Dr. Gregor Kaiser: „Wir benötigen nicht nur ein Monitoring, sondern auch mögliche Handlungskonzepte auf wissenschaftlicher Basis“

Portrait Gregor Kaiser - klein

Der Antrag „Wildtierforschung in Nordrhein-Westfalen stärken – Forschungsstelle des Landes weiterentwickeln“

Dr. Gregor Kaiser (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Die Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung mit Sitz in Bonn leistet wichtige praktische Forschungsarbeit sowie Wissensvermittlung, von der die Jagd-, Wald- und Landwirtschaft, aber auch die Bevölkerung insgesamt profitieren. Der Kollege hatte schon ausgiebig darauf hingewiesen.

Er hat auch gesagt, dass viele von Ihnen beim Lesen dieses Antrags sicherlich erstmals von dieser Forschungsstelle gehört haben – und das, obwohl sie bereits eine 75-jährige Geschichte hinter sich hat, allerdings mit wechselnden Namen und wechselnder institutioneller Anbindung. Seit 2014 ist sie nun dem LANUV zugehörig.

Nicht zuletzt bei einem Besuch der Forschungsstelle im vergangenen Herbst konnte ich mir mit meinem ganzen Team ein Bild von der Örtlichkeit, der Arbeitsweise und auch den begrenzten Möglichkeiten machen.

Jede und jeder von Ihnen kennt die Geschichten – sie sind schon angeführt worden – von Füchsen auf Campingplätzen, Waschbären in Mülltonnen, Mardern auf dem Dachboden, Rehen und Wildschweinen, die durch Gärten und Straßen spazieren, und auch den Kanadagänsen mitten in Düsseldorf, die wir alle auf unserem Weg in den Landtag regelmäßig beobachten können. Durch die hohe Bevölkerungsdichte unseres Bundeslandes ergeben sich in den einzelnen Regionen diverse Herausforderungen aus Interessens- und Nutzungskonflikten in den Bereichen „Wohnen“, „Mobilität“, „Landwirtschaft“, „Waldwirtschaft“, „Freizeitnutzung“ und „Tourismus“. Es reicht teilweise bis hin zu gravierenden Akzeptanzproblemen.

Mit ihrer Arbeit, ihrer Wissensvermittlung und ihrer Ausbildung ist die Forschungsstelle eine wichtige Institution und Anlaufstelle, um Konflikte zu erkennen, Lösungsansätze bereitzustellen und zu informieren. Die Forschungsstelle bietet eine breite Beratung zu allen wildbiologischen Fragestellungen für alle Bürgerinnen und Bürger, aber natürlich speziell für die verschiedenen Interessengruppen wie zum Beispiel Jägerinnen und Jäger, Kommunen, Vereine sowie Landeigentümer und Landeigentümerinnen an.

Dies erfordert natürlich eine vielfältige Zusammenarbeit mit der Jägerschaft, der Land- und Waldwirtschaft, dem Naturschutz, aber auch mit öffentlichen Trägern wie Straßen.NRW oder der Autobahn GmbH. Deswegen hat die Forschungsstelle auch einen Beirat, der verschieden besetzt ist.

Sie beschäftigt sich mit allen Tierarten, die unter das Jagdrecht fallen. Ob beim Umgang mit invasiven Arten oder mit Wildkrankheiten, bei Wildschäden im Wald oder der Gestaltung von Wildbrücken im Straßenbau: Wir benötigen nicht nur ein Monitoring, sondern auch mögliche Handlungskonzepte auf wissenschaftlicher Basis.

Durch statistische Erhebungen wie die Jagdstreckenübersicht, die von der Forschungsstelle durchgeführt werden, lassen sich auch Populationsentwicklungen ablesen und daraus Handlungsempfehlungen ableiten. Angeführt wurde zuvor auch schon der Fallwildbericht, und auch dieser ist im Hinblick auf Seuchenprävention, neue Tierkrankheiten und die Ausbreitung invasiver Arten eine wichtige Informationsquelle und Datengrundlage für die Arbeit in der wildökologischen Forschung. Nicht zuletzt lassen sich daraus auch Erkenntnisse gewinnen, welche Auswirkungen der Klimawandel auf Wildtiere und ihre Populationen hat.

Lassen Sie mich den Blick über NRW hinaus weiten. Wir haben uns verpflichtet, die globalen Nachhaltigkeitsziele einzuhalten. Das Ziel 15 lautet, Landökosysteme zu schützen, wiederherzustellen und ihre nachhaltige Nutzung zu fördern, Wälder nachhaltig zu bewirtschaften und dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende zu setzen. Insbesondere die Wiederbewaldung hängt erheblich von angepasster Bejagung ab, die durch wildbiologische Begleitforschung besser erreicht werden kann.

Die Forschungsstelle liefert Jägerinnen und Jägern, aber auch den Waldbesitzenden dafür praxisnahe Handlungsempfehlungen, deren Umsetzung dazu beitragen kann, einen naturnahen Wald im Sinne der globalen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Die bereits genannten Berichte zu Fallwild und Jagdstrecken zeigen Populationsentwicklungen und Gesundheitszustand der Wildtiere auf und können uns als Gesellschaft helfen, auf wissenschaftlicher Basis die richtigen Schlüsse zum Schutz der Biodiversität und der natürlichen Lebensgrundlagen zu ziehen. Zur Zielerreichung müssen wir aber auch –auch das sei hier gesagt – mehr Raum für die Natur zur Verfügung stellen und den Erhalt von Ökosystemen sichern.

Darüber hinaus ist die Forschungsstelle standörtlich sehr gut gelegen. Die vielen nationalen und internationalen Organisationen in der Bundesstadt Bonn ermöglichen ein Arbeiten in einem wissenschaftlich exzellenten und international vielfältigen und bereichernden Cluster.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Informierte Kommunikation und Diskussion ist eine, wenn nicht die wichtigste Grundlage in unserer gesellschaftlichen Entwicklung. Im Kontext von Wald, Wild und Jagd kann die Forschungsstelle eine ganze Menge dazu beitragen, selbst wenn man nicht alle Handlungsempfehlungen unterstützt oder daraus andere Schlüsse zieht.

Die Arbeiten bilden eine wichtige Grundlage für die inhaltliche Auseinandersetzung. Die Kooperation mit anderen Akteuren, zum Beispiel dem Landesbetrieb Wald und Holz oder der Waldforschung, und auch die nationalen und internationalen Kooperationen sind zu stärken. Deshalb wollen wir die Forschungsstelle bei ihrer Arbeit unterstützen, sodass sie ihrem Aufgabenspektrum gerecht werden kann.

Ihnen liegt ein guter und wichtiger Antrag vor. Ich bitte um Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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