Meral Thoms: „Internationale Fachkräfte halten unser Gesundheitssystem am Laufen“

Zum Antrag der "AfD"-Fraktion zur Zahnmedizinischen Versorgung

Portrait Meral Thoms

Meral Thoms (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD beantragt hier Maßnahmen, die auf den ersten Blick wie Lösungsansätze wirken. Doch bei genauem Hinsehen zeigt sich, dass diese Ansätze völlig an der Realität vorbeigehen und echte Lösungen aus ideologischen Motiven verschwiegen werden.

Gibt es diese dramatische Überlastung der Zahnärzte tatsächlich? Existiert ein Mangel in der zahnärztlichen Versorgung? Die Antwort lautet: nein.

Mit Blick auf die aktuellen Berechnungen der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zeigt sich, dass das Verhältnis von Einwohnerinnen und Einwohnern pro Zahnarzt oder Zahnärztin in NRW bei 1.500 liegt und nicht bei 2.000, wie die AfD behauptet. Wichtiger noch ist, dass aktuell in keiner Region in NRW eine Unterversorgung besteht.

Zum Durchschnittsalter führt die AfD an, dass dieses bei 48 Jahren liege, was zu einer Versorgungslücke führe. Auch diese Darstellung ist irreführend. Das Durchschnittsalter ist völlig normal, wenn man berücksichtigt, dass eine zahnärztliche Tätigkeit erst ab einem Alter von 35 Jahren beginnt.

Kommen wir zu einem Thema, das in dem Antrag nicht angesprochen wird: der wichtige Beitrag von Fachkräften mit Migrationshintergrund zur Sicherung der Versorgung. Hierbei entlarvt sich die Ideologie der AfD am deutlichsten. In dem Antrag wird in keiner Weise auf den wichtigen Lösungsaspekt der Fachkräftezuwanderung eingegangen.

Schon heute hat mehr als ein Viertel der Human- und Zahnmedizinerinnen in Deutschland einen sogenannten Migrationshintergrund. Wo wären wir, wenn diese Menschen nicht in unserem System wären?

In NRW hat jede bzw. jeder dritte Auszubildende im Bereich der zahnmedizinischen Fachangestellten eine ausländische Staatsbürgerschaft. Der Anteil der Auszubildenden mit Migrationshintergrund ist noch deutlich höher.

Auch die Fluchtzuwanderung ist relevant. Zum Beispiel hat sich die Zahl der syrischen Ärztinnen und Ärzte von 2013 bis 2020 von etwa 1.200 auf 5.000 vervierfacht.

Internationale Fachkräfte halten unser Gesundheitssystem am Laufen, doch die AfD verschweigt gerade diese Lösung. Warum? Vielleicht, weil es nicht zur nationalistischen Agenda passt, dass wir Migration zur Sicherung der Gesundheitsversorgung brauchen.

Kommen wir zu Ihren unpraktischen Lösungsansätzen. Ein Landzahnarzt-Stipendium für Studierende greift viel zu kurz. Damit wird außerdem nicht berücksichtigt, dass eben keine Unterversorgung besteht.

Unser vielfältiges NRW ist ein attraktiver Standort für Zahnärztinnen und Zahnärzte. Sie kommen gerne zu uns; es gibt eine Nettozuwanderung in Nordrhein-Westfalen. NRW ist deutlich besser aufgestellt als einige Regionen in Ostdeutschland, die in diesem Bereich unter einer starken Abwanderung leiden. Wir können uns fragen, warum.

Die AfD versucht wieder einmal, durch Dramatisierung Ängste zu schüren. Dass sie den positiven Effekt von Zuwanderung auf die zahnmedizinische Versorgung schlichtweg ignoriert, spiegelt einmal mehr die ausgrenzende Grundhaltung der Partei wider. Wir lehnen diesen Antrag natürlich ab. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, Guido Görtz [CDU] und Josef Neumann [SPD])

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