Jule Wenzel: „Ihre Strategie ist, Vertrauen in die Demokratie und den Rechtsstaat zu untergraben“

Zum Abschlussbericht der Enquetekommission „Krisen- und Notfallmanagement“

Portrait Jule Wenzel (c) M Laghanke

Jule Wenzel (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Wir alle wissen, dass Krisen- und Notfallmanagement ein Zukunftsthema ist – leider. Umso wichtiger ist, dass wir uns in einem Enquetebericht mit dieser Lage auseinandersetzen. Und umso wichtiger ist, dass es diesen Bericht gibt und dass er gut geworden ist.

Meine Vorredner Herr Bakum und Herr Berger haben gerade schon zutreffend das Theater beschrieben, mit dem die AfD diese Enquete angeführt hat.

(Christian Loose [AfD]: Das Theater, wie man eine Geschäftsordnung ändert!)

Von Führung war nichts zu erkennen. Die AfD schmückt sich hier mit fremden Federn.

Auch der Leser oder die Leserin – diesen Fehler haben Sie ja leider gemacht – wird sich in Zukunft davon überzeugen können, dass Sie an einem ernsthaften Krisen- und Notfallmanagement in NRW kein Interesse hatten. Das haben Sie dadurch offenbart, dass Sie falsche Quellen zitiert haben, keine Belege geliefert haben, dass Ihr Wissenschaftsverständnis gelinde gesagt lückenhaft ist.

Aber das ist ja auch eine Strategie, die Sie da betreiben. Ihre Strategie ist nicht, ein sicheres Land zu schaffen, in dem wir uns umeinander sorgen. Ihre Strategie ist, Vertrauen in die Demokratie und den Rechtsstaat zu untergraben. Mit der AfD ist kein Staat zu machen. Mit ihr ist kein effektiver Schutz der Bevölkerung zu machen. Sie ist vor allen Dingen mit sich und ihren Verschwörungserzählungen beschäftigt.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Aber zurück zu den guten und wichtigen Erkenntnissen aus dem Bericht. Auch wenn sich im Krisen- und Notfallmanagement vieles um den All-Gefahren-Ansatz dreht, haben wir uns bei der Gliederung des Berichts zwei aktuelle Szenarien herausgegriffen, die wir für besonders wichtig halten. Das sind zum einen die Erkenntnisse aus der Coronapandemie und zum anderen aus Extremwetterereignissen, die uns schon ereilt haben. Erinnert sei an die Flutkatastrophe aus dem Sommer 2021, die auch in NRW viele Opfer gefordert hat. Viele Betroffene leiden bis heute unter mangelnder Aufmerksamkeit.

Es gehört weiterhin zur Wahrheit, dass derartige Katastrophenlagen mit dem täglichen Voranschreiten der Klimakrise in Zukunft mit immer größerer Wahrscheinlichkeit und somit häufiger auftreten werden. Erst heute vermeldet der Weltwetterdienst, dass der weltweite Wasserkreislauf aus den Fugen geratene ist. Schmelzende Gletscher und Extremwetterereignisse wie Dürren und Überschwemmungen sind die Folge.

Wir wollen besser werden in der Risiko- und Krisenkommunikation, der Warnung und Information der Bevölkerung oder dem psychosozialen Krisenmanagement. Darüber hinaus hat der Schutz vulnerabler Gruppen einen hohen Stellenwert, wobei für uns Grüne klar ist, dass dieser nie über ihre Köpfe hinweg geschehen sollte, sondern immer mit ihnen, und dass alle Menschen auch in ihren Fähigkeiten anerkannt werden in der Krise.

Da die vergangenen Katastrophenlagen gezeigt haben, dass in Krisenzeiten stets auch extreme Akteure die Gelegenheit nutzen, um durch bewusst gesteuerte Desinformationskampagnen das Vertrauen in den Staat zu unterwandern, haben wir uns mit diesem Thema ebenso ausführlich beschäftigt. Dem gezielten Verbreiten von Fake News und Desinformation kann durch eine erhöhte Medienkompetenz begegnet werden, aber auch dadurch, dass wir unsere Kultur- und Medienlandschaft als kritische Infrastruktur schützen.

Unbestritten ist auch, dass die staatlichen Institutionen auf die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land angewiesen sind. Dazu zählt im deutschen Krisen- und Notfallmanagement ein starkes Ehrenamt, dessen Stärkung die Kommission durch die Einbindung bisher unterrepräsentierter Bevölkerungsgruppen empfiehlt oder beispielsweise durch einfache Plattformen zum spontanen Engagement.

Wir haben uns als demokratische Fraktionen konsequent den strukturellen Problemen bei der Pandemiebekämpfung, wie beispielsweise Ebenenkonflikten, Ausgestaltung von Krisenstäben oder Versäumnissen bei der Digitalisierung, gewidmet. Sie konnten herausgearbeitet und analysiert und es konnten Handlungsempfehlungen zu deren Lösung abgegeben werden.

Wir hoffen, dass die Menschen in Nordrhein-Westfalen von der Arbeit dieser Enquetekommission profitieren. Nur dann kann man wirklich davon sprechen, dass es gut ist, dass es diesen Bericht gibt und dass es eine Rolle spielt, dass er gut gewesen ist.

Für den Weg bis hierhin danke ich allen demokratischen Fraktionen und ihren Sprechern und der Landtagsverwaltung für ihren großen Einsatz.

Außerdem haben wir das gute Endergebnis maßgeblich den zahlreichen Expertinnen zu verdanken, deren Aussagen aus 14 Anhörungen die Grundlage für diesen Bericht bildeten – ebenso den Gutachtenersteller*innen.

Ich möchte mich sehr herzlich bei unserer ständigen Sachverständigen Professor Dr. Gesine Hofinger bedanken.

Zum Abschluss möchte ich noch eine besondere Würdigung den Referent*innen aller demokratischen Fraktionen aussprechen, die leider nicht namentlich in diesem Bericht genannt werden. Das möchte ich zumindest mündlich nachholen und danke recht herzlich Lynn Schüller, Merit Tinla, Michaela Steger und Nikolai Hundt für ihren großen Einsatz, ohne welchen dieser Bericht so nicht möglich gewesen wäre. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der SPD)

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