Haushaltsentwurf im Bereich der sozialen Infrastruktur

Mehr als 30.000 Menschen haben in der vergangenen Woche mit den Wohlfahrtsverbänden für ein soziales und gerechtes NRW demonstriert. Mitarbeitende der sozialen Infrastruktur aus ganz Nordrhein-Westfalen – von der Aidshilfe über die Suchtberatung bis hin zu Kita und OGS – haben unter dem Motto “NRW bleib sozial” auf die Bedeutung dieser Einrichtungen hingewiesen und ihren Frust über Einsparungen im Haushaltsentwurf lautstark zum Ausdruck gebracht.  

Wir finden es richtig, dass so viele Menschen für die soziale Infrastruktur demonstriert haben, denn sie ist der Garant für Teilhabe und Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Wir Grüne stehen für ein soziales und gerechtes NRW und dafür setzen wir uns als Grüne Landtagsfraktion auch weiterhin ein. Wir waren mit mehreren Abgeordneten selbst bei der Demonstration vor Ort, um mit den Menschen zu sprechen, Solidarität zu zeigen und auch auf der Bühne Rede und Antwort zu stehen.  

Die Sorgen der Demonstrierenden um ihre wichtige Arbeit, die Menschen für und mit denen sie arbeiten und persönliche Existenzängste können wir nachvollziehen. Wir sind aktuell noch in internen Gesprächen mit unserem Koalitionspartner über den Haushaltsentwurf. Ihr könnt Euch sicher sein, dass wir aktuell jeden Euro zweimal umdrehen, um noch Verbesserungen zu erreichen. Denn wir wollen auch weiterhin eine starke soziale Infrastruktur in NRW. 

Spardruck in allen Bereichen
Die finanziellen Rahmenbedingungen in NRW und ganz Deutschland sind objektiv außergewöhnlich schlecht. Die extrem angespannte Haushaltslage zwingt uns als schwarz-grüne Koalition, über alle Ressorts hinweg zu sparen – von der Wirtschaft, über den Verkehrssektor oder die Landwirtschaft, bis hin in den Sozialhaushalt. Ein Erfolg dabei: Wir haben erreicht, dass die Bereiche Kinder und Jugend von Kürzungen ausgenommen werden.  

Dieser wichtige Erfolg auf der einen Seite bedeutet allerdings auch, dass andere Ministerien größere Einsparungen schultern müssen. Daher war es nicht möglich, den kompletten sozialen Bereich auszunehmen. 

Weil die Finanzlage derart angespannt ist, nutzen wir als Koalition erstmals die Konjunkturkomponente der Schuldenbremse. Wie es das Grundgesetz in Zeiten konjunktureller Einbrüche vorsieht, können wir so in sehr begrenztem Maße Kredite aufnehmen, um Projekte zu sichern. Die Konjunkturkomponente ist von ihrer Höhe sehr begrenzt und löst nicht die finanziellen Probleme des Landeshaushalts, aber ohne diese Möglichkeit wären in allen Bereichen noch drastischere Einsparungen notwendig geworden.  

Öffentliche Haushalte brauchen größere Handlungsspielräume
Wir sind der Überzeugung, dass sich die Bedeutung der sozialen Infrastruktur auch in den öffentlichen Haushalten widerspiegeln muss. Das Tischtuch ist aktuell aber offensichtlich zu klein, um allen staatlichen Aufgaben und gesetzlichen Verpflichtungen angemessen nachzukommen. 

Die Opposition behauptet derzeit, die Ministerien hätten „Spardosen“ in Form von sogenannten Selbstbewirtschaftungsmitteln in ihren Haushalten. Das ist schlicht falsch. Bei den Selbstbewirtschaftungsmitteln handelt es sich um Gelder, die gesetzlich oder vertraglich gebunden sind und der überjährigen Planung dienen.  

Über 90 Prozent des Landeshaushalts sind gebunden, zum Beispiel durch Gehälter für Polizist*innen und Lehrer*innen, durch die gesetzlichen Leistungen an Gemeinden und vieles mehr. Um allen Verpflichtungen ausreichend nachzukommen, von der sozialen Infrastruktur, über die Sanierung von bröselnden Brücken, der Digitalisierung der Verwaltung, der klimaneutralen Transformation der Wirtschaft, der Unterhaltung von Polizeiwachen und vielem mehr, brauchen wir größere Handlungsspielräume der öffentlichen Haushalte. Deswegen muss es eine politische Mehrheit geben – ganz konkret auf Bundesebene – die das Tischtuch vergrößert. Wir brauchen dringend eine Reform der Schuldenbremse – darüber wird auch die nächste Bundestagswahl am 23. Februar 2025 entscheiden.  

 

Wir stellen Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt unserer Politik
Trotz der Einsparnotwendigkeiten stellen wir als schwarz-grüne Koalition Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt unserer Politik und nehmen diese Bereiche von den Kürzungen aus.  

Wir erhöhen den Ansatz für die Kitas um gut 400 Millionen Euro auf die Rekordsumme von über 5,7 Milliarden Euro und erhöhen den Kinder- und Jugendförderplan auf 152 Millionen Euro. 

Dabei ist uns bewusst, dass es dennoch zu harten Einsparungen im Bereich Familienbildung und Familienberatung kommt. Das ist bitter und uns ist die Bedeutung dieser Angebote sehr bewusst. 

Für die OGS stellen wir im nächsten Jahr über 880 Millionen Euro zur Verfügung. Das sind über 100 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr. Wir schaffen damit 50.000 neue Plätze in 2025.  

 

Unterstützung für Geflüchtete
Wir wissen, dass geflüchtete Kinder, Frauen und Männer auf Begleitung angewiesen sind und diese sich mehrfach auszahlt: ganz persönlich für ihr Ankommen und Teilhabe in ihrer neuen Heimat, aber auch für ihre Integration und unsere Gesellschaft. Aufgrund des oben beschriebene Spardrucks musste die Landesregierung im Haushaltsentwurf allerdings auch in diesem Bereich Einsparungsvorschläge machen, wie etwa bei der landesgeförderten Asylverfahrensberatung. Hier stellt der Bund seit 2023 Fördermittel zur Verfügung, die bisher in NRW nicht vollständig ausgeschöpft werden, und worüber zumindest ein Teil der Verfahrensberatung aufgefangen werden wird. Bei der Regionalen Beratung von Geflüchteten ist durch eine Verschiebung der Haushaltstitel bedauerlicherweise der falsche Eindruck entstanden, dass hier gekürzt wurde. Das ist allerdings nicht der Fall. Auch die Psychosozialen Zentren für Geflüchtete sollen in bisheriger Höhe weiter gefördert werden.  

Wir Grüne wissen auch: Präventionsarbeit ist eine wichtige Grundlage unserer demokratischen Gesellschaft. Deswegen ist Prävention auch eine wichtige Säule im Maßnahmenpaket der Landesregierung nach dem schrecklichen Anschlag von Solingen. Das Landeskabinett hat in der vergangenen Woche eine Ergänzungsvorlage für den Haushalt 2025 auf den Weg gebracht. Darin werden Präventionsprogramme aus dem Maßnahmenpaket nach Solingen hinterlegt, wie etwa die Förderung der Integration Eingewanderter und des Ehrenamtlichen Engagements zur gelingenden Integration von Geflüchteten sowie die soziale Beratung von Geflüchteten und Angebote zur Sensibilisierung, Fortbildung, Beratung und Unterstützung in Unterbringungseinrichtungen. Das zuständige Ministerium – das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (MKJFGFI) – wird in Kürze die Träger informieren, wie die Programme konkret ausgestaltet werden und wie sie Mittel beantragen können.  

 

Verena Schäffer im WDR-Podcast “18 Millionen” – “Wir drehen in vertraulichen Gesprächen jeden Euro um” 

Viele Medien haben ausführlich über die Demonstration berichtet. Unter dem Titel “NRW kürzt im Sozialbereich – muss das sein?” widmet sich unter anderem der wöchentliche WDR-Podcast “18 Millionen” ausführlich dem Thema. In der Folge hat auch Verena Rede und Antwort gestanden. Wir hoffen, dass Euch das Interview hilft, unsere Kernbotschaften zu vermitteln, auch wenn Ihr Anfragen vor Ort bekommt. 

  • Wenn Ihr Spotify nutzt, gelangt Ihr hier direkt zum Interview 
  • Beim WDR gibt es den Podcast hier nachzuhören. Ab Minute 15:46 läuft das Interview mit Verena