Dagmar Hanses: „Wer hier nur rotsieht, verkennt die Bewegung, die längst im Gange ist“

Zu Anträgen der SPD-Fraktion zur Stärkung der Justiz

Portrait Dagmar Hanses

Dagmar Hanses (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! NRW funktioniert. Die Justiz im rechtsstaatlichen Gefüge trägt jeden Tag zum Gelingen bei. Das lassen wir uns von Ihnen auch nicht dystopisch schlechtreden.

Ja, wir haben einen Fachkräftemangel. Herzlichen Glückwunsch zu der Erkenntnis an die SPD! Wir arbeiten aber jeden Tag daran, konsequent Beschäftigte in der Justiz zu stärken sowie die Justiz modern und effizient aufzustellen. Justizbeamtinnen, Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Wachtmeisterinnen, Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger, sie alle kommen nicht aus dem 3‑D-Drucker. Es dauert eine Weile, bis Ausbildungsgänge durchlaufen sind und Fachkräfte in vollem Umfang zur Verfügung stehen.

Die Fachkräfte- und Ausbildungsoffensive im Justizbereich zeigt schon spürbare Ergebnisse. Es braucht eben eine Zeit, bis gut ausgebildete Fachkräfte zur Verfügung stehen.

(Beifall von Hedwig Tarner [GRÜNE])

Diese Herausforderungen leugnen wir nicht, aber wir schauen genau hin – differenziert, realistisch und konstruktiv. Wer hier nur rotsieht, verkennt die Chancen und die Bewegung, die längst im Gange ist.

Dass Sie in Ihrem Antrag ausgerechnet die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher herausgreifen, ist unverständlich. Als die Evaluation der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher im Rechtsausschuss auf der Tagesordnung stand, haben Sie nichts dazu gesagt.

Die steigenden Zahlen im Bereich der Gewaltdelikte sollten wir uns in der Tat genauer ansehen. Dieses Phänomen betrifft nicht allein die Justiz, sondern selbstverständlich ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe in Bezug auf Prävention, Intervention und ein hoffentlich verändertes Anzeigeverhalten. Wir müssen schauen, wie wir Gewalt in Zukunft gemeinsam verhüten können und dass Menschen weniger Straftaten begehen.

Den Ton, den Sie in diesem Antrag anschlagen, finden wir unangemessen, reißerisch und für ein Miteinander nicht hilfreich.

(Beifall von Anja von Marenholtz [GRÜNE] und Jens Kamieth [CDU])

Im Bereich der Digitalisierung gehen wir deutlich voran. Im Haushalt 2025 wurden insgesamt 184 Millionen Euro für die Digitalisierung der Justiz bereitgestellt. Der Prozess der Digitalisierung ist noch lange nicht abgeschlossen. Wir werden weiter daran arbeiten, dass auch die letzten Aktenberge und Gürteltiere, die aus diesen Aktenbergen entstehen, langsam, Stück für Stück aus den Büros verschwinden und konsequent digital gearbeitet werden kann.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justiz sind nicht perfekt, aber gut ausgestattet. In Ihrem Antrag hört es sich so an, als würden sie mit Fax und Brieftaube arbeiten. Dem ist nicht so. Nordrhein-Westfalen stärkt das Homeoffice bzw. mobiles Arbeiten und möchte die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter voranbringen.

Liebe Frau Bongers, es ist egal, ob sich mit Ihrem Antrag jemand hier langweilen oder ein Déjà-vu-Erlebnis haben könnte. Wir haben mit Ihrem Antrag das Problem, dass das etwas mit den Beschäftigten macht. Wir finden, dass es dem Engagement der Beschäftigten nicht gerecht wird.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

NRW …

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Frau Kollegin, entschuldigen Sie …

(Vizepräsident Rainer Schmeltzer wendet sich der Schriftführerin zu und erhält eine Information.)

– Ist noch nicht?

Dagmar Hanses (GRÜNE): Herr Präsident, wir hatten einen Wechsel; das ist schön. Ich fahre eben fort, um zum Schluss zu kommen.

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Ich korrigiere einfach den Bildschirm, und Sie können weitermachen.

Dagmar Hanses (GRÜNE): Alles klar. – NRW funktioniert, und es bleibt dabei.

(Lachen von Frederick Cordes [SPD])

Möchten Sie Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern wirklich ins Gesicht sagen, dass die nordrhein-westfälische Justiz nicht funktioniert? Wir fänden das schade. NRW funktioniert. Wir lehnen Ihren Antrag ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Entschuldigung, Frau Kollegin Hanses.

Dagmar Hanses (GRÜNE): Ist doch noch etwas?

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Es hat einen Wechsel gegeben.

Dagmar Hanses (GRÜNE): Ja.

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Das haben Sie festgestellt. Die Technik hat ein bisschen gestreikt. Es liegt von Frau Kollegin Müller-Witt doch der Wunsch nach einer Zwischenfrage vor. Würden Sie diese noch zulassen?

Dagmar Hanses (GRÜNE): Selbstverständlich.

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Na, sehen Sie. Geht doch alles. – Bitte schön.

Elisabeth Müller-Witt (SPD): Frau Kollegin, Sie haben gerade so von den Ausbildungszahlen und davon geschwärmt, wie wunderbar das läuft. Wie beurteilen Sie die Reduzierung der Zahl der Referendare in der Ausbildung? Welche Auswirkung hat das denn auf die Justiz?

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Bitte schön, Frau Kollegin.

Dagmar Hanses (GRÜNE): Sehr gerne, Herr Präsident. – Liebe Kollegin Müller-Witt, selbstverständlich haben wir darüber gesprochen, dass das in diesem Haushaltsjahr ein schmerzhafter, aber notwendiger Schritt war, um einen deckungsfähigen Haushalt vorzulegen. Das ist uns als Haushaltsgesetzgeber wirklich sehr schwergefallen.

Wir haben mit dem Ministerium einen Weg aufgezeigt, wie wir die Zahlen bereits in diesem Jahr wieder steigern können, weil wir in der Tat Rechtsreferendare an vielen Stellen brauchen: im Vollzug, bei Staatsanwaltschaften und an Gerichten. Man braucht sie auch in der Anwaltschaft.

Mir fehlten da Ihre konstruktiven Vorschläge. Wir sind froh, dass wir diese notwendigen Schritte Stück für Stück wieder zurückgehen können. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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