemeinden einzupassen.
Wir Grüne im Landtag setzen uns dafür ein, die Kommunen bei den durch die Konversion anfallenden Aufgaben nicht allein zu lassen, sondern die Herausforderungen der Nachnutzung militärischer Flächen in einem partnerschaftlichen Vorgehen zwischen Bund, Land und Kommunen gemeinsam zu lösen. 
Die schwarz-gelbe Bundesregierung kommt derzeit ihrer strukturpolitischen Verantwortung aber nicht nach und blockiert einen wichtigen Baustein für eine erfolgreiche Nachnutzung. Es geht darum, dass der Bund die Möglichkeit eröffnen soll, nicht mehr benötigte Liegenschaften verbilligt an die jeweiligen Kommunen abzugeben. Nach derzeitiger Rechtslage ist die Bundesanstalt für Immobilienfragen (BImA) dafür zuständig, die Verwertung der Liegenschaften an kaufmännische Grundsätze zu orientieren und Flächen und Gebäude wirtschaftlich zu veräußern – sprich: für den Finanzminister das meiste rauszuholen. Eine wichtige Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung der Liegenschaften ist jedoch, dass die Vermarktung der Liegenschaften durch die BImA nicht ausschließlich nach fiskalischen Kriterien erfolgt. So fordert der Bundesrat eine „Öffnungsklausel“, die eine verbilligte Abgabe von Konversionsliegenschaften ermöglicht.
Zudem fordert der Bundesrat in einem Gesetzentwurf (Drucksache 17/10334) völlig richtig: „Eine im Sinne der nachhaltigen Regionalentwicklung umgesetzte Konversion darf nicht ausschließlich auf die wichtige Option der wirtschaftlichen Ansiedlung verengt sein; vielmehr muss die zivile Nachnutzung – insbesondere außerhalb bebauter Ortslagen – zur Schaffung oder Ergänzung von Bereichen für den Landschafts- und Naturschutz, für die regenerative Energiegewinnung oder für Ausgleichsmaßnahmen möglich sein.“ Ein erfolgreiches Projekt in dieser Richtung ist zum Beispiel der Nationalpark Eifel (nach Abzug der belgischen Streitkräfte). Die weitere Nutzung des Truppenübungsplatzes in der Senne und die Umwandlung in einen Nationalpark stehen jetzt akuter denn je auf der Tagesordnung. Aber auch Windparks oder Solarflächen bieten sich als Nachnutzungsoptionen an.
Weitere Informationen zum Thema Konversion findet Ihr hier:
http://www.nrw-urban.de/produkte/konversion/
http://www.nrw-urban.de/fileadmin/user_upload/projektfotos/news/NRW_URBAN_StGRat_7-8_12__2_.pdf
http://www.bicc.de/old-site/index.php?page=bundeswehr-strukturreform
http://www.ils-forschung.de/down/07-Wuschansky-monitor.pdf
http://www.ren.ag/index/rubrik/Aktuelles/artikel/Milit%E4rflughafen%20Elmpt
http://www.zukunftsinitiative-eifel.de/nextshopcms/show.asp?lang=de&e1=1332&ssid=1&docid=5&newsid=979
Wir werden Euch weiterhin zum Thema Konversion auf dem Laufenden halten, und ich stehe gerne für Rückfragen zur Verfügung.
Herzliche Grüße
Stefan Engstfeld MdL

Mehr zum Thema

Bundesangelegenheiten