Astrid Vogelheim: „Wer etwas anderes im Sinn hat, hat aus den vielen Hochwasserkatastrophen absolut nichts gelernt“

Zur Aktuellen Stunde auf Antrag der FDP-Fraktion zum Hochwasserschutz

Portrait Astrid Vogelheim

Astrid Vogelheim (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen der FDP, allein in diesem Jahr haben Sie zusätzlich zu dieser heutigen Aktuellen Stunde fünf Kleine Anfragen zum Thema „Hochwasser“ gestellt.

(Zuruf von Lena Teschlade [SPD])

Echtes Interesse an diesem so wichtigen Thema ist immer willkommen, aber bleiben Sie doch bitte bei den Fakten, und lassen Sie die Polemik aus dem Spiel.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Würden Sie lesen, was das Ministerium bereits als Information zur Verfügung gestellt hat, könnten Sie sehen, wie ernst wir das Thema Hochwasser nehmen. Keine Frage: In Zeiten der immer schneller voranschreitenden Klimakrise müssen wir auch beim Hochwasserschutz schneller werden. Um eine konsequente Umsetzung des Arbeitsplans zu ermöglichen und den Prozess zu beschleunigen, haben wir genau darum im Nachtragshaushalt 2022 über 100 zusätzliche Stellen für den Hochwasserschutz innerhalb der Wasserwirtschaftsverwaltung in NRW geschaffen.

(Zurufe von Dietmar Brockes [FDP], Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE] und Gordan Dudas [SPD])

Lassen Sie mich auch auf die Fördermittel eingehen. Sie merken an, von den 2018 bis 2023 für den Hochwasserschutz bereitgestellten Mitteln seien nur 25 % abgerufen worden. Erstens fallen vier Jahre davon in die Legislatur, in der Sie mit auf der Regierungsbank saßen. Und zweitens unterschlagen Sie, dass es sich bei diesen Mittel nur um die Mittel des Sonderrahmenplans „Präventiver Hochwasserschutz“ handelt. Die regulären GAK-Mittel sind in den letzten Jahren komplett abgerufen worden. Im Jahr 2023 haben wir den Mittelabruf sogar übererfüllt. Zusätzlich haben wir Landesmittel in erheblichem Umfang für den Hochwasserschutz bereitgestellt.

Sprechen wir über diesen Sonderrahmenplan, um den es Ihnen heute geht. Diese Mittel sind nicht überjährig verfügbar, das heißt: Kommt es in der Planungs- oder Genehmigungsphase zu Verzögerungen, können die Mittel nicht fristgerecht abgerufen werden. Sie wissen genauso gut wie ich: Es gibt immer Verzögerungen.

Ich möchte an einem Beispiel verdeutlichen, welche Herausforderungen der Umsetzung häufig entgegenwirken. Im heute schon genannten Vorhaben „Worringer Bruch“ wurden bereits vor Jahren Flächen identifiziert, die als Retentionsraum zur Verfügung stehen sollten, um die Hochwassergefahr einzudämmen. Diese Flächen befinden sich in Privateigentum. Einige der Eigentümer waren bereit, zu verkaufen. Einige davon haben eine gute Möglichkeit gesehen, dem privaten Finanzhaushalt einen besonders großen Vermögenszuwachs angedeihen zu lassen. Wieder andere lehnten einen Verkauf ganz ab. Wie Minister Krischer vorhin erwähnt hat, kommen wir hierbei nach Jahren jetzt endlich weiter.

Das Eigentumsrecht hat in Deutschland zu Recht einen sehr hohen Stellenwert. Wir leben zum Glück in einem demokratischen Rechtsstaat, der jedem Bürger alle rechtlichen Mittel zur Verfügung stellt, sich gegenüber staatlichen Eingriffen zu schützen. Dieser Prozess lässt sich schwer beschleunigen. Das wollen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, doch ganz sicher auch nicht. Enteignungen sind in Deutschland und in NRW die Ultima Ratio, also das letztmögliche Mittel. Davor sind zum Glück hohe Hürden eingebaut.

Ich komme zu den Fördermitteln, um die es hier geht. Sie haben die folgenden Punkte unterschlagen.

Erstens. Der Bund kann Ausgabereste ansammeln, und die Mittel können später abgerufen werden. Zweitens. Der Bund hat sich verpflichtet, die Finanzierung dieser Hochwasserschutzmaßnahmen abzusichern.

Wenn Sie jetzt nur auf einen Teil dieser Hochwasserfinanzierung hinweisen, bei dem der Mittelabruf tatsächlich schwer zu beeinflussen ist, und den anderen Teil, bei dem es stetig gut läuft, unterschlagen, liegt die Vermutung nahe, dass Sie nur nach Gründen suchen, um eine Kürzung des Bundesprogramms rechtfertigen zu können.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Sebastian Watermeier [SPD]: Das habt ihr selber vorgeschlagen!)

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat solche Kürzungen bereits ins Gespräch gebracht. Da sage ich Ihnen deutlich: Das lehnen wir ganz klar ab.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir erwarten, dass der Bund die Verpflichtungen, die er eingegangen ist, einhält und die so wichtige Hochwasserfinanzierung aufrechterhält und absichert. Wer etwas anderes im Sinn hat, hat aus den vielen Hochwasserkatastrophen absolut nichts gelernt.

Seien Sie versichert: Die jetzige Landesregierung setzt die höchste Priorität auf den Schutz der Menschen. Deswegen liegt der Schwerpunkt im Moment auch auf dem Neubau und der Sanierung der Deiche.

Wenn Sie die politischen Spielchen mal außen vorlassen würden, könnten wir als demokratische Parteien, die wir die Gefahren der Klimakrise anerkennen, gemeinsam für den Schutz der Menschen in diesem Land viel erreichen. Ich werde Ihnen bis zum Ende der Legislatur ausreichend Gelegenheit dazu geben. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)