Dr. Volkhard Wille (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD versucht mit ihrer Großen Anfrage „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen in NRW“ systematisch, die Arbeit unserer Zivilgesellschaft, also von Vereinen, Verbänden, Stiftungen, mit Millionen engagierter Menschen zu diskreditieren.
(Christian Loose [AfD]: Millionenbeträge!)
Ein Zitat:
„Als gemeinnützige Vereine sind Sie zu politischer Neutralität verpflichtet, woran Sie sich jedoch oftmals nicht halten.“
Sie hauen einfach etwas hinaus,
(Christian Loose [AfD]: Das haben wir doch gerade gesehen!)
Sie diskreditieren alle ohne jeglichen Beleg und verbreiten hier Ihre Verschwörungstheorien.
(Zuruf von Dr. Martin Vincentz [AfD])
Sie übersehen oder verkennen bewusst die demokratische Funktion von Protest, Kritik und Interessensvertretung jenseits parteipolitischer Logik. Das von Ihnen gebotene Neutralitätsgebot gibt es so überhaupt nicht.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)
Alle Organisationen dürfen im Rahmen ihrer Satzung für ihre Anliegen eintreten. Natürlich kann es sein, dass das der einen oder anderen Partei mal nicht passt. Das müssen wir alle aushalten.
(Verena Schäffer [GRÜNE]: Das nennt man Demokratie! – Zuruf von Christian Loose [AfD])
Unser Grundgesetz legt in Artikel 5 fest:
„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“
Diese Meinungsfreiheit genauso wie die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
(Christian Loose [AfD]: Vereinigungsfreiheit gilt auch bei Blockaden von Parteitagen?)
gilt nach Artikel 19 Absatz 3 des Grundgesetzes auch für juristische Personen. Auch Organisationen der Zivilgesellschaft genießen diese Rechte. Gerade Sie übernehmen eine zentrale Aufgabe in unserer Demokratie. Sie bündeln Meinungen, bringen Expertise ein und machen gesellschaftliche Stimmen im politischen Prozess hörbar. Ihre Fachkenntnis, ihr Engagement und auch ihre Kritik nützen uns allen.
Wir alle – egal auf welchem Platz wir im Plenarsaal sitzen – müssen uns diese Kritik gefallen lassen. Wir sollten sie nicht fürchten, sondern als Ansporn verstehen, uns und unsere Politik zu hinterfragen. So funktioniert eine plurale Demokratie: durch den Streit um die besten Ideen, durch harte, aber faire Auseinandersetzungen in der Sache und durch das gemeinsame Ziel, das Wohl aller Menschen im Land zu fördern.
Die AfD erweckt in ihrer Großen Anfrage den Eindruck, dass der Staat Geld an Organisationen auszahlt, ohne dass der genaue Zweck bekannt ist und ohne dass es eine Verwendungskontrolle gibt.
Das Gegenteil ist richtig: Wenn eine Organisation im Rahmen einer Projektfinanzierung Projektgelder bekommt, gibt es für jedermann und jede Frau einsehbare Förderrichtlinien, nach denen ein Antrag für ein konkretes Projekt gestellt wird. Dieser wird von den Bewilligungsbehörden nach den Vorgaben der Förderrichtlinien geprüft bzw. bewilligt. Nach Abschluss des Projektes wird mit dem Verwendungsnachweis kontrolliert, ob das Geld entsprechend verausgabt wurde und die Projektgelder von den eigenen Geldern der Organisation sauber getrennt werden.
Diesen Sachverhalt ignorieren Sie bewusst. Sie diffamieren die Organisationen, weil diese aus ihren normalen Mitgliedsbeiträgen natürlich ihre allgemeine Arbeit im Sinne ihrer Interessen vertreten dürfen. Die Organisationen bekommen zum Beispiel Geld aus Mitgliedsbeiträgen,
(Zuruf von Enxhi Seli-Zacharias [AfD])
weitere Einnahmen, mit denen sie ihre allgemeine Öffentlichkeitsarbeit finanzieren dürfen.
(Enxhi Seli-Zacharias [AfD]: Sie delegitimieren sich selbst!)
Im Vergleich zu Wirtschafts- und Unternehmenslobbyisten sind zivilgesellschaftliche Organisationen strukturell deutlich schwächer ausgestattet und haben geringeren Zugang zu Entscheidungsträgern.
Die AfD zeigt hier wieder einmal, dass sie es mit dem Grundgesetz nicht so ernst nimmt.
Mit ihrer Großen Anfrage zeigt sie einmal mehr, dass sie Kritik nicht erträgt und lieber versucht, kritische Stimmen mundtot zu machen.
Millionen Menschen engagieren sich – für Umwelt, Sport, Gleichberechtigung, Soziales und Kultur, so vielfältig wie unsere Gesellschaft selbst. An Vereine, Verbände und Organisationen geht deshalb die klare Botschaft: Egal, welches konkrete Ziel Ihre Satzung nennt, Sie alle tragen Verantwortung, unsere Demokratie zu schützen und sich gegen Verfassungsfeinde zu stellen. Engagieren Sie sich weiter für Ihre Anliegen, und lassen Sie sich nicht einschüchtern und mundtot machen. Unsere Unterstützung haben Sie dabei. – Vielen Dank.
