Dr. Julia Höller: „Niedrigschwellig, transparent und neutral“

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und Grünen im Landtag für eine*n Polizeibeauftragte*n – erste Lesung

Portrait Dr. Julia Höller

Gesetz über die unabhängige Polizeibeauftragte oder den unabhängigen Polizeibeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen

Dr. Julia Höller (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der oder die unabhängige Polizeibeauftragte beim Landtag Nordrhein-Westfalen kommt. Seit vielen Jahren ist dies für uns Grüne ein zentrales Projekt in der Innenpolitik. Wir haben es versprochen und lösen es verlässlich ein.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Der oder die unabhängige Polizeibeauftragte wird eine Ansprechperson sowohl für Bürgerinnen und Bürger als auch für Polizistinnen und Polizisten – niedrigschwellig, transparent und neutral. Und weil mir und uns dieses Projekt so sehr am Herzen liegt, möchte ich meine Rede heute als Einladung formulieren: Geben Sie dieser Vertrauensperson eine aufrichtige Chance!

(Thorsten Klute [SPD]: Das ist an den Koalitionspartner gerichtet!)

Denn im Kern geht es um die Botschaft: „Wir nehmen es ernst, wenn das Vertrauen in den Staat sinkt“, die Botschaft: „Wir als Staat arbeiten an uns nicht nur individuell, sondern gerade auch bei strukturellen Fehlentwicklungen“, die Botschaft: „Wir als Staat lassen uns in die Karten schauen – nicht nur dann, wenn es uns passt, sondern wenn Bürger das wollen“, die Botschaft: „Wir nehmen Kritik von innen ernst, indem Polizistinnen und Polizisten sich jenseits des Dienstweges an eine Stelle wenden können“.

Der oder die Polizeibeauftragte steht also für einen Staat, der strukturelle Mängel ernst nimmt und Verbesserungen wirklich will. Die überwiegende Mehrheit der Polizistinnen und Polizisten in Nordrhein-Westfalen kommt ihrer anspruchsvollen und gefährlichen Arbeit jeden Tag mit größter Gewissenhaftigkeit nach – innerhalb der rechtsstaatlichen Grenzen und mit beiden Beinen fest auf dem Boden des Grundgesetzes. Danke, dass wir uns dessen immer sicher sein können.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Aber da, wo 40.000 Menschen arbeiten, passieren Fehler. Und die Polizei ist Hüterin des Gewaltmonopols. Deshalb stellen wir ganz besonders hohe Anforderungen an sie. Deshalb braucht es Transparenzmechanismen und höchste Ansprüche an eine Fehlerkultur. Deshalb ist es absolut richtig, eine unabhängige Instanz zu schaffen, damit Menschen sich nicht bei der Polizei über die Polizei beschweren müssen.

Eine moderne Organisation zeichnet sich doch genau dadurch aus, wie sie mit und mit den Menschen, die diese Fehler machen, umgeht. Der Polizeibeauftragte steht also für einen Staat, der eine moderne Fehlerkultur lebt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Manchmal sieht es für Laien nur so aus, als seien Fehler passiert. Dann stellen sich Fragen, weil zum Beispiel handelnde Personen aufgrund des Einsatzgeschehens ihr Handeln in der Hektik des Einsatzes nicht so gut erklären konnten und sich Menschen unrechtmäßig behandelt fühlen. In solchen Stellen kann die Stelle vermitteln und erklären.

Der Polizeibeauftragte steht also für einen Staat, der komplizierte Regeln erklärt und Handeln transparent macht. Der Polizeibeauftragte steht aber auch für einen Staat, in dem verabscheuungswürdige Fälle von Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Islamismus in der Polizei nicht geduldet werden. Das hat nichts mit Vorverurteilung zu tun, sondern mit rechtsstaatlicher Verantwortung,

(Beifall von den GRÜNEN)

und zwar auch mit einer Verantwortung für die Polizistinnen und Polizisten, deren Ansehen durch solche Fälle enorm belastet wird. Der oder die Polizeibeauftragte steht also als Institution und als Person als jemand dar, der den Polizistinnen und Polizisten den Rücken für ihr rechtsstaatliches Handeln stärkt.

Sollte hier gleich jemand mit dem alten Hut „Misstrauen“, „Generalverdacht“ ankommen: ganz im Gegenteil! Kennen Sie eine einzige Soldatin oder einen einzigen Soldaten, der die Wehrbeauftragte als Misstrauen der Politik in die Truppe ansieht? Das ist doch Blödsinn. In der Politik sprechen wir im Moment viel über Vertrauensverlust der Menschen in den Staat. Das sollten wir als Politik wirklich ernst nehmen. Es reicht nicht immer, über Vertrauen zu sprechen, sondern Vertrauen muss aufgebaut werden.

Die Einführung des unabhängigen Polizeibeauftragten als Vermittler, als Aufklärer und als Warnsystem ist ein Zeichen des Vertrauens in unsere Demokratie und unsere Fähigkeit zur Selbstkorrektur. Der unabhängige Polizeibeauftragte ist ein klares Bekenntnis zu einer Polizei, die in der Lage ist, sich selbst zu überprüfen und zu verbessern und sich ihrem höchsten Ziel verpflichtet fühlt, nämlich dem Schutz und der Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger.

Der oder die unabhängige Polizeibeauftragte beim Landtag kommt, und das ist eine wirklich gute Nachricht für Nordrhein-Westfalen, für die Sicherheit und für die Bürgerrechte in unserem Land.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

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