Für eine starke Kommunalpolitik: Wir bringen das NRW-Kommunalrecht auf die Höhe der Zeit

Portrait Robin Korte

Stärkere Teilhabe von Jugendlichen und Menschen mit Einwanderungsgeschichte, besserer Schutz kommunaler Gremien vor antidemokratischen Kräften, mehr Familienfreundlichkeit und ein modernes Vergaberecht: Bereits im Februar haben wir mit unserer Kommunalinfo erstmals über den Gesetzentwurf zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften im Land NRW informiert. An diesem Mittwoch, 9 Juli, haben wir dieses umfangreiche Gesetz sowie einen gemeinsamen Änderungsantrag mit der CDU beschlossen. Rechtzeitig zur Kommunalwahl am 14. September und zur neuen Ratsperiode ab dem 1. November haben wir damit das Kommunalrecht umfassend modernisiert und den veränderten Ansprüchen an unsere Demokratie angepasst. Im Folgenden geben wir einen kurzen Überblick über die wichtigsten Neuerungen für Räte, Kreistage und Landschaftsversammlungen.

Wir stärken die Resilienz gegen Populist*innen, Extremist*innen und Antidemokrat*innen
Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben vielerorts gezeigt, dass insbesondere Vertreter*innen der AfD und anderer rechtsextremer Gruppierungen die Arbeit und die demokratischen Abläufe unserer Gremien gezielt stören, lähmen oder sogar zeitweise verunmöglichen. Eines der wichtigsten Anliegen des Gesetzes ist es darum, ehrenamtliche Kommunalpolitiker*innen, unsere kommunalen Gremien und auch die Mitarbeitenden der Verwaltungen besser vor ungebührlichem, destruktiven und undemokratischem Verhalten oder sogar verbaler oder körperlicher Gewalt zu schützen.

Ordnungsmaßnahmen sind nun rechtssicher verankert
Ein Schwerpunkt liegt dabei auf einer besseren und weitergehenden gesetzlichen Regelung der Ordnung in Sitzungen. Mögliche Ordnungsmaßnahmen sind ab sofort ausführlich in der Gemeindeordnung (§51 GO), Kreisordnung (§36 KrO), Landschaftsverbandsordnung (§9 LVerbO) sowie im Gesetz über den Regionalverband Ruhr (§11 RVRG) verankert. Sie lehnen sich eng an die strenge Geschäftsordnung des Landtags an und regeln Ordnungsmaßnahmen wie einen möglichen Ordnungsruf, Wortentzug, Sitzungsausschluss sowie die Verhängung eines wirksamen Ordnungsgeldes von bis zu 1000 Euro. Außerdem haben wir auf vielfache Anregung hin ein Quorum für die Durchführung geheimer Wahlen von mindestens 1/5 der Ratsmitglieder festgelegt.

Abwahl von Ausschussvorsitzenden wird ermöglicht
Darüber hinaus haben wir die Regelungen für die Bildung der Fachausschüsse und eine mögliche Umbesetzung während der Ratsperiode vereinfacht. Auf gemeinsamen Vorschlag aller Fraktionen und Gruppen können Ausschüsse zukünftig mit einem Mehrheitsbeschluss des Rates bzw. Kreistags besetzt werden, eine Einstimmigkeit ist zukünftig nicht mehr notwendig (§50 GO, §35 KrO, §10 LVerbO, alternativ ist es natürlich auch weiterhin möglich die Besetzung im Rat oder Kreistag zu wählen). Wichtigste Neuerung ist aber die Möglichkeit Ausschussvorsitzende, die ihr Amt nicht angemessen ausüben, mit einer 2/3-Mehrheit des Rates abzulehnen bzw. abzuwählen. Ebenso ist mit einer ad-hoc-Regelung zukünftig sichergestellt, dass Ausschüsse auch bei (absichtlicher oder zufälliger) zeitgleicher Verhinderung von Vorsitzenden und deren Stellvertretungen eingeladen werden und tagen können.

Das „Neuverschuldungsverbot“ wird verschoben
Über die bereits angekündigten und benannten Änderungen hinaus, hat auch die Altschuldenlösung Einfluss auf das beschlossene Gesetz. Denn während wir als Land eine hälftige Übernahme der kommunalen Altschulden beschlossen haben und derzeit umsetzen, ist weiterhin nicht absehbar, ob und wann die Bundesregierung ihr Versprechen einer Beteiligung an den Altschuldenlösungen der Länder einlöst. Daher wird es den verschuldeten Städten und Gemeinden bis auf weiteres nicht möglich sein, auf eine Ablösung ihrer verbleibenden Kreditverträge durch neue Liquiditätskredite zu verzichten. Mit unserem Änderungsantrag haben wir daher die auf Druck des früheren Bundesfinanzministers Lindner eingeführte Drei-Jahres-Frist zur Tilgung von Liquiditätskrediten („Neuverschuldungsverbot“, §89 Abs.4 GO), die eigentlich zum 31.12.2025 in Kraft treten sollte, auf den 31.12.2028 verschoben. Damit behalten die Kommunen vorerst alle Möglichkeiten für ein entsprechendes Portfolio- und Zinsmanagement.

Kreisbeigeordnete können mit 2/3-Mehrheit eingeführt werden
Wie bereits im Koalitionsvertrag vorgesehen, können Kreistage zukünftig selbst darüber bestimmen, ob und wie viele Beigeordnete sie in den Verwaltungsvorstand des Kreises wählen. Anders als im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehen, benötigt der Kreistag zur Einführung von mehr als einer Beigeordneten-Position durch unseren Änderungsantrag nun jedoch eine 2/3-Mehrheit. Die qualifizierte Mehrheit ist ein Zugeständnis an den Landkreistag. Sie stellt sicher, dass ein entsprechender Beschluss im Kreistag breit getragen ist.

Weitere angekündigte Änderungen wurden ebenso beschlossen
Bereits im Februar hatten wir Euch über viele weitere weitreichende Änderungen informiert, insbesondere zur

  • Stärkung der Jugendbeteiligung (insbesondere Initiativrecht zur Einführung von Jugendvertretungen und Absenkung des Mindestalters für sachkundige Bürger*innen und sachkundige Einwohner*innen auf 16 Jahre),
  • Stärkung der politischen Teilhabe für Menschen mit Einwanderungsgeschichte (insbesondere Einführung der Ausschüsse für Integration und Chancengerechtigkeit mit verpflichtender Beteiligung im Beratungsverlauf des Rates),
  • Steigerung der Familienfreundlichkeit im kommunalen Ehrenamt und gesetzliche Einführung der Doppelspitze
  • Anhebung von Fraktionsuntergrenzen (vor allem in großen Städten und Kreistagen)
  • Begrenzung der Größe der Landschaftsversammlungen
  • Vereinfachung interkommunaler Zusammenarbeit und des kommunalen Vergaberechts.

Wie damals angekündigt, wurden auch diese Änderungen nun gleichsam beschlossen und gelten ab sofort bzw. wirken zur nächsten Kommunalwahlperiode. Für weitere Informationen zu diesen Änderungen verweisen wir der Kürze halber auf die bereits angesprochene Kommunalinfo.

Für Rückfragen stehen ich Euch, gemeinsam mit dem Grünen Team im Kommunalausschuss (Simon Rock, Martin Metz und Frank Jablonski), wie gewohnt gerne zur Verfügung.

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