Dr. Volkhard Wille: „Ohne Klimaschutz geraten die Ökosysteme unweigerlich aus dem Gleichgewicht“

Zum Antrag der "AfD"-Fraktion zu Windenergie

Portrait Dr. Volkhard Wille

Dr. Volkhard Wille (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD versucht in ihrem Antrag, einen unüberwindbaren Gegensatz zwischen Energiewende und Klimaschutz auf der einen Seite und Natur- und Artenschutz auf der anderen Seite aufzumachen. Dabei wird alles an krudem Halbwissen und ideologischen Fake News zusammengetragen, was man in den Tiefen des Internets findet, und Sachverhalte werden aus dem Zusammenhang gerissen.

Natürlich gibt es bei diesen beiden Aspekte Zielkonflikte, die aufgelöst werden müssen. Aber wenn man die ganzen Unwahrheiten und Absurditäten des vorliegenden Antrages einmal beiseitelässt, wird schnell klar, dass dieser vermeintliche Gegensatz sich auflöst, wenn man Klima- und Naturschutz zwingend als zwei Seiten einer Medaille betrachtet. Klima- und Naturschutz lassen sich nur gemeinsam angehen. Ohne Klimaschutz geraten die Ökosysteme unweigerlich aus dem Gleichgewicht, weil sie sich der Geschwindigkeit der Erderwärmung überhaupt nicht so schnell anpassen können. Hinzu kommen diverse andere menschliche Eingriffe,

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

die sich negativ auf die Ökosysteme auswirken: Verschmutzung, Übernutzung, Flächenverbrauch.

Umgekehrt kann man Klimaschutz nicht allein auf technischem Weg erreichen. Es bedarf intakter Ökosysteme, die große Mengen an Kohlenstoff möglichst langfristig binden können, also beispielsweise Wälder, Moore und intakte Böden. Beim natürlichen Klimaschutz ist die Landesregierung bereits aktiv. Besonders zu erwähnen ist zum Beispiel die Moorschutzinitiative des NRW-Umweltministeriums. Das Bundesumweltministerium unterstützt den Moorschutz und viele weitere Projekte über das „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“, welches auch in NRW sehr gut angenommen wird.

Beim technischen Klimaschutz ist NRW vor allem bei der Windenergie Vorreiter. Gleichzeitig bemühen wir uns darum, dass der zügige Ausbau Akzeptanz vor Ort findet und in naturverträglichem Rahmen stattfindet. Kollege Untrieser hat eben darauf hingewiesen. Sie sehen also, ein ganzheitlicher Ansatz ist möglich. Diese Landesregierung macht es vor.

Der AfD-Antrag enthält keinen einzigen Ansatz für eine umwelt-, natur- und klimaverträgliche Energieversorgung. Sie schreiben von Zerstörung von Ökosystemen, von Ewigkeitskosten, von Umweltschäden. Ich empfehle einfach mal, den Blick auf das Rheinische Revier zu richten. Da haben Sie das alles. Ich kann Ihnen sagen, die großen Löcher sind nicht durch Windräder entstanden.

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Herr Kollege, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Es liegt der Wunsch nach einer Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Blex vor. Würden Sie die zulassen?

Dr. Volkhard Wille (GRÜNE): Nein.

Ich bin froh, dass wir hier mittlerweile auf einen wirklich zukunftsweisenden Weg für das Rheinische Revier eingebogen sind. Wir haben die Atomruinen und die radioaktiven Abfälle dieses Irrwegs noch nicht sicher entsorgt; die AfD macht sich aber Sorgen um den Rückbau von unproblematischen Fundamenten der Windkraftanlagen und will schon wieder in die Atomenergie einsteigen.

Wenn es darum geht, gegen den Windenergieausbau vorzugehen, entdecken Sie plötzlich Ihre Liebe zur heimischen Vogelwelt. Bei den eigentlichen Ursachen des Artensterbens wie Pestizideinsatz und Chemikalienfreisetzung reden Sie dann wieder einer rückwärtsgewandten Politik das Wort und stimmen gegen Regulierungen. Damit instrumentalisieren Sie den Naturschutz für Ihre rückwärtsgewandte politische Agenda. Praktisch ist aber keinem Lebewesen damit geholfen. Sobald es kompliziert wird, geben Sie auf, versuchen Klimaschützer und Naturschützer gegeneinander auszuspielen und richten dabei auf beiden Seiten Schaden an.

Das hat mit ernsthafter, lösungsorientierter Politik absolut nichts zu tun. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU und der SPD)

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Herr Kollege Dr. Wille, Ihrer Aufmerksamkeit ist nicht entgangen, dass eine Kurzintervention angemeldet wurde. – Diese hat der Abgeordnete Schalley angemeldet. Sie haben jetzt eine Minute. Bitte schön.

Zacharias Schalley (AfD): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Dr. Wille, Sie haben in erwartbarer Weise das Hohelied der Energiewende gesungen. Die Energiewende sei auch ein Projekt zum Schutz der Natur. Dann haben Sie uns wieder mal mangelnde Fachkenntnis vorgeworfen.

Wissen Sie, was Fachleute zu Ihrer Energiewende sagen? Sie kennen sicherlich das Prozedere: Wenn ein neues Windrad irgendwohin soll, dann muss ein Biologe ein Gutachten erstellen, beispielsweise eine Biotopkartierung oder Amphibienzählung vornehmen. Er soll Konflikte aufzeigen für bedrohte Arten und Ökosysteme, die entstehen würden, wenn man dort eine Windindustrieanlage aufstellt. Was passiert dann? Kurze Zeit später muss er mit ansehen, wie ein intakter Wald für die Windindustrieanlagen brutal zerstört wird. Es geht also bei diesem Gutachten gar nicht darum, vielleicht die Anlage zu verhindern, sondern schlicht und ergreifend darum, sie zu ermöglichen. Am Ende weiß der Biologe nämlich auch, er ist nur Dienstleister.

Das ist kein ausgedachter Fall, sondern die ehrliche Klage eines Biologen aus dem Odenwald. Er klagt an, sogar Naturschutzbehörden sind Komplizen bei diesem Raubbau, weil die Politik Druck ausübt, und das am meisten von den Parade-Naturschützern Ihrer grünen Partei.

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Herr Abgeordneter, die eine Minute ist bereits abgelaufen.

Zacharias Schalley (AfD): Ich komme zum Schluss, Herr Präsident.

Ich will damit sagen: Das Waldsterben, mit dem die Grünen einmal groß wurden, ist heute der Grund, warum sie klein werden; denn das Waldsterben verursachen sie selbst durch ihre Energiepolitik.

(Beifall von der AfD)

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Bitte schön, Herr Dr. Wille.

Dr. Volkhard Wille (GRÜNE): Bei dem Bau von allen möglichen Anlagen zur regenerativen Energieerzeugung werden Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt. Dann werden zum Teil viele technische Lösungen wie Abschaltalgorithmen und Ähnliches vorgeschrieben, die geeignet sind, genau diesen Konflikt zwischen Natur- und Artenschutz auf der einen Seite und dem Klimaschutz auf der anderen Seite zu lösen. Kollege Untrieser hat darauf hingewiesen, dass die Schutzgebiete freigehalten werden. Das ist ein Beispiel dafür, dass dieses Miteinander von natürlichem Klimaschutz und technischem Klimaschutz der einzige Weg ist, der langfristig erfolgreich sein wird.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der CDU)