Dennis Sonne: „Ein weiterer Schritt hin zu einer Drogenpolitik, die auf Verantwortung, Wissen und Gesundheitsschutz setzt“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und Grünen im Landtag zu Drug-Checking

Portrait Dennis Sonne

Der Antrag „Drug-Checking in Nordrhein-Westfalen einführen, um den Gesundheitsschutz von Konsumentinnen und Konsumenten zu verbessern und Leben zu retten“

Dennis Sonne (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen der demokratischen Fraktionen! Wir sprechen heute über ein Thema, das Leben retten kann, über Gesundheitsschutz – schon mehrfach gehört –, über Prävention, über Menschlichkeit und über Verantwortung.

Im vergangenen Jahr sind in Nordrhein-Westfalen 769 Menschen im Zusammenhang mit illegalen Drogen gestorben. Das sind 769 Menschen, die vielleicht hätten weiterleben können, wenn sie rechtzeitig Hilfe bekommen hätten.

Menschen mit schweren Suchterkrankungen dürfen wir nicht aufgeben. In NRW sind laut Bundesärztekammer über 60.000 Menschen opioidabhängig. Viele von ihnen sind mehrfach belastet durch psychische Erkrankungen, Wohnungslosigkeit oder Armut. Besonders alarmierend ist die zunehmende Verbreitung von Fentanyl, einem synthetischen Opioid, das bis zu 50-mal stärker als Heroin und 100-mal stärker als Morphine ist. Zwei Milligramm, was in etwa eine Menge von zwei Salzkörnern bedeutet, sind tödlich. Auch Fentanyl wird heute einem anderen Drogenpräparaten beigemischt. Kokain, Heroin und MDMA enthalten immer häufiger lebensbedrohliche Fentanylanteile, von denen die Konsumierenden nichts ahnen.

Deshalb brauchen wir Drug-Checking, um solche lebensgefährlichen Beimischungen frühzeitig zu erkennen und zu verhindern, dass Menschen durch diese unsichtbare Gefahr sterben. Wir als schwarz-grüne Koalition wollen daher Drug-Checking in den zwölf Drogenkonsumräumen in Nordrhein-Westfalen einführen. Es ist ein kontrolliertes, wissenschaftlich begleitetes Angebot, das Menschen mit schweren Suchterkrankungen ermöglicht, ihre Substanzen auf gefährliche Beimischungen oder überhöhte Wirkstoffkonzentrationen testen zu lassen.

Eine Analyse von illegalen Substanzen zur Risikoverminderung bietet vulnerablen Personen einen Ausweg und kann akute Gesundheitsrisiken minimieren. Das ist kein Freifahrtschein für Drogenkonsum, sondern ein präventives Instrument, um Leben zu schützen und Wissen zu vermitteln.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Wir als Regierungskoalition setzen damit ein wichtiges Zeichen: Prävention, Aufklärung und Gesundheitsorientierung stehen im Mittelpunkt unserer Drogenpolitik.

Wer Probleme mit einer Drogensucht hat, braucht einen menschenwürdigen Umgang, keine Stigmatisierung und keine Kriminalisierung, denn Prävention ist die beste Gesundheitspolitik. Beim Thema „Drogen“ setzen wir auf Vorbeugung und wirksame Hilfe für Suchtkranke. Denn Konsumierende wie Kriminelle zu behandeln, schützt niemanden vor der Sucht.

Die Ziele der Zukunftskoalition sind klar. Wir wollen, dass weniger Menschen in den Konsum einsteigen, dass mehr Menschen den Zugang zu Hilfsangeboten finden und dass niemand an einer vermeidbaren Überdosierung oder Verunreinigung stirbt.

Deshalb investieren wir in Aufklärung, in die Stärkung kommunaler Suchthilfe und in wissenschaftliche Begleitung der Modellprojekte. Ziel ist, allen Menschen entsprechend den unterschiedlichen Ursachen und Einflussfaktoren einer Suchtentwicklung die passgenauen Hilfen zur Verfügung zu stellen, die sie brauchen. Darum steht in unserem Antrag die Stärkung unserer Hilfesysteme der Suchthilfe mit niedrigschwelligen Angeboten im Mittelpunkt.

Doch Drogenkonsum findet nicht nur in Drogenkonsumräumen statt. Auch in der Partyszene sind junge Menschen zunehmend der Gefahr von Überdosierung und toxischen Verunreinigungen ausgesetzt. Deshalb können wir als grüne Fraktion uns auch gut vorstellen, das Drug-Checking perspektivisch auch dort anzubieten, denn Drug-Checking rettet im Einzelfall nicht nur Leben, sondern schafft auch den Zugang zu Aufklärung und Beratung – gerade für Menschen, die sonst nie Kontakt zur Suchthilfe hätten.

Gleichzeitig gewinnen Gesundheitsämter und Hilfseinrichtungen wertvolle Erkenntnisse darüber, welche Substanzen aktuell im Umlauf sind, und können frühzeitig vor besonders gefährlichen Präparaten warnen. So wird aus Prävention auch echte Schadensminimierung. Das ist ein weiterer Schritt hin zu einer Drogenpolitik, die auf Verantwortung, Wissen und Gesundheitsschutz setzt.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Wenn wir über Probleme im Stadtbild sprechen, dann sollten wir ehrlich sein: Spritzenbesteck auf Spielplätzen gehört nicht in unser Stadtbild. Genauso wenig gehören aber schwer suchtkranke Menschen ohne Hilfesysteme dorthin.

Dafür sorgen unter anderem Drogenkonsumräume, die wir in diesem Antrag gezielt unterstützen und stärken.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Bereitstellung von Naloxon, einem Medikament, das im Notfall die Wirkung von Opioiden aufhebt. Naloxon in Drogenkonsumräumen und Einrichtungen der Drogenhilfe verfügbar zu machen, bedeutet, in kritischen Momenten Leben zu retten.

Dieser Antrag steht für eine realistische, moderne und menschliche Drogenpolitik, eine Politik, die Verantwortung übernimmt, statt zu verdrängen, eine Politik, die hinschaut, hilft und schützt. Wir setzen auf Aufklärung statt Verharmlosung, auf Hilfe statt Strafe, auf Prävention statt Ignoranz. Das ist der richtige Weg für die Menschen, für unsere Städte und für die Gesellschaft.

Lassen Sie uns zeigen, dass Nordrhein-Westfalen den Mut hat, neue Wege zu gehen – Wege, die Leben retten, Menschlichkeit zeigen und Perspektiven schaffen. Dem Antrag stimmen wir selbstverständlich zu. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Mehr zum Thema

Gesundheit