Norwich Rüße: „In dem Antrag werden Thesen vertreten, die man überhaupt nicht belegen kann“ 

Zum Antrag der FDP-Fraktion zur Rattenbekämpfung

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße  (GRÜNE): Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Ralf Nolten, ich hätte dir zum Abschluss gewünscht, dass es einen Antrag der FDP zu den Themen „Badegewässer“ oder „Landgesellschaft“ gegeben hätte.

(Heiterkeit von Dr. Ralf Nolten [CDU] und Wilhelm Korth [CDU])

Das hätte es dir vielleicht ein bisschen leichter gemacht, dazu zu reden. Ratten sind ein etwas schwieriges Thema, aber du hast das gut gemeistert. Ich wünsche dir für deine Zukunft alles Gute. Ich kann zumindest für mich persönlich sagen – ich habe ja seit 2017 mit dir im Landtag zusammenarbeiten dürfen –: Ich werde dich ein Stück weit vermissen. Insbesondere die Arbeit in der Enquete damals fand ich sehr gut. Du hast da viel Wissen eingebracht. Es hat mir viel Freude gemacht, mit dir zusammenzuarbeiten. Deshalb: Alles Gute und viel Erfolg!

(Beifall von der CDU, der SPD, den GRÜNEN und der FDP)

Kommen wir zu den Ratten. Lieber Dietmar, ich habe eben gehört, dass du dich sogar getraut hast, das Zitat zu bringen: Wir haben Ratten gesehen, so groß wie Kaninchen.

(Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales: Es gibt unterschiedlich große Kaninchen!)

Ich meine, man muss nicht alles aufgreifen, was einem so über den Weg läuft. Man muss ein Thema nicht ohne Ende aufbauschen.

(Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales: Vielleicht war es ein Waschbär! – Christian Dahm [SPD]: Oder ein Hamster! – Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Ich finde, das ist auch das Grundproblem in dem Antrag. In dem Antrag werden Thesen vertreten, die man überhaupt nicht belegen kann. Da wird von einem Verhältnis zur Bevölkerung gesprochen, das Sie nirgendwo nachweisen können. Ich finde es sehr schwierig, so vorzugehen.

In dem Feststellungsteil Ihres Antrags behaupten Sie Dinge, für die wir – das fordern Sie ja selbst ein – erst mal ein Monitoring bräuchten, um das feststellen zu können. Ich finde, so kann und sollte man nicht vorgehen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dass Ratten ein Problem sind, ist unbestritten. Jeder Landwirt wird Ihnen das bestätigen. Wenn Ratten an einem Maissilo die Folie aufreißen und die Ernte zu erheblichen Teilen kaputtmachen oder ein Trevira-Silo attackieren und Löcher reinbeißen, ist das natürlich ein Riesenproblem.

Auch jeder in den Städten kennt das da, wo sich Dreck ansammelt, Müll abgelagert wird, die Müllabfuhr nicht funktioniert und die Mülltonnen zu klein sind. Dann werden die Sachen danebengelegt. Wenn man solche Gelegenheiten für Ratten schafft, vermehren sie sich natürlich sehr schnell.

Die Frage ist nur immer: Wer soll die Rattenbekämpfung übernehmen? Wer soll das tun? Es wird immer gerne gesagt: Wir in Deutschland spielen schon wieder die Vorreiter. – Das ist einfach falsch.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

– Doch, es ist falsch, Dietmar. In den Niederlanden ist es verboten. In Frankreich ist es verboten. Das heißt, Deutschland zieht an der Stelle nur nach, und zwar ehrlich gesagt mit Fug und Recht. Das hat die Kollegin Kahle-Hausmann genau richtig angesprochen.

Ich will auch den Vergleich machen. Wir reden viel über Pflanzenschutzmittel. Darüber haben wir in den letzten Jahren oft diskutiert. Wenn man die sogenannten inerten Gase ausklammert, gibt es in Deutschland einen jährlichen Verbrauch von ungefähr 30.000 t an Pflanzenschutzmitteln.

In der EU werden pro Jahr insgesamt etwa 50.000 t Rattengift eingesetzt, davon ungefähr ein Fünftel in Deutschland. Genau weiß man das alles nicht – das ist ja auch ein Problem –, aber es sind ungefähr 10.000 t. Es ist gerade richtig angesprochen worden: Diese Gifte finden sich in der Umwelt wieder. Diese Gifte sind für Haustiere gefährlich. Sie gehören in die Hände von Spezialisten, die es wirklich können.

Wir diskutieren das ja auch mit Blick auf die Landwirtschaft. Im Moment sind die Landwirte über den Sachkundenachweis Pflanzenschutz in der Lage, diese Mittel auszubringen. Da ist die Debatte so: Wie kann man die Sachkunde vielleicht noch ein Stück weit verbessern bzw. erweitern?

Man darf das Kind aber nicht mit dem Bade ausschütten. Dieser Sachkundenachweis muss weiterhin vernünftig leistbar sein. Man muss ihn weiterhin erbringen können, ohne dass man sich mehrere Wochen in ein Studium begeben und eine Abschlussprüfung machen muss, die vielleicht sehr schwierig ist. Es könnte ein Weg sein, dass man auch von Privatpersonen einen gewissen Sachkundenachweis erwartet. Den könnte man an bestimmte Qualifikationen binden.

Dass man frei verfügbar an solche Gifte kommen soll, wie Sie das anscheinend anstreben, halte ich für grundsätzlich falsch. Es wäre überhaupt nicht richtig, diesen Weg zu gehen. Den gehen wir sicherlich nicht mit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Deshalb freue ich mich auf die Debatte im Ausschuss. Ich fände es gut, wenn wir uns da ein Stück weit annähern und Sie das Vorsorgeprinzip gemeinsam mit uns tragen würden. Diese Gifte gehören nur in fachkundige Hände. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

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