Rechtsextreme und menschenverachtende Straftaten in NRW im Jahr 2023

Portrait Dorothea Deppermann
Portrait Dr. Julia Höller
Portrait Ilayda Bostancieri_klein
Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022

Die Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie sind notwendig. Seit Beginn des Jahres gehen Hunderttausende Menschen auf die Straße und sind damit Teil der größten Protestwelle seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Dieses deutliche Zeichen ist unfassbar wichtig. Denn unsere Demokratie wird aktuell massiv angegriffen, was sich auch im Anstieg der rechtsextremen Gewalt- und Straftaten abbildet.

Wir wissen schon lange, dass aus Worten Taten werden. Deshalb werten wir schon seit vielen Jahren Zahlen der politisch motivierten Kriminalität zu menschenfeindlichen und rechtsextremen Straftaten in Nordrhein-Westfalen aus. In diesem Newsletter finden Sie die inhaltliche Einordnung, wie wir sie als Pressestatement von Verena Schäffer veröffentlicht haben, sowie eine Kurzauswertung der Zahlen. Im Anhang sind eine Übersicht der Zahlen zu politisch rechts motivierten Straftaten sowie eine Übersicht mit ortsspezifischen Zahlen zu finden.

Pressestatement von Verena Schäffer MdL:

„Unsere Demokratie ist in Gefahr. Die Enthüllung von rassistischen Deportationsplänen, volksverhetzenden Parolen als Partygesänge und nicht zuletzt das hohe Wahlergebnis der AfD bei der Europawahl zeigen klar, dass eine Normalisierung rassistischer bis hin zu rechtsextremer Positionen in der Gesellschaft eingesetzt hat. Doch Rechtsextremismus darf nicht zur Normalität werden, denn er gefährdet nicht nur abstrakt unsere Gesellschaft, sondern ist eine konkrete Gefahr für Leib und Leben von Menschen.

Dass aus Worten Taten werden, zeigt der deutliche Anstieg von antisemitischen, islamfeindlichen und flüchtlingsfeindlichen Straftaten im Jahr 2023. Obwohl die Gesamtzahl der politisch rechts motivierten Straftaten in etwa auf dem gleichen Niveau geblieben ist, sind die Straftaten der sogenannten Hasskriminalität um zehn Prozent angestiegen, also Delikte, bei denen Täter*innen ihre Opfer gezielt wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe angreifen. Rechtsextreme sehen sich durch rassistische Stimmungen in der Gesellschaft bestätigt und legitimieren damit ihre Gewalt. Das war bei allen rechtsextremen Gewalttaten der Fall – vom Brandanschlag in Solingen 1993 bis hin zum Anschlag von Hanau 2020.

Auch acht Monate nach dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel sind die antisemitischen Bedrohungen und Beleidigungen, Hass und Hetze gegen Jüdinnen und Juden auf einem Höchststand. Das ist inakzeptabel. Gerade der israelbezogene Antisemitismus hat eine hohe Anschlussfähigkeit in die Breite der Gesellschaft. Antisemitische Einstellungen sind in allen gesellschaftlichen Milieus vorhanden und ein Problem, das wir gesamtgesellschaftlich angehen müssen. Auch antimuslimische Straftaten steigen aufgrund des Krieges im Nahen Osten massiv an, hier haben wir eine Verdoppelung im Vergleich zu 2022.

Für uns stehen der Schutz und die Unterstützung der Betroffenen im Vordergrund. Dazu gehört die Auseinandersetzung mit menschenverachtenden Einstellungen in der Gesellschaft. Daher haben wir als schwarz-grüne Koalition die Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus und Rassismus gestärkt und werden wir ein Landesantidiskriminierungsgesetz auf den Weg bringen, um die Rechte von Betroffenen zu stärken.“

Kurzauswertung der Anfragen zu politisch rechts motivierten und menschenverachtenden Straftaten im Jahr 2023

Politisch rechts motivierte Kriminalität (PMK Rechts) 2023

  • Anstieg von 3.453 in 2022 auf 3.549 in 2023
  • Gewalttaten auf dem gleichen Niveau (2022: 117, 2023: 116)
  • Die meisten Gewalttaten sind Körperverletzungsdelikte: 108 von 116 (93%)
  • Anstieg der Hasskriminalität von 1.292 auf 1.432 (10%)
  • Erneuter Rückgang an Straftaten gegen den Staat, seine Einrichtungen und Symbolik von 749 auf 499
  • Die meisten Straftaten wurden in Düsseldorf (276), Städteregion Aachen (187), Köln (154), Dortmund (150), Essen (148), Bochum (121), Wuppertal (104), Bielefeld (93) und Bonn (71) begangen.

Antisemitische Straftaten 2023

  • Anstieg von 331 in 2022 auf 547 in 2023 (65%)
  • Etwa 50% der Straftaten werden der PMK Rechts zugeordnet. Jeweils ca. 20% der Straftaten werden der PMK ausländische Ideologie und der PMK religiöse Ideologie zugeordnet. In den vorherigen Jahren waren die antisemitischen Straftaten immer zum größten Teil der PMK Rechts zugeordnet.
  • Es gab 13 Gewaltdelikte. 2,4% aller antisemitischen Straftaten sind Gewalttaten.

Islamfeindliche Straftaten 2023

  • Anstieg von 133 in 2022 auf 269 in 2023 (102%)
  • Die meisten Straftaten werden der PMK Rechts zugeordnet (79%)
  • Es gab 11 Gewaltdelikte. 4% aller islamfeindlichen Straftaten sind Gewalttaten.

Flüchtlingsfeindliche Straftaten 2023

  • Anstieg von 140 in 2022 auf 258 in 2023 (84%)
  • Die meisten Straftaten werden der PMK Rechts zugeordnet (90%).
  • Es gab 16 Gewalttaten. 6% aller flüchtlingsfeindlichen Straftaten sind Gewalttaten.

Antiziganistische Straftaten 2023

  • Anstieg von 15 in 2022 auf 22 in 2023 (46%)
  • Die meisten Straftaten wurden der PMK Rechts zugeordnet.
  • Die Fallzahlen sind so klein, dass örtliche Schwerpunkte nicht benannt werden können.

Für Rückfragen ist unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Demokratie, Hasret Karaçuban (hasret.karacuban@landtag.nrw.de, 0211/884 4321), erreichbar.