Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in NRW

Portrait Lena Zingsheim-Zobel
Portrait Eileen Woestmann

Die Landesregierung hat am Dienstag, den 2. Juli, den Erlass „Offene Ganztagsschulen sowie außerunterrichtliche Ganztags- und Betreuungsangebote im Primarbereich“ verabschiedet und schafft damit einen verlässlichen Rahmen, um den Rechtsanspruch ab dem Schuljahr 2026/27 umzusetzen. Auch wenn die aktuelle Haushaltssituation herausfordernd ist, setzen wir damit weiterhin Prioritäten auf Kinder und Bildung.

Wir sind sehr dankbar für das gut funktionierende Trägermodell in Nordrhein-Westfalen. Die Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugendhilfe ist ein starkes Fundament, das auch in Zukunft erhalten und gestärkt werden muss. Der Erlass unterstützt und festigt diese Kooperation, die für ein ganzheitliches Bildungsverständnis unerlässlich ist. Schulträger sind zukünftig verpflichtet, das Einvernehmen mit den öffentlichen Jugendhilfeträgern herzustellen, um eine enge Zusammenarbeit sicherzustellen.

Wir haben uns in unserem Koalitionsvertrag zu Recht auf ein Artikelgesetz verständigt, müssen aber die Realität der aktuellen Haushaltslage und des Fachkräftemangels anerkennen. Leider müssen wir als Koalition angesichts der angespannten Haushaltslage Prioritäten setzen und können Qualität und Quantität nicht in gleichem Maße steigern. Unser Ziel, die Anzahl der Ganztagsplätze bis 2026 deutlich zu erhöhen, erfordert erhebliche Investitionen. Insgesamt wird das Land allein im nächsten Jahr über 884 Millionen Euro für die Offene Ganztagsschule (OGS) bereitstellen, ein Plus von rund 104,6 Millionen Euro im Vergleich zu diesem Jahr. Der Haushaltsentwurf 2025 sieht einen Anstieg um 50.000 OGS-Plätze vor, sodass ab dem Schuljahr 2025/26 mehr als 480.000 Plätze finanziert werden können. In diesem Tempo werden wir bereits zum Schuljahr 2028/29 den prognostizierten Bedarf von rund 80 Prozent abdecken können. Befürchtungen seitens der Elternschaft, dass Kindern in höheren Klassen der Ganztagsplatz gekündigt werden könnte, um den Kindern der 1. Klasse rechtssicher einen Platz anbieten zu können, wird damit begegnet.

Wir sehen die Notwendigkeit der qualitativen Weiterentwicklung von OGS, die aber aufgrund verschiedener Umstände aktuell nicht so leistbar ist, wie wir uns das wünschen. Dazu zählt neben der finanziell herausfordernden Zeit auch der bestehende Fachkräftemangel. Deshalb ist es zu begrüßen, dass das Schulministerium den neuen Berufsbildungsgang „Sozialassistenz Schwerpunkt Erziehung, Bildung und Betreuung für Grundschulkinder“ ins Leben gerufen hat. Dieser geht erstmals zum Schuljahr 2024/2025 an den Start und schafft mit einer zweijährigen Ausbildung einen ersten Baustein für die Qualifizierung von Personal dezidiert für OGS.

Unser Fokus liegt aktuell darauf, das quantitative Ziel zu erreichen, um den Rechtsanspruch sicherzustellen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern. Dennoch bleibt unser Ziel, auch die Qualität des Ganztags zu steigern. Sowohl für die Kinder als auch für alle Beschäftigten. Der Erlass sieht neue Regelungsinhalte vor:

  • Wir stärken die Partizipation der Kinder bei der Gestaltung der OGS. Ihre Wünsche und Interessen sind durch vielfältige Beteiligungsformate zu berücksichtigen
  • Schulen und Jugendhilfeträger legen ein gemeinsames Bildungsverständnis für ihre Arbeit zugrunde
  • Vertreter*innen der außerschulischen Angebote werden an schulischen Gremien beteiligt
  • Schule und Jugendhilfe arbeiten künftig gleichberechtig auf Augenhöhe zusammen. Schulträger stimmen sich künftig bei der Einrichtung einer OGS mit dem öffentlichen Jugendhilfeträger ab.

Bereits im Oktober des vergangenen Jahres trat die Förderrichtlinie für den Infrastrukturausbau in Kraft, um die Kommunen beim Ausbau der Ganztagsplätze zu unterstützen.

Die Betriebserlaubnis für Ganztagsangebote wird, anders als in den Fachlichen Grundlagen angekündigt, wie bislang auch weiterhin über die Schulaufsicht geregelt werden. Damit kommen wir einem großen Wunsch der Kommunen nach. An allen Betreuungsangeboten außerhalb von Schule, wie Horte, gilt weiter die Betriebserlaubnispflicht nach SGB VIII.

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