Gönül Eğlence (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen! Manche Themen liegen uns parteiübergreifend am Herzen. Die Kinderarmut gehört zweifellos dazu. Jedes fünfte Kind in NRW ist armutsgefährdet. Das ist ein Zustand, den wir nicht hinnehmen dürfen. Das betrifft auch ganz konkret die Frage, wie gut und regelmäßig Kinder essen.
Mit dem SPD-Antrag wird dieses Thema aufgegriffen. Das ist erst einmal gut. Ein kostenfreies Mittagessen für alle Kinder in Kitas und Schulen klingt auf den ersten Blick wie ein starkes Signal für soziale Gerechtigkeit.
Doch ein genauer Blick zeigt: So einfach ist es nicht. Wer übernimmt die Kosten? Wie gelingt die Umsetzung? Wie stellen wir sicher, dass das Angebot dort ankommt, wo es wirklich gebraucht wird? Denn wir wissen auch, dass viele Eltern das Mittagessen ihrer Kinder durchaus finanzieren können. Andere wiederum kämpfen mit jedem Euro.
Wenn wir nicht nur eine Symbolpolitik machen, sondern echte soziale Gerechtigkeit wollen, dann brauchen wir gezielte Lösungen.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Die Gießkanne hilft nicht gegen Kinderarmut. Sie verwässert nur den Fokus. Was wir brauchen, ist ein integriertes Konzept, das zielgenau hilft, kommunale Strukturen stärkt, Bildungs- und Teilhabechancen bündelt und finanziell solide unterlegt ist.
So kommen wir zu einem weiteren Punkt des SPD-Antrags. Die Forderung einer Landesarmutsstrategie ist ein wichtiges Anliegen, und auch hier sagen wir: Ja, Kinder- und Jugendarmut muss systematisch bekämpft werden, aber bitte ehrlich.
Die großen Stellschrauben für die Armutsbekämpfung – das geht von der Kindergrundsicherung bis zur Neujustierung des SGB II – befinden sich nun einmal auf der Bundesebene. Gerade dort gäbe es einiges zu tun, liebe SPD. Vielleicht sprechen Sie beim nächsten Telefonat mit Berlin auch einmal darüber.
Dann ist da noch die vorgeschlagene Bundesratsinitiative zur Umwidmung von BuT-Mitteln. Auch das ist ein alter Hut. Es ist übrigens schade, dass es Ihnen kein Anliegen war, die Kindergrundsicherung zu unterstützen, denn genau das war der Plan, indem bestehende Leistungen so gebündelt werden, dass sie den Kindern, die es brauchen, wirklich zugutekommen.
(Dr. Dennis Maelzer [SPD]: Wir haben das unterstützt, aber eure Ministerin hat keinen Plan hingekriegt! – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])
Aufgrund des Koalitionsvertrags der Bundesregierung soll nun – soweit ich weiß – die Umwidmung von BuT-Mitteln geprüft werden. Warum jetzt also der Umweg über den Bundesrat, wenn Sie das offensichtlich auf anderer Ebene lösen wollen?
Nicht zuletzt fordern Sie die Umsetzung der Empfehlung des Bürgerrats. Ernährung und Bürgerbeteiligung ist uns Grünen bekanntlich ein hohes Gut. Hier gibt es den konkreten Vorschlag, wie das Ganze mitfinanziert werden kann, nämlich anstatt das Kindergeld weiter zu erhöhen, dieses Geld für das Mittagessen auszugeben. Auch das wurde meines Wissens aus SPD-Kreisen abgelehnt.
Liebe Kolleg*innen, wir wollen, dass alle Kinder in NRW die gleichen Chancen auf Bildung, auf Gesundheit und auf soziale Teilhabe haben. Dazu gehört ein gutes, bezahlbares Mittagessen. Dafür braucht es eine solidarische Verteilung von Kosten. Warum müssen wir die Ärztin, die Abgeordnete und den Lehrer von den Kosten entlasten? Für eine solidarische Verteilung der Kosten werden wir weiter streiten. Ihren Antrag lehnen wir ab. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
