Astrid Vogelheim: „Wir müssen Vorsorge treffen, um die Menschen vor den bereits unvermeidbaren Folgen zu schützen“

Zum Entwurf der Landesregierung zum Ruhrverbandsgesetz - zweite Lösung

Portrait Astrid Vogelheim

Astrid Vogelheim (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Immer am 31. Oktober endet das hydrologische Jahr. Das ist der Tag, an dem die Wasserwirtschaft Bilanz zieht. In diesem Jahr sprach Frau Reichert, Präsidentin des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, von einem Rekord. Wir haben das niederschlagsreichste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen erlebt. Insgesamt fielen etwa 1.200 mm Niederschlag. Das sind 328 l mehr pro Quadratmeter als im langjährigen Mittel. Außer in den Sommermonaten Juli und August war der Regen durchweg überdurchschnittlich. Doch dieser Rekord täuscht nicht über die langfristigen Probleme hinweg.

Die vorangegangenen 14 Jahre waren geprägt von extremer Trockenheit. Das Jahr 2018, in dem nur 617 l Regen pro Quadratmeter fielen, bleibt in Erinnerung, ein Jahr der Hitze und Dürre mit gravierenden Auswirkungen auf Natur, Landwirtschaft und Wasserressourcen. Auch die Jahre 2019 und 2022 zeigen mit rekordverdächtigen Niedrigwasserständen am Rhein und an der Ruhr die alarmierende Dynamik klimatischer Extreme.

Diese Extreme, von sehr nass bis katastrophal trocken, sind keine zufälligen Launen der Natur. Sie sind Ausdruck der sich zuspitzenden Klimakrise. Weltweit zeigen wissenschaftliche Erkenntnisse eindeutig, dass wir uns auf eine Zukunft mit zunehmenden Wetterextremen einstellen müssen. Diese Auswirkungen treffen uns auch hier in Nordrhein-Westfalen hart – mit spürbaren Folgen für die Lebensqualität und die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger. Deshalb ist es auch unsere Verantwortung, alles zu tun, um die Erderwärmung so weit wie möglich einzudämmen. Dabei zählt jedes Zehntel Grad.

Gleichzeitig müssen wir Vorsorge treffen, um die Menschen vor den bereits unvermeidbaren Folgen zu schützen. Drei zentrale Vorsorgeziele stehen dabei im Mittelpunkt: die Sicherheit für die Menschen in Nordrhein-Westfalen, der Zugang zu gesunden Lebensmitteln auch in Krisenzeiten und die Garantie für ausreichend sauberes Trinkwasser.

Dies führt mich zur Dringlichkeit der heute zu beschließenden Änderung im Ruhrverbandsgesetz. Der Ruhrverband sichert mit seinem Talsperrensystem die Trink- und Brauchwasserversorgung von rund 4,6 Millionen Menschen im Münsterland, im Ruhrgebiet und im Sauerland. Doch das Gesetz von 1990, das Mindestabflüsse für die Ruhr festlegt, wird den klimatischen Herausforderungen von heute nicht mehr gerecht. Seit dem Jahr 2018 musste der Ruhrverband immer wieder Ausnahmegenehmigungen beantragen, um die Mindestabflüsse zu senken und die Talsperrenvorräte zu schützen. Diese Verfahren sind zu bürokratisch und gefährden langfristig die Versorgungssicherheit.

Mit der Novelle des Gesetzes schaffen wir Handlungsspielräume, um flexibel und schnell auf Extremwetter reagieren zu können. Damit stärken wir die Klimaresilienz des Ruhrtalsperrensystems und sichern die Wasserversorgung für die Menschen und die Wirtschaft in der Region nachhaltig und unbürokratisch.

Gleichzeitig dürfen wir dabei den Schutz der Ökosysteme nicht aus den Augen verlieren. Die Anpassung des Gesetzes geht daher Hand in Hand mit einem umfassenden Maßnahmenpaket, das negative Auswirkungen auf die Gewässerökosysteme und insbesondere in FFH-Gebieten minimiert. Das Gesetz balanciert die Interessen von Naturschutz und Versorgungssicherheit sorgfältig aus. Das ist eine weitere Herausforderung, der wir uns mit fortschreitendem Klimawandel stellen müssen: die zunehmend konkurrierenden Interessen auszubalancieren.

Abschließend möchte ich aber auch noch mal meine Erwartung an den Ruhrverband richten, die vereinbarten Maßnahmen termingerecht und konsequent umzusetzen. Es ist Aufgabe des Ruhrverbandes, eine nachhaltige und umweltverträgliche Wassernutzung sicherzustellen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns heute gemeinsam Verantwortung für die Menschen, die Natur und die Zukunft unserer Region übernehmen. Mit dieser Gesetzesänderung sichern wir die Trink- und Brauchwasserversorgung in NRW auch unter zunehmend schwieriger werdenden Bedingungen der Klimakrise. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu dieser Gesetzesänderung. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

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