Verena Schäffer: „Unsere Verantwortung ist, dass wir die Namen der Opfer niemals vergessen, dass wir ihnen ein Denkmal setzen“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Grünen im Landtag "NRW als Standort eines Yad Vashem Education Centers"

Portrait Verena Schäffer 8-2025

Verena Schäffer (GRÜNE):Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Name Yad Vashem hat eine tiefe Bedeutung. Er verweist auf das Buch des Propheten Jesaja – Frau Kollegin Müller-Witt hat es schon zitiert –:

„Denen will ich in meinem Hause und in meinen Mauern ein Denkmal und einen Namen geben […].“

Und weiter:

„Einen ewigen Namen […], der nicht vergehen soll.“

Yad Vashem, natürlich hebräisch, bedeutet auf Deutsch übersetzt „Denkmal und Name“. Und darum geht es: ein Denkmal für die sechs Millionen ermordeten Jüdinnen und Juden, die Erinnerung an den Namen und damit an die Würde jedes einzelnen Menschen.

Yad Vashem hat es sich zur Aufgabe gemacht, mindestens den Namen jedes einzelnen Opfers aufzufinden und zu dokumentieren. Gerade die Halle der Namen mit den Fotografien der Opfer ist sehr eindrucksvoll. Jeder, der schon einmal da war, weiß, wovon ich spreche.

Es erinnert uns daran, dass hinter jeder Zahl eine Geschichte, ein Individuum steht. Die Namen der Opfer und ihre Geschichte zu bewahren und weiterzugeben, ist Teil unserer Verantwortung, die Erinnerung an jeden einzelnen Menschen wachzuhalten.

Yad Vashem ist der zentrale Erinnerungs- und Gedenkort für die Opfer der Shoah. Auch die Vermittlung von Wissen über den Holocaust ist ein elementarer Bestandteil, mit dem Museum, mit der wissenschaftlichen Forschung und als Ort der Bildung und Entwicklung von pädagogischen Konzepten.

Die Bildungsangebote von Yad Vashem nutzen wir als Land seit vielen, vielen Jahren für unsere Lehrkräfte, Juristinnen und Juristen, Polizistinnen und Polizisten. Die Absichtserklärungen zwischen Yad Vashem und dem Land Nordrhein-Westfalen haben diese Zusammenarbeit in den letzten Jahren, Jahrzehnten mehrfach bekräftigt und ausgebaut.

In einer Zeit, in der Antisemitismus weltweit, auch hier in Deutschland und Nordrhein-Westfalen, wieder zunimmt, in einer Zeit, in der antisemitische Straftaten und Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze ansteigen, in einer Zeit, in der Demokratien und Menschenrechte zunehmend unter Druck geraten, in einer Zeit, in der Zeitzeugen immer weniger werden, sind wir in besonderer Weise gefordert, unseren Kindern und Enkeln die Bedeutung des „Nie wieder“ weiterzugeben.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Das erste von Yad Vashem geplante Education Center außerhalb Israels ist eine große Chance, die Wissensvermittlung zur Geschichte der Shoah noch tiefer in Deutschland zu verankern sowie Multiplikatorinnen und Multiplikatoren und insbesondere Lehrkräfte aus- und fortzubilden.

Yad Vashem in Deutschland bedeutet, jüdische Perspektiven in die Holocaustbildung im Land der Täter einzubringen. Die Bedeutung dessen kann man aus meiner Sicht gar nicht groß genug werten. Wir sind uns der Verantwortung sehr bewusst und wollen sie annehmen. Wir als demokratische Fraktionen sind der festen Überzeugung, dass Nordrhein-Westfalen der richtige Standort ist. Selbstverständlich soll die Arbeit ins gesamte Bundesgebiet strahlen.

Nordrhein-Westfalen ist nicht nur das bevölkerungsreichste Bundesland, wir pflegen auch seit vielen, vielen Jahren und Jahrzehnten enge Kontakte zu Israel; über Städtepartnerschaften und Jugendaustausche, über die Zivilgesellschaft und den Sport – Borussia Mönchengladbach war übrigens der erste deutsche Bundesligist, der in Israel spielte, und zwar bereits 1970 –;

(Beifall von Dagmar Hanses [GRÜNE])

mit dem NRW-Büro in Tel Aviv.

Die älteste Parlamentariergruppe unseres Landtags ist die Gruppe NRW-Israel.

(Zustimmung von Berivan Aymaz [GRÜNE])

Das ist sicherlich kein Zufall.

In Nordrhein-Westfalen ist uns die Förderung des jüdischen Lebens fraktionsübergreifend wichtig, und dass alle Jüdinnen und Juden hier in Nordrhein-Westfalen frei und sicher leben können; in großen jüdischen Gemeinden in Düsseldorf, Köln, Dortmund, Aachen, Bielefeld und in vielen weiteren Städten, mit Schulen, Kindergärten, Altenheimen – alles, was zu jüdischem Leben dazugehört. Unsere Polizei sorgt jeden Tag für ihre Sicherheit – keine Frage. Es ist traurig, dass das in Deutschland notwendig ist.

Wir haben hier in Nordrhein-Westfalen eine dichte Bildungs- und Forschungslandschaft mit über 70 Hochschulen. Wir fördern 32 NS-Gedenkstätten. Es gibt eine aktive Zivilgesellschaft wie etwa die ZWEITZEUGEN und viele lokale Initiativen.

Die Errichtung des Education Centers hier in Nordrhein-Westfalen wäre für uns mehr als nur ein Projekt. Es wäre für uns Unterstützung und Auftrag, unsere Verbindung zu Israel weiter zu stärken und unsere Bildungs- und Erinnerungsarbeit weiter auszubauen. Unsere Verantwortung ist, dass wir die Namen der Opfer niemals vergessen, dass wir ihnen ein Denkmal setzen – Yad Vashem.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)