Norwich Rüße: „Hunderttausend Menschen haben sich 2020 dafür eingesetzt“

Zur Aktuellen Stunde auf Antrag der SPD-Fraktion zur Nationalparksuche

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiche jetzt von meinem Manuskript vollkommen ab: Es gibt Themen, die sich nicht für Streit, Zank und Nachkarten eignen. Das sind Themen, die wichtig für das Land Nordrhein-Westfalen, für die Menschen und in diesem Fall für die Natur sind.

Dieses Thema ist so wichtig, dass der Landtag 1991 einstimmig beschlossen hatte: Wir wollen einen Nationalpark in Nordrhein-Westfalen. Ich war da noch nicht im Landtag,

(Heiterkeit und Zuruf von Henning Höne [FDP])

aber das sollte uns alle gemeinsam verpflichten, diese Debatte in Ruhe zu führen und zielorientiert in die Zukunft zu tragen.

Was ich hier heute erlebt habe, war viel Nachkarten, war das Nennen von Namen. Das kann man machen, lieber Dietmar Brockes, aber dann sollte man auch die richtigen erwähnen, das wäre schon wichtig.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Es stellt sich aber auch die Frage, ob das wirklich etwas nach vorne bringt.

Ich habe mich gefreut, dass die SPD gestern Abend mal wieder eine tolle Weihnachtsfeier hatte, aber ich hatte beim Hören Ihrer Reden ein Problem, ich hatte nämlich den Eindruck, dass Ihnen die Zeit für gute Reden gefehlt hat.

(Heiterkeit von den GRÜNEN und der CDU)

Das gilt insbesondere für Sie, lieber Kollege Vogt, und das, was Sie vorgetragen haben. Ich werde den Verdacht nicht los – die ehemalige Bundesumweltministerin nehme ich davon aus –, dass die SPD, namentlich diese Fraktion, dafür dass sie angeblich auch einen Nationalpark haben will, in der Debatte und vor Ort nichts bewirkt hat.

Wo waren Sie denn, Herr Schneider,

(René Schneider [SPD]: Bitte?)

wo waren Sie denn, Herr Vogt, als es darum ging, die Menschen zu überzeugen, dass es der richtige Weg ist, sodass wir gemeinsam einen Nationalpark wollen? Sie waren nicht da.

(Beifall von den GRÜNEN – René Schneider [SPD]: Die SPD war da!)

Den Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen.

(Ina Blumenthal [SPD]: Das stimmt doch gar nicht! Das ist Quatsch!)

Wenn es dann um den Nationalpark geht, gehört eine Generalabrechnung hier nicht hin. Herr Vogt, reden Sie zur Sache, reden Sie zum Nationalpark.

(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von Kirsten Stich [SPD] und Jochen Ott [SPD])

Es geht auch nicht, dass hier in Sonntagsreden alle immer nur sagen, wie wichtig uns der Naturschutz sei, und wir gleichzeitig sagen: Liebe Brasilianer, ihr könnt doch nicht den Regenwald abholzen. Das geht nicht. Wir müssen doch alle zusammen diesen Planeten, die Artenvielfalt erhalten. – Den Film „Serengeti darf nicht sterben“ gucken wir alle uns seit über 60 Jahren immer wieder gerne an und sagen: Jawohl, das, was da gemacht wurde, ist super.

(Zuruf von Carsten Löcker [SPD])

Aber wenn es dann darum geht, in Nordrhein-Westfalen, in den Regionen etwas für den Naturschutz zu machen, herrscht auf einmal Schweigen im Walde.

So sehr ich meine Kollegen schätze, kann ich dem einen oder anderen einen Vorwurf nicht ersparen. Da muss man als Abgeordneter sagen: Ich bin dem Land NRW und nicht nur meiner Region verpflichtet. – Das Regionale muss man auch mal hintanstellen und für das Land NRW sagen, dass man einen Nationalpark wolle.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von René Schneider [SPD])

Das hätte ich insbesondere in dem Moment erwartet, als – der Kollege Wille hat es gesagt – Fake News aufgebracht, Unwahrheiten behauptet wurden. Was wäre das für ein demokratisches Zeichen gewesen, wenn jemand gesagt hätte: Ich bin im Prinzip gegen einen Nationalpark, aber so können wir die Debatte nicht führen. Ich weise es zurück, dass so diskutiert wird. – Das wäre gut gewesen, das hätte ich mir gewünscht zur Unterstützung dieser Diskussion, damit wir sie ehrlich und zusammen hätten führen können. Am Ende hätten die Menschen dann vor Ort entscheiden können.

(Beifall von den GRÜNEN)

So bleibt ein fader Beigeschmack nach der Debatte,

(Zurufe von Nadja Lüders [SPD] und Dietmar Brockes [FDP])

so ist eine Region gespalten, und natürlich sagen diejenigen, die für den Reichswald als Nationalpark waren, jetzt: Es waren die Stadtwerke, die die Menschen so beeinflusst haben, dass die Entscheidung so knapp dagegen ausgefallen ist. Ansonsten wäre es anders gelaufen. – Es ist schlecht für uns alle, wenn demokratische Debatten so geführt werden.

Nach hinten zu gucken ist das eine, nach vorne zu gucken, ist aber viel wichtiger, deshalb will ich – es hilft ja nichts – noch einen Ausblick nach vorne wagen: Was können wir jetzt tun? Ich erwarte von dieser Landesregierung, ich erwarte vom Ministerpräsidenten, dass wir angesichts der Aufgabe „Artenvielfalt“ jetzt beim Naturschutz in die Pötte kommen und sagen: Okay, das haben wir nicht erreicht, aber wir werden die anderen Punkte aus dem Koalitionsvertrag umsetzen. Wir werden das bis 2027 machen.

(Zuruf von René Schneider [SPD])

Dieses Signal muss von uns jetzt kommen. Das erwarte ich einfach.

(Gordan Dudas [SPD]: Der hört doch gar nicht zu!)

– Doch er hört zu. Er ist ein aufmerksamer Zuhörer.

(Lachen von Lisa-Kristin Kapteinat [SPD])

Ich habe großes Vertrauen, dass das auch passiert.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Ich will an unsere Grundlage, die Volksinitiative „Artenvielfalt“, erinnern. Hunderttausend Menschen haben sich 2020 dafür eingesetzt, haben Unterschriften gesammelt.

(Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Die Dringlichkeit des Themas „Artenvielfalt“ ist uns doch allen klar, also lassen Sie uns gemeinsam den Weg für mehr Artenvielfalt in diesem Land beschreiten. Lassen Sie uns engagiert die Naturschutzgebiete weiterentwickeln, zusätzliche Gebiete ausweisen. Wir brauchen – der Kollege Wille hat es gesagt – großflächige Gebiete.

Zum Schluss möchte ich einen Dank an die beiden Kollegen von der CDU, Frau Winkelmann und Herr Nolten, richten.

Sie haben betont, dass Nordrhein-Westfalen schon so viele Naturschutzgebiete ausgewiesen hat. Das ist für mich eine schöne Bestätigung der grünen Naturschutzpolitik unter Bärbel Höhn; vielen Dank dafür.

(Heiterkeit von Bianca Winkelmann [CDU] und Thorsten Schick [CDU] – Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Lassen Sie uns gemeinsam weiterhin für einen guten Naturschutz hier in Nordrhein-Westfalen kämpfen. – Danke.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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